Verkehrsrecht

Streit um Berechtigung zur Fahrzeugführung mit österreichischem Führerschein

Aktenzeichen  11 B 16.2007

Datum:
21.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
VRS – 2016, 218
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG Art. 11 Nr. 1
FeV § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, Nr. 3, § 47 Abs. 1
ÖFSG § 1 Abs. 4  S. 1, § 15 Abs. 3, Abs. 4

 

Leitsatz

Ist eine EU-Fahrerlaubnis unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilt worden, führt auch ein Umtausch des Führerscheins in einen anderen, unter Einhaltung des Wohnsitzerfordernisses ausgestellten EU-Führerschein nicht zu einer Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet.

Verfahrensgang

B 1 K 15.708 2016-06-24 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 7. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), denn er ist nicht berechtigt, mit seinem österreichischen Führerschein Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen, da die dem Führerschein zugrunde liegende tschechische Fahrerlaubnis unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilt worden ist. Das Verwaltungsgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.
1. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl I S. 3083), dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV gilt die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Die Behörde kann einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung erlassen (§ 28 Abs. 4 Satz 2 FeV). Aus diesen Vorschriften ist ersichtlich, dass hinsichtlich der Fahrberechtigung nicht auf das Führerscheindokument, sondern auf die damit dokumentierte Fahrerlaubnis abzustellen ist.
a) Mit Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 16. April 2013 (Az. B 1 K 12.481) ist rechtskräftig festgestellt, dass der tschechische Führerschein Nr. 995733 und damit auch die damit dokumentierte tschechische Fahrerlaubnis am 21. Januar 2009 ausweislich vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV erteilt worden sind. Aus dem österreichischen Führerschein Nr. 14178051 ergibt sich anhand der Eintragung 70CZ995733 in dessen Nummer 12 und des Datums 21. Januar 2009 in Spalte 10, dass dieser Führerschein auf dem Umtausch des mit einem Wohnsitzverstoß behafteten tschechischen Führerscheins beruht (vgl. Art. 11 Abs. 1 und Anhang I Nr. 3, Erl. zu Code Nr. 70 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [RL 2006/126/EG] vom 20.12.2006 über den Führerschein [ABl Nr. L 403 S. 18], zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2016/1106 vom 7.7.2016 [ABl L 183 S. 59]) und der österreichische Führerschein damit weiterhin die unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip erteilte tschechische Fahrerlaubnis dokumentiert. Daher liegt ausweislich dieses Führerscheins nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ein Wohnsitzverstoß vor und die damit dokumentierte Fahrerlaubnis berechtigt in der Bundesrepublik Deutschland nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen.
Der Beklagte durfte deshalb nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV einen entsprechenden feststellenden Verwaltungsakt erlassen und nach § 47 Abs. 1 FeV die Vorlage des österreichischen Führerscheins zur Eintragung eines Sperrvermerks verlangen.
b) Auch die Einfügung der Nummern 7 bis 9 in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV durch die Siebte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 26. Juni 2012 (BGBl I S. 1394) hindert nicht daran, den vorliegenden Fall unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV zu subsumieren. Ausweislich der Begründung zur Änderungsverordnung vom 26. Juni 2012 (BRDrs. 245/12 S. 28) sollten durch die Einfügung der Nummern 7 und 8 in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV der Umtausch von Drittstaatsführerscheinen bei Unregelmäßigkeiten nicht anerkannt werden müssen und die Möglichkeiten der 2. Führerscheinrichtlinie zur Bekämpfung des Führerscheintourismus ausgeschöpft werden. Die Anerkennung von EU- oder EWR-Führerscheinen, die auf dem Umtausch eines anderen EU- oder EWR-Führerschein beruhen, sollte damit nicht geregelt werden und wird davon auch nicht berührt.
Auch die spätere Einfügung der Nummer 9 in § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV durch die Zehnte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 16. April 2014 (BGBl I S. 348) beinhaltet nur eine Klarstellung. Durch die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13. Oktober 2011 (C-224/10, Apelt – Slg 2011, I-9601) und vom 22. November 2011 (C-590/10, Köppl – ABl EU 2012, Nr C 109, 3) war geklärt, dass eine 22 Fahrerlaubnis nicht anerkannt werden muss, die auf einer anderen Klasse beruht, die an einem Wohnsitzverstoß leidet. Nach der Begründung zur Änderungsverordnung (BRDrs. 78/14, S. 58) wurde zur Umsetzung dieser Rechtsprechung in Nummer 9 eine entsprechende Regelung aufgenommen.
Es trifft zwar zu, dass der Verordnungsgeber § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV nach dem Ergehen von Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union regelmäßig um die dort entschiedenen Konstellationen erweitert hat, obgleich diese Sachverhaltsgestaltungen auch zuvor schon dazu führten, dass die entsprechenden Fahrerlaubnisse nicht anerkannt werden mussten. Dies lässt aber nicht den Schluss zu, dass der Verordnungsgeber durch die fehlende Regelung bezüglich des Umtauschs einer wegen eines Wohnsitzverstoßes inlandsungültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis in eine andere EU- oder EWR-Fahrerlaubnis die Anerkennung von EU- oder EWR-Fahrerlaubnissen vorschreiben wollte, die nach den europarechtlichen Vorgaben nicht anzuerkennen sind.
c) Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV auf den vorliegenden Fall nicht direkt anwendbar wäre, so wäre der österreichische Führerschein in analoger Anwendung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland nicht anzuerkennen, denn der Verordnungsgeber wollte mit § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV alle Möglichkeiten der Nichtanerkennung ausschöpfen (vgl. BayVGH, U.v. 13.2.2013 – 11 B 11.2798 – juris; B.v. 24.11.2014 – 11 ZB 14.1193 VRS 127, 331).
2. Soweit der Kläger vorträgt, die österreichischen Behörden hätten ihm eine neue Fahrerlaubnis erteilt, kann dem nicht gefolgt werden, denn die Landespolizeidirektion Salzburg hat dem Kläger nur ein neues Führerscheindokument ausgestellt. Dafür spricht schon, dass in Spalte 10 der österreichischen Führerscheinkarte weiterhin das Erteilungsdatum der Fahrerlaubnis in der Tschechischen Republik (21.1.2009) eingetragen ist und damit zum Ausdruck gebracht wird, dass die Ausstellung des Führerscheins auf der tschechischen Fahrerlaubnis beruht.
Im Übrigen handelt es sich nach österreichischem Recht bei der Ausstellung eines neuen Führerscheins im Wege des Umtauschs nicht um die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Unstreitig ist auch keine Prüfung der Fahreignung des Klägers durchgeführt worden. Nach § 15 Abs. 3 des Österreichischen Führerscheingesetzes (ÖFSG) vom 24. Juli 1997 (ÖBGBl I Nr. 120/1997), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2016 (ÖBGBl I Nr. 15/2017, abrufbar unter www.ris.bka.gv.at), erfolgt bei einem Umtausch eines EU-Führerscheins nur die Ausstellung eines neuen Führerscheins (Duplikats). Eine von einem EWR-Staat erteilte Lenkberechtigung gilt nach § 1 Abs. 4 Satz 1 ÖFSG als österreichische Lenkberechtigung, wenn der Besitzer dieser Lenkberechtigung seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt oder solange er seinen Wohnsitz in Österreich hat. Eine Neuerteilung einer Lenkberechtigung ist damit im Rahmen eines Umtauschs nicht erforderlich.
Nach § 15 Abs. 3 Satz 3 ÖFSG hat die Behörde vor der Ausstellung eines neuen Führerscheins für den Besitzer einer in einem EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung, der seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt hat, im Ausstellungsstaat und in dem Staat, in dem der Antragsteller zuletzt wohnhaft war (Herkunftsstaat), anzufragen, ob dort Gründe gegen die Ausstellung vorliegen und allenfalls die Ausstellung zu verweigern, insbesondere dann, wenn keine gültige Lenkberechtigung vorliegt. Nach § 15 Abs. 4 ÖFSG ist der alte Führerschein einzuziehen und ein EWR-Führerschein an den Ausstellungsmitgliedstaat zurückzusenden.
Hier hat die für den damaligen Wohnort des Klägers zuständige Landespolizeidirekti-on Salzburg vor Ausstellung des Führerscheins am 23. Mai 2014 eine Prüfung nach § 15 Abs. 3 Satz 3 ÖFSG vorgenommen und sich sowohl einen Auszug aus dem damaligen Verkehrszentralregister mit Anlagen als auch eine Bestätigung über die Gültigkeit des Führerscheins und der Lenkberechtigung aus der Tschechischen Republik vorlegen lassen. Nachdem aus den Anlagen zum Verkehrszentralregisteraus-zug aber nicht ersichtlich war, dass sich die mit Bescheid vom 19. Juni 2009 ausgesprochene Aberkennung des Rechts, von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, auf den tschechischen Führerschein Nr. 995733 bezogen hat und nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 16. April 2013 (Az. B 1 K 12.481) auch nicht wegen der Neigung zur Trunksucht, sondern wegen eines Wohnsitzverstoßes erfolgt ist und der Kläger darüber hinaus von diesem Führerschein widerrechtlich den Sperrvermerk entfernt hatte, konnten die österreichischen Behörden nach den ihnen vorliegenden Unterlagen nicht erkennen, dass dieser Führerschein und die zugrunde liegende Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland nicht gültig sind. Ob der Kläger diese Fehlvorstellung bewusst hervorgerufen oder nur ausgenutzt hat, spielt dabei keine Rolle. Dass dem Kläger dadurch ggf. zu Unrecht eine Führerscheinkarte in Österreich ausgestellt worden ist, führt jedenfalls 29 nicht dazu, dass die zugrunde liegende, aber nicht anzuerkennende tschechische Fahrerlaubnis nunmehr in der Bundesrepublik Deutschland Gültigkeit beanspruchen könnte.
3. Darüber hinaus muss die in dem österreichischen Führerschein dokumentierte tschechische Fahrerlaubnis vom 21. Januar 2009 auch deshalb nicht anerkannt werden, weil das Amtsgericht Bamberg mit Urteil vom 4. November 2011 eine isolierte Sperrfrist von 18 Monaten gegen den Kläger verhängt hat. Der Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, gegen den nach deren Erteilung wegen in Deutschland begangener Verkehrsstraftaten und dadurch gezeigter fehlender Fahreignung eine isolierte Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt wurde, ist mit seiner EU-Fahrerlaubnis erst dann wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtigt, wenn er den Nachweis erbringt, dass er seine Fahreignung wiedergewonnen hat (BVerwG, U.v. 13.2.2014 – 3 C 1/13 -BVerwGE 149, 74 Rn. 12). Der Kläger hat aber keinen Nachweis über seine Fahreignung erbracht, da beim Umtausch des tschechischen in einen österreichischen Führerschein unstreitig keine Eignungsprüfung stattgefunden hat.
4. Dass das Landgericht Bamberg den Kläger mit Urteil vom 18. Februar 2016 vom Verdacht des Fahrens ohne Fahrerlaubnis frei gesprochen hat, ändert nichts daran, dass er mit dem österreichischen Führerschein im Bundesgebiet keine Kraftfahrzeuge führen darf. Die Fahrerlaubnisbehörde ist zwar nach § 3 Abs. 4 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) vom 5. März 2003 (BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. März 2017 (BGBl I S. 399), in einem Entziehungsverfahren an die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einem entsprechenden Strafurteil gebunden. Bei der Frage, ob ein ausländischer Führerschein zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt, handelt es sich jedoch weder um eine Sachverhaltsfeststellung noch um eine Beurteilung der Schuldfrage oder der Kraftfahreignung, sondern um eine Rechtsfrage im Rahmen des § 28 FeV. Eine Bindungswirkung an ein Strafurteil tritt diesbezüglich nicht ein.
Die strafrechtliche Rechtsprechung beantwortet die Frage uneinheitlich, ob ein auf einem Umtausch eines in der Bundesrepublik Deutschland nicht anzuerkennenden Führerscheins beruhender EU- oder EWR-Führerschein zur Strafbarkeit nach § 21 StVG führt (vgl. OLG Thüringen, B.v. 8.7.2013 – 1 Ss 17/13 – juris, OLG Stuttgart, 31 U.v. 5.2.2015 – 4 Ss 697/14 – juris, OLG Zweibrücken, B.v. 18.1.2016 – 1 OLG I Ss 106/15 – juris). Teilweise entsprechen die von den Strafgerichten angestellten Erwägungen zur Berechtigung, von einer EU-Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch machen zu dürfen, wenn der diesbezügliche Führerschein umgetauscht worden ist, auch nicht der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung. Die Verwaltungsgerichte gehen davon aus, dass die Ausstellung eines neuen Führerscheins ohne Überprüfung der Fahreignung keine Anerkennungspflicht auslöst (vgl. BVerwG, B.v. 8.9.2011 – 3 B 19/11 – ZfSch 2012, 597 Rn. 4; BayVGH, U.v. 13.2.2013 – 11 B 11.2798 – juris; B.v. 24.11.2014 II ZB 14.1193 – VRS 127, 331; ThürOVG, B.v. 29.4.2016 – 2 EO 563/15 – VRS 130, 140; VGH BW, B.v. 11.9.2014 – 10 S 817/14 – Blutalkohol 51, 365; OVG Saarl, B.v. 10.3.2017 – 1 B 357/16 – juris). Die Strafgerichte machen demgegenüber die Anerkennungspflicht teilweise davon abhängig, ob die Geltungsdauer des Führerscheindokuments verlängert wird (vgl. OLG Zweibrücken, B.v. 18.1.2016 a.a.O.). Andererseits wird in der strafrechtlichen Rechtsprechung aber auch vertreten, eine Strafbarkeit liege zumindest im Rahmen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV nur dann vor, wenn die Verwaltungsbehörde vor der Verkehrsteilnahme einen feststellenden Verwaltungsakt erlassen hat und damit geklärt ist, dass die Voraussetzungen des § 21 StVG vorliegen (vgl. AG Bünde, B.v. 1.2.2016 – 1 D 545/15 u.a. – juris). Der Freispruch des Klägers im strafgerichtlichen Verfahren durch das Landgericht Bamberg ist daher auch mit der fehlenden Tatbestandswirkung des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG im Falle eines Wohnsitzverstoßes zu begründen und widerspricht einer Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung nicht.
5. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dieses Ergebnis gegen Europarecht verstoßen würde. Anwendbar ist die Richtlinie 2006/126/EG, da die tschechische Fahrerlaubnis nach dem 18. Januar 2009 erteilt und der Führerschein umgetauscht worden ist (Art. 18 Abs. 2 RL 2006/126/EG). Nach Art. 11 Nr. 1 RL 2006/126/EG muss bei einem Umtausch nur ein neuer Führerschein ausgestellt, aber keine Prüfung nach Art. 7 Nr. 1 Buchst. a bis d RL 2006/126/EG durchgeführt werden. Die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis ist im Rahmen des Umtauschs daher nicht erforderlich. Dies ergibt sich auch aus Nr. 3 Seite 2 Buchst. a des Anhangs I zur Richtlinie 2006/126/EG, wonach bei jeder späteren Ersetzung oder jedem späteren Umtausch in Spalte 10 des Führerscheins erneut das Datum der ersten Fahrerlaubniserteilung für jede Klasse einzutragen ist. Damit ist klargestellt, dass bei einem Umtausch grundsätzlich nur eine neue Führerscheinkarte ausgestellt werden muss, in die das ursprüngliche Datum der Fahrerlaubniserteilung eingetragen wird.
Eine Eignungsprüfung geht mit dem Umtausch deshalb regelmäßig auch nicht einher (vgl. BVerwG, B.v. 8.9.2011 – 3 B 19/11 – ZfSch 2012, 597). Nur mit der Erteilung einer Fahrerlaubnis, die in den Europäischen Führerschein-Richtlinien sprachlich überwiegend als Ausstellung des Führerscheins bezeichnet wird, oder in manchen Fällen mit einer Erneuerung, die nach deutschem Sprachgebrauch eine Verlängerung der Geltungsdauer der Fahrerlaubnis bedeutet (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 FeV), ist eine Eignungsprüfung verbunden (vgl. EuGH, U.v. 9.9.2004 – C-195/02 – Slg 2004, I-7858 = juris Leitsatz 3). Eine Anerkennungspflicht besteht aber nur für solche in einem Mitgliedstaat neu erworbenen Fahrerlaubnisse, deren Erteilung – auch nach den unionsrechtlichen Vorgaben – eine Eignungsprüfung des Bewerbers vorangegangen ist (vgl. BVerwG, B.v. 8.9.2011 a.a.O.). Es muss daher auf der Grundlage des Art. 7 RL 2006/126/EG eine Prüfung der Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie eine theoretischen Prüfung durchgeführt und die Einhaltung der gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie geprüft worden sein. Wird nur die Führerscheinkarte ersetzt oder umgetauscht, bleibt es aber bei der ursprünglichen Fahrerlaubnis und es fehlt regelmäßig an einer Eignungsprüfung. Die Anerkennungspflicht bezieht sich nach dem Wortlaut § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV auch nicht auf das Führerscheindokument, sondern auf die damit dokumentierte Fahrerlaubnis.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der europäischen Union. Danach rechtfertigt ein Wohnsitzverstoß bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis die Ablehnung der Anerkennung des Führerscheins durch einen anderen Mitgliedstaat. Im Übrigen ist es Aufgabe des Ausstellungsmitgliedstaats, zu prüfen, ob die im Unionsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen erfüllt sind und somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist (EuGH, U.v. 26.6.2008 – C-329/06 und C-343/06, Wiedemann – Slg 2008, I-4635 = juris Rn. 52; U.v. 19.5.2011 – C-184/10, Grasser – Slg 2011, I-4057 = juris Rn. 20). Im vorliegenden Fall ist dem Kläger aber keine Fahrerlaubnis erteilt, sondern nur ein neues Führerscheindokument ausgestellt worden, mit dem auch keine Verlängerung der von der Tschechischen Republik unbefristet erteilten Fahrerlaubnis einhergegangen ist. Es bestand daher kein Anlass, die vom Unionsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zu überprüfen.
Ob in der Bundesrepublik Deutschland bei einem Umtausch im Rahmen des § 30 FeV eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt oder nur ein deutscher Führerschein ausgestellt wird, in dem nach § 30 Abs. 4 Satz 1 FeV in Spalte 10 der Tag zu vermerken ist, an dem die ausländische Fahrerlaubnis für die betreffende Klasse erteilt worden war, spielt für den vorliegenden Fall keine Rolle, denn der Umtausch hat in Österreich stattgefunden.
6. Dem Kläger ist dadurch auch nicht auf Dauer verwehrt, in der Bundesrepublik Deutschland Kraftfahrzeug führen zu können. Der derzeit in Deutschland wohnende Kläger hat jederzeit die Möglichkeit, unter Verzicht auf den österreichischen Führerschein und die damit dokumentierte tschechische Fahrerlaubnis (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 3 FeV) eine deutsche Fahrerlaubnis zu beantragen. Dabei wäre dann nach § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 11 ff. FeV zu prüfen, ob der Kläger trotz der weiterhin bestehenden zahlreichen Eintragungen im Fahreignungsregister seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wieder gewonnen hat. Erst wenn sämtliche Eintragungen getilgt sind, kann ggf. auch ohne weitere Aufklärung eine Fahrerlaubnis erteilt werden.
7. Der Rechtsstreit hängt auch nicht von einer Frage der Auslegung europäischer Vorschriften ab, die dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 9. Mai 2008 (EU-Arbeitsweisevertrag – AEUV, ABl Nr. C 115 S. 47), konsolidierte Fassung vom 7. Juni 2016 (ABl Nr. C 202 S. 1), vorzulegen wäre. Eine Vorlagepflicht besteht nur dann, wenn die Vorlagefrage für die Sachentscheidung des nationalen Gerichts erheblich (Rennert in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 94 Rn. 17) und auch erforderlich ist, das vorlegende Gericht also Auslegungs- oder Gültigkeitszweifel hegt (Rennert a.a.O. § 94 Rn. 18). Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die durch den österreichischen Führerschein dokumentierte tschechische Fahrerlaubnis vom 21. Januar 2009 nicht anerkannt werden muss, weil sie unter Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis erteilt worden ist und aus Nummer 12 und den Eintragungen in Spalte 10 des österreichischen Führerscheindokuments hervorgeht, dass diesem Führerschein die tschechische Fahrerlaubnis zugrunde liegt.
8. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
9. Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Angesichts der divergierenden straf- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung kommt der Frage, ob bei einem Umtausch des Führerscheins eine wegen eines Wohnsitzverstoßes inlandsungültige Fahrerlaubnis weiter unter § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV fällt, grundsätzliche Bedeutung zu.

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