Steuerrecht

Wiedereinsetzungsantrag hinsichtlich der Versäumnis der Klagefrist

Aktenzeichen  7 K 53/14

Datum:
31.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DStRE – 2018, 1206
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 4 Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

II.
1. Die Klage ist zulässig. Dem Wiedereinsetzungsantrag der Kläger hinsichtlich der Versäumnis der Klagefrist ist stattzugeben. Der Kläger hat glaubhaft dargelegt, dass die Fristversäumnis durch ein entschuldbares Versehen verursacht wurde und er aus dem Sendeprotokoll des rechtzeitig abgeschickten Telefaxes nicht erkennen konnte, dass zweimal derselbe Schriftsatz verschickt worden war. Zwar ist die Fristversäumnis nach § 56 Abs. 1 FGO bereits bei leichter Fahrlässigkeit als verschuldet anzusehen, jedoch ist nach der Rechtsprechung ein subjektiv-individueller Maßstab anzulegen. Fehler, die nie mit hundertprozentiger Sicherheit zu vermeiden sind, verdienen keinen Schuldvorwurf (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 110 AO Rz. 13). Um einen solchen entschuldbaren Fehler handelt es sich im Streitfall, da es bei der Versendung zweier im Wesentlichen gleich aussehender Schreiben mit einem Faxgerät sehr leicht zu dem Fehler kommen kann. Entgegen der von der Vertreterin des Finanzamts in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Klagen erst am vorletzten Tag des Fristlaufs übersandt worden seien bzw. hätten übersandt werden sollen, eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Es gilt der Grundsatz, dass gesetzliche Fristen voll ausgenutzt werden dürfen. Mit dem Fall, dass ein Absender erst eine Stunde vor Fristablauf zu faxen versucht und das Schriftstück wegen technischer Probleme den Empfänger erst nach Fristablauf erreicht, ist der Streitfall nicht vergleichbar.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
a) Bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit, die der Kläger nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, hat das FA zu Recht keinen Verlust angesetzt. Einnahmen aus Honorare hat der Kläger i.H.v. 1790 DM erklärt. Betriebsausgaben, die über die Einnahmen hinausgehen, hat der Kläger nicht nachgewiesen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das FA die Einkünfte mit 0 DM geschätzt hat.
b) Zu Unrecht begehrt der Kläger höhere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Das Finanzamt hat in der Einspruchsentscheidung neben der Pauschale für die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte die sonstigen Werbungskosten großzügig mit 4.000 DM geschätzt, obwohl der Kläger Kosten in dieser Höhe nicht nachgewiesen hatte. Ein Abzug der von ihm geltend gemachten Kraftfahrzeugkosten für seine Dienstreisen, für die ihm eine Reisekostenerstattung seitens seines Dienstherrn gewährt wurde, kommt nicht in Betracht. Der Kläger hat keinerlei Nachweise für die Höhe der von ihm behaupteten Kraftfahrzeugkosten vorgelegt, insbesondere nicht belegt, dass sie aufgrund besonderer, außergewöhnlicher Umstände nicht von den Reisekostenpauschalen abgedeckt worden sind. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung besteht keine Veranlassung, diesen ungewöhnlichen Sachverhalt aufgrund einer bloßen Behauptung des Klägers der Besteuerung zugrunde zu legen.
c) Zu Recht hat das FA die Anerkennung negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast (BFH-Urteil vom 13.01.2015 IX R 46/13, BFH/NV 2015, 668). Auf die Vermietungsabsicht kann nach der Rechtsprechung des BFH, wie bei allen inneren Tatsachen, nur aus äußeren Umständen geschlossen werden. Auf die Angaben des Steuerpflichtigen kommt es insofern nicht an. Mögliche Indizien zur Beurteilung der Vermietungsabsicht sind in erster Linie ernsthafte Vermietungsbemühungen (Anzeigen, Besichtigungen, Beauftragung eines Maklers; näher BFH-Urteil vom 11. Dezember 2012 IX R 14/12, BFHE 239, 453, BStBl II 2013, 279). Die Vermietungsabsicht kann insbesondere dann unsicher sein, wenn eine Immobilie vorübergehend nicht vermietbar ist und zuerst in einen vermietbaren Zustand versetzt werden muss.
Wie das FA im Streitfall zu Recht ausgeführt hat, käme ein Abzug vorweggenommener Werbungskosten im Streitjahr – eine Vermietung hat unstreitig nicht stattgefunden – nur in Betracht, wenn die Kläger ernsthafte Vermietungsbemühungen bezüglich der in den Bauplänen als „au pair“ bezeichneten Räumlichkeiten nachgewiesen hätten, z.B. indem sie Inserate geschaltet oder einen Makler beauftragt hätten. Gerade in einem – wie die Kläger geltend machen – schwierigen Vermietungsmarkt sind intensive diesbezügliche Bemühungen erforderlich. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass wegen der schwierigen Marktsituation kostenpflichtige Inserate nichts gebracht hätten. Einen Aushang am schwarzen Brett der Universität und des örtlichen Lebensmittelgeschäfts haben sie nicht nachgewiesen; dies wäre als ernsthafte Vermietungsbemühung in einem schwierigen Marktumfeld auch nicht ausreichend. Die Behauptung, die ersten beiden Mieter im Jahr 2002 seien über Aushänge am schwarzen Brett gefunden worden, vermag eine Vermietungsabsicht im Streitjahr nicht zu begründen. Die Auffassung der Kläger, die Vermietungsabsicht werde schon dadurch belegt, dass Räume ungenutzt zur Verfügung gestanden hätten und sie aufgrund ihrer finanziellen Situation dringend auf Einnahmen angewiesen gewesen seien, steht mit den Anforderungen der Rechtsprechung zum Nachweis der Vermietungsabsicht nicht in Einklang. Auch eine etwaige gelegentliche und sporadische Nutzungsüberlassung an Gäste des … gegen ein geringes Entgelt erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Nachweis der Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Soweit die Kläger im Schriftsatz vom 27.07.2017 sowie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, das Apartment habe im Streitjahr lediglich wegen eines Vermietungshindernisses (Baumängel) nicht vermietet werden können, so verkennen sie, dass die ihnen obliegende Feststellungslast für das Vorliegen einer Vermietungsabsicht durch ein etwaiges Vermietungshindernis aufgrund baulicher Mängel nicht außer Kraft gesetzt wird. Bei den in den Bauplänen für die Nutzung als „au pair“ bezeichneten Räumen handelt es sich um Räume im häuslichen Umfeld, für die eine Nutzung zur Vermietung nicht von vornherein zu vermuten ist. Allein die Größe des Hauses, welches von den Klägern zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, ist kein Indiz für eine Vermietungsabsicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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