Strafrecht

Keine Rufbeeinträchtigung bei Nennung fremder Marke in eigener Werbung

Aktenzeichen  17 HK O 21868/15

Datum:
6.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2016, 10185
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG UWG § 6 II Nr. 4

 

Leitsatz

1. Eine Rufbeeinträchtigung im Sinne des § 6 II Nr. 4 UWG liegt nicht vor, wenn im Rahmen einer Internetwerbung unter Nennung des Produkts des Anspruchstellers dargestellt wird, dass es sich nicht um ein solches handelt.  (red. LS Dirk Büch)
2.  Wenn der Anspruchsgegner nach einer Abmahnung durch den Anspruchsteller mit dem Vorwurf eines Plagiats im Rahmen einer Internetwerbung herausstellt, dass es sich nicht um ein Produkt des Anspruchstellers handelt und es dabei nennt, so scheidet der Vorwurf der Unlauterkeit aus.  (red. LS Dirk Büch)
3.  Die Verwendung einer fremden Marke in eigenen Internet-Verkaufsangeboten stellt für sich alleine noch keine unlautere Rufausnutzung dar.  (red. LS Dirk Büch)

Tenor

I)
Die Klage wird abgewiesen.
II)
Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1200,00 € abwenden, wenn nicht die beklagte Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

A)
Die zulässige Klage erweist sich insgesamt als unbegründet:
I)
Der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten ist unbegründet, weil sich ein solcher weder aus Markenrecht noch aus und den Vorschriften des UWG ergibt:
Die Verwendung der Bezeichnung:(keine Fr.) durch die Beklagten wie aus Anlage K 3 ersichtlich, erfüllt nicht den Tatbestand des § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG:
1)
Eine Rufbeeinträchtigung im Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor. Unter Rufbeeinträchtigung im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG ist zu verstehen die Herabsetzung oder Verunglimpfung des Kennzeichens, welches ein Mitbewerber verwendet. Eine solche Herabsetzung oder Verunglimpfung ist im vorliegenden Falle jedoch keinesfalls ersichtlich, es liegt keinerlei ablehnende oder kritisierende vergleichende Werbung vor. Es liegt keinerlei Präsentation der Bezeichnung „ Fr.“ in einer Weise, z. B. durch ungünstige Abbildung, vor dergestalt, dass der Verkehr daraus den Schluss ziehen müsste, das damit gekennzeichnete Konkurrenzprodukt habe nicht (mehr) die angenommene Qualität oder sei nur eines von vielen Massenprodukten.
2)
Es liegt aber auch keine Rufausnutzung im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG vor: a)
Zunächst hat insoweit die Klagepartei schon nicht ausreichend dargelegt, dass hinsichtlich eines von der Klagepartei geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nach UWG zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3; 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG vorliegt. Die Mitbewerbereigenschaft wurde seitens der Beklagten bestritten. Zum Nachweis hierfür hat die Klagepartei lediglich vorgelegt die Anlage K 5, aus der zwar ersichtlich ist, das unter der Bezeichnung Fr. Kosmetikartikel angeboten werden. Auch ergibt sich aus dieser Anlage, dass im Impressum die Klagepartei Als Dienstanbieter benannt wird. Diese Umstände allein sind aber kein ausreichender Nachweis dafür, dass die Klagepartei tatsächlich mit Kosmetikartikeln handelt, die bloße Nennung der Klagepartei im Impressum ist kein ausreichender Nachweis dafür, dass ein solcher Handel mit Kosmetikartikeln von der Klagepartei tatsächlich durchgeführt wird.
b)
Im Übrigen kann auch von einer unlauteren Rufausbeutung/Rufausnutzung nicht ausgegangen werden:
Eine Ausnutzung des Rufes eines von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens liegt dann vor, wenn seine Verwendung bei den angesprochenen Verkehrskreisen zu einer Assoziation zwischen dem Werbenden und dem Mitbewerber in der Weise führen kann, dass die Verkehrskreise den Ruf der Erzeugnisse des Mitbewerbers auf die Erzeugnisse des Werbenden übertragen, also ein sogenannter Imagetransfer vorliegt. Ob es dabei zu einer Rufausbeutung kommt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vergleiche Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Auflage 2016, Randnummer 153 zu § 6).
Unter „Ruf ist das Ansehen zu verstehen, das einem Kennzeichen im Verkehr zukommt, wobei dieses Ansehen auf unterschiedlichen Faktoren beruhen kann, welche entsprechende Wertvorstellungen bei den angesprochenen Verkehrskreisen begründen. Bei Waren oder Dienstleistungen können diese insbesondere die besondere Preiswürdigkeit, die besondere Qualität, die Exklusivität oder der Prestigewert sein.
Insoweit hat die beklagte Partei einen Ruf der von der Klagepartei angebotenen Produkte, welcher beeinträchtigt werden könne, bestritten. Ein substantiierter Sachvortrag der Klagepartei dazu, worauf sich der vermeintliche Ruf der Produkte der Klagepartei gründe, liegt nicht vor, die Wertschätzung bzw. das Ansehen der klägerischen Produkte bei den angesprochenen Verkehrskreisen können somit nicht beurteilt werden. Im vorliegenden Falle kann deshalb auch nicht beurteilt werden, ob es überhaupt zu einen Imagetransfer kommen kann.
c)
Selbst wenn ein solcher möglich sein sollte, ist auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen, wobei im vorliegenden Falle die Kammer davon ausgeht, dass es durch die Verwendung des Begriffes „ keine Fr.“ durch die Beklagten gerade nicht zu einem Imagetransfer kommt, weil nicht der -vermeintlich- gute Ruf des klägerischen Produktes auf die Produkte der Beklagten übertragen werden soll, sondern sich vielmehr die Beklagten durch die Verwendung dieser Begriffe gerade von den Produkten der Klagepartei abgrenzen dergestalt, dass es sich eben gerade nicht um „Fr.“-Produkte handelt.
d)
Im Übrigen setzt § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG voraus, dass die Rufausnutzung zusätzlich „ in unlauterer Weise“ erfolgen muss. Es müssen über die bloße Nennung des Kennzeichens des Mitbewerbers hinaus zusätzliche Umstände hinzukommen, um den Vorwurf einer unlauteren Rufausbeutung zu begründen, wobei alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, insbesondere das Ausmaß der Bekanntheit und der Grad der Unterscheidungskraft der Marke, der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken sowie der Art der betroffenen Waren und der Dienstleistungen und der Grad ihrer Nähe. Es muss insoweit eine Interessenabwägung vorgenommen werden, zwischen den Interessen des Werbenden, des Mitbewerbers und der Verbraucher unter Berücksichtigung der legitimen Funktion der vergleichenden Werbung.
Im vorliegenden Falle hat die Klagepartei den Sachvortrag der Beklagten, dass man der Beklagtenpartei vorgeworfen habe, bei der von ihr angebotenen Produkte handele es sich um Plagiate des klägerischen Produkts, nicht bestritten, so dass von diesem Umstand auszugehen ist. Wenn in dieser Situation, durch das Verhalten der Klagepartei veranlasst, dann die Beklagten hinter des von ihnen beworbene Produkts den Zusatz: (keine Fr.) hinzugesetzt hat, um damit den angesprochenen Verkehrskreisen gerade deutlich zu machen, dass es sich eben nicht um Fr.-Produkte handelt, scheidet nach Auffassung der Kammer die Annahme, dass die Verwendung durch die Beklagten in unlauterer Weise erfolge, aus.
e)
Soweit die Klagepartei vorgetragen hat, die Verwendung sei auch deshalb unlauter, weil über Suchmaschinen durch die Verwendung der Begriffe bei Eingabe des Begriffes Fr. auch Angebote der Beklagten angeboten würden, liegt auch insoweit eine Wettbewerbswidrigkeit nicht vor. Die Verwendung einer fremden Marke in eigenen Internet -Verkaufsangeboten stellt für sich alleine noch keine unlautere Rufausnutzung dar (vergleiche Köhler/Bornkamm, UWG, RdNr. 159 zu § 6). Auch insoweit kommt es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles an. Wenn aber, wie oben ausgeführt, die Beklagten die Begriffe „keine Fr.“ gerade dazu verwenden, um sich von den klägerischen Produkten wegen erhobener Plagiats-Vorwürfe abzusetzen, kann darin Wettbewerbswidrigkeit nicht gesehen werden.
Damit scheiden Unterlassungsansprüche nach UWG aus und folglich auch ein hieraus resultierender Schadensersatzanspruch.
II)
Aus Markenrecht ergibt sich ebenfalls kein Schadensersatzanspruch der Klagepartei:
1)
Auf die Verletzung einer eingetragenen Marke kann die Klagepartei einen Anspruch auf Schadensersatz, bzw. Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht stützen, weil die Klägerin selbst nicht Inhaberin einer eingetragenen Marke „ Fr.“ ist, wie sich aus Anlage K 6 ergibt.
2)
Zu einer Markeninhaberschaft der Klagepartei nach § 4 Nr. 2 Markengesetz der Gestalt, dass eine Marke kraft Verkehrsgeltung der Klagepartei bestehen würde, fehlt jeglicher Sachvortrag der Klagepartei.
3)
Auf die Verletzung einer Domain der Klagepartei kann der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht ebenfalls nicht gestützt werden:
a)
Zum einen hat insoweit die beklagte Partei bestritten, dass die Klagepartei überhaupt Inhaber einer solchen Domain ist, ein entsprechender Nachweis wurde seitens der Klagepartei nicht geführt.
b)
Im Übrigen würde hat eine Domain fr…de, so sie denn von der Klagepartei für eine aktive Website zum Bewerben und Vertreiben von Waren verwendet würde, der Klagepartei allenfalls Schutz als Unternehmenskennzeichen geben, wogegen der Begriff,, keine Fr.“ durch die Beklagten allenfalls in markenmäßiger Weise verwendet würde und sich somit ein Unternehmenskennzeichen einerseits und ein Herkunftshinweis als Marke gegenüberstehen würden, wobei nach der Rechtsprechung des EuGH die Verwendung eines Zeichens als Unternehmenskennzeichen keine markenrechtsverletzende Benutzungshandlung darstellt (vergleiche Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, RdNr. 117 zu § 14) und umgekehrt dasselbe gelten muss, dass eine reine markenmäßige Verwendung nicht eine Verwendung als Unternehmenskennzeichen und damit keine Unternehmenskennzeichenverletzung darstellt.
III)
Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Abmahnkosten ist unbegründet:
1)
Auf eine Markenrechtsverletzung kann die Klagepartei diesen Anspruch nicht stützen, weil die Abmahnung ausweislich Anlage K 1 ausschließlich auf UWG -Tatbestände gestützt war.
2)
Auch aus UWG ergibt sich der Anspruch nicht. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, war die Abmahnung nicht berechtigt im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, weil eine wettbewerbsrechtliche unzulässige Handlung der beklagten Partei nicht vorlag.
Damit scheidet ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten aus.
B)
Die Kostentscheidung beruht auf §§ 91,91 a Abs. 1 ZPO. Soweit die Klage abgewiesen wurde, hat die Klagepartei nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, hinsichtlich des für erledigt erklärten Auskunftsanspruchs entspricht es nach § 91 a Abs. 1 ZPO billigem Ermessen, der Klagepartei die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, bestand ein Schadensersatzanspruch der Klagepartei nicht, weshalb auch ein diesen vorbereitender Auskunftsanspruch von vornherein nicht bestand.
C)
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

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