Aktenzeichen AN 17 S 19.50328
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 2
AsylG §§ 35, 36
Art. 3 RL 2008/115/EG (Rückführungs-RL)
Leitsatz
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine asylrechtliche Abschiebungsandrohung nach Griechenland, wo er bereits internationalen Schutz genießt.
Der im Jahr 2000 in Syrien geborene und die syrische Staatsbürgerschaft innehabende Antragsteller reiste eigenen Angaben nach im Juli 2014 aus seinem Heimatland Syrien aus und sodann über den Libanon in die Türkei ein, wo er sich von 2014 bis 2017 aufhielt. Danach reiste er im April 2017 auf dem Luftweg nach Griechenland ein, blieb dort bis Juli 2017 und begab sich dann ebenfalls per Flugzeug in die Niederlande, wo er sich bis Januar 2019 aufhielt. Zwischenzeitlich reiste er am 17. Oktober 2017 nach Deutschland ein, kehrte aber nach weniger als einem Monat wieder in die Niederlande zurück. In Griechenland, wo er laut der Eurodac-Datenbank bereits am 5. Mai 2017 einen Asylantrag stellte, wurde ihm am 21. August 2018 der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Sein in den Niederlanden gestellter Asylantrag wurde wegen der bereits in Griechenland erfolgten Schutzgewährung abgelehnt; die Klage hiergegen wurde abgewiesen. Am 28. Januar 2019 schließlich reiste er wieder in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte dort am 7. Februar 2019 einen Asylantrag. Seine Eltern, … … und … … …, Kläger und Antragsteller in den anhängigen Verfahren AN 17 S 19.50334 und AN 17 K 19.50335, befinden sich ebenfalls als Asylbewerber, die bereits Schutzstatus in Griechenland genießen, in Deutschland.
In der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Zulässigkeit seines Asylantrages am 14. Februar 2019 gab der Antragsteller an, dass ihm in Griechenland nur subsidiärer Schutz gewährt worden sei und er eine Aufenthaltserlaubnis gültig von Mai 2017 bis August 2018 erhalten habe. Sein Asylantrag in den Niederlanden sei abgelehnt und seine Klage hiergegen abgewiesen worden. In Griechenland habe er nicht bleiben wollen, da er dort als Flüchtling keine Rechte habe und es Rassismus gebe. Er könne nicht in die Schule gehen und es gebe keine richtige Bleibe. Die Arbeitslosenquote sei hoch und als Syrer habe er keine Chance beruflich weiter zu kommen. Er selbst sei zwar – bis auf eine Narbe an der Hand infolge einer Verbrennung – gesund, jedoch seien seine Eltern krank und würden in Griechenland nicht vernünftig medizinisch versorgt. Sein Verbleib in Griechenland würde für ihn den langsamen Tod bedeuten.
Mit Bescheid vom 11. März 2019, zugestellt am 13. März 2019, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziffer 2), forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Frist von einer Woche ab Bescheidsbekanntgabe zu verlassen und drohte ihm widrigenfalls die Abschiebung nach Griechenland an; nach Syrien dürfe er jedoch nicht abgeschoben werden (Ziffer 3). Außerdem befristete das Bundesamt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4) und setzte die Vollziehung der Abschiebungsandrohung aus (Ziffer 5). Die Rechtsbehelfsbelehrung:enthielt keinen Hinweis auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern verwies nur auf die Klagemöglichkeit vor dem Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides.
Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der Asylantrag gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig sei, da dem Antragsteller bereits in Griechenland internationaler Schutz gewährt worden sei. Im Übrigen läge keine Art. 3 EMRK verletzende Situation für nach Griechenland zurückkehrende anerkannt Schutzberechtigte vor. Zwar seien die Lebensbedingungen für international Schutzberechtigte in Griechenland sehr schwierig, allerdings herrschten keine derart handgreiflichen eklatanten Missstände vor, die den Schluss zuließen, anerkannte Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt werden. Insbesondere seien anerkannt Schutzberechtigte hinsichtlich Sozialleistungen, Unterkunft, Gesundheitsversorgung und Zugang zum Arbeitsmarkt und Bildungssektor der griechischen Bevölkerung gleichgestellt und haben dieselben, wenn auch für alle limitierten Rechte. Hinsichtlich der Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung führte das Bundesamt aus, dass diese auf § 80 Abs. 4 VwGO beruhe und durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gedeckt sei. Durch die Aussetzung der Vollziehung werde die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes vorläufig gehemmt und lebe erst wieder auf, wenn die Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag unanfechtbar werde oder das Bundesamt die Aussetzung abändere oder aufhebe. Solange die Wirksamkeit der Abschiebungsandrohung gehemmt sei, sei ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO weder statthaft noch bestehe dahingehend ein Rechtsschutzbedürfnis.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten am 20. März 2019 Klage und stellte einen Antrag nach § 80 Abs. VwGO. Zur Begründung führt er aus, dass eine Trennung des Antragstellers von seinen Eltern derzeit gravierende gesundheitliche Folgen für die Mutter haben würde. Diese leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung bzw. rezidivierenden depressiven Störung in gegenwärtig schwerer Episode. Diesbezüglich legt der Antragsteller einen Arztbrief des Dr. med. … … unter dem Briefkopf des Gesundheitsamtes der Stadt … vom 11. Juni 2019 vor. Darin sind als Diagnosen aufgeführt: „Posttraumatische Belastungsstörung F43.1, Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode F33.2“. Unter dem Abschnitt Anamnese ist beschrieben, dass die Patienten – die Mutter des Antragstellers – über Alpträume, Ein- und Durchschlafstörungen, Schreckhaftigkeit, innere Unruhe, Druckgefühl auf der Brust, vermehrte Grübelneigung, Gedankenkreisen, Zukunftssorgen sowie Ängste klage. Sie habe zwischen 2011 und 2014 in Syrien täglich Angriffe mit Raketen sowie Bombardements aus der Luft miterlebt. Hierbei sei ein Onkel sowie ein Schwiegersohn ums Leben gekommen. Zudem sei im Jahre 2013 ihre 25-jährige Tochter, die mit ihrem Sohn sowie ihrem Ehemann nach Libyen geflohen sei, bei der Überfahrt nach Italien ertrunken; ihre Leiche habe man bis heute nicht bergen können. Darunter leide sie sehr wie auch unter der Angst abgeschoben zu werden. Als Therapie wird empfohlen die vorbestehende antidepressive Medikation fortzuführen (Citalopram 20 mg zunächst ½-0-0 mit Steigerung der Dosis nach vier Wochen auf 1-0-0 sowie Mirtazapin 15mg 0-0-1/2). Weiter führt der Antragsteller aus, dass die derzeitigen humanitären Bedingungen in Griechenland derart schlecht seien, dass eine Verletzung des Art. 3 EMRK zu befürchten sei. Schließlich habe der Kläger in Griechenland nur subsidiären Schutz erhalten, weswegen der hiesige Asylantrag als Zweitantrag zu behandeln sei, der nach der Rechtsprechung des EuGH begründet sei.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid und führt im Übrigen aus, dass dem vorgelegten Arztbrief des Gesundheitsamtes … vom 18. Juni 2019 nicht zu entnehmen sei, dass die dort bescheinigte Erkrankung der Mutter des Klägers ursächlich in der möglichen Überstellung des Klägers nach Griechenland begründet oder infolge einer solchen Überstellung eine wesentliche Verschlechterung deren Gesundheitszustandes zu erwarten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen elektronischen Behördenakten und die Gerichtsakten, auch die der Eltern des Antragstellers in den Verfahren AN 17 S 19.50334 und AN 17 K 19.50335, Bezug genommen.
II.
Der allgemein gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist als solcher auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 und Ziffer 4 des Bescheides des Bundesamtes vom 11. März 2019, die die Abschiebungsandrohung nach Griechenland und das Einreise- und Aufenthaltsverbot enthalten, auszulegen, § 88 VwGO, und ist so zulässig, jedoch unbegründet.
1. a) Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides ist statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere fehlt ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis wegen der in Ziffer 5 erfolgten Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsandrohung nach § 80 Abs. 4 VwGO.
Der Klage gegen eine asylrechtliche Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG mit korrekter Fristsetzung nach § 36 Abs. 1 AsylG kommt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1, 38 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung zu, so dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO der grundsätzlich statthafte und zur Verhinderung der Abschiebung notwendige Rechtsbehelf ist.
Dem Antrag fehlt es auch angesichts der behördlichen Aussetzungsentscheidung hinsichtlich des Vollzugs der Abschiebungsandrohung nach § 80 Abs. 4 VwGO in Ziffer 5 des Bescheides vom 11. März 2019 nicht am Rechtsschutzbedürfnis.
Die behördliche Aussetzung ist in ihrer Wirkung zum einen nicht identisch mit der gerichtlichen Anordnung nach § 80 Abs. 5 VwGO. Sie bewirkt nämlich nicht, dass der Anfechtungsklage wieder aufschiebende Wirkung zugeführt wird, wenn auch de facto das gleiche Ergebnis hergestellt wird (Gersdorf in Posser/Wolff, VwGO, 55. Ed. 2019, § 80 Rn. 130, a.A. Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 104). Die Aussetzung verhindert vielmehr unabhängig von einer Anfechtungsklage, also auch wenn eine solche nicht erhoben wird, vorläufig die Vollziehung der Anordnung. Auch in ihrer zeitlichen Wirkung sind die beiden Verfahren nicht zwingend identisch. Es ist davon auszugehen, dass der Antragsteller vom Gericht die Vollzugsaussetzung bis zu den in § 80b Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO alternativ genannten Zeitpunkten begehrt, während das Bundesamt hier ausdrücklich eine andere Dauer anvisiert und sich den jederzeitigen Widerruf der Aussetzung von vorneherein vorbehalten hat. Die zeitliche Beschränkung der Aussetzung ist zwar möglich und für sich genommen nicht rechtsfehlerhaft (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 80b Rn. 12), der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bleibt nach Ansicht des Einzelrichters, der der Kammerrechtsprechung folgt, damit aber statthaft (VG Ansbach, B.v. 25.5.2020 – AN 17 S 20.50147 – juris Rn. 16 ff.; a.A. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 80 Rn. 136).
Zum anderen ist ein stattgebender Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO für den Antragsteller jedenfalls dann von Bedeutung, wenn die Wirkung der behördlichen Aussetzung durch deren Widerruf enden würde. Er könnte zu diesem Zeitpunkt den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auch nicht mehr nachholen, da er dann verfristet wäre. Gleichwertiger Rechtsschutz ist auch auf anderem Wege später nicht gesichert zu erlangen. Umfassenden Rechtschutz bietet allein der sofort und gegebenenfalls zusätzlich gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Die Aussetzung durch das Bundesamt in Ziffer 5 erfolgte hier nämlich ausdrücklich nur unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs. Sie bleibt damit – wie oben ausgeführt – in ihrer Wirkung deutlich hinter einem stattgebenden gerichtlichen Antrag zurück. Zwar kann auch eine Anordnung nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit, auch von Amt wegen nach § 80 Abs. 7 VwGO, vom Gericht abgeändert werden und bietet keinen gesicherten Abschiebungsschutz bis zum in § 80b VwGO festgelegten Zeitpunkt, jedoch ist die Aufhebung durch ein unabhängiges Gericht in einem festgelegten Verfahren mit Verfahrensgarantien, insbesondere Anhörungspflicht für den Betroffenen als ungleich weniger kritisch und deutlich unwahrscheinlicher anzusehen als die jederzeit und ohne Einschränkung mögliche Aufhebung durch die (Vollzugs-)Behörde. Für sein eigentliches Begehren würde dem Antragsteller ohne ein paralleles Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO der Rechtschutz abgeschnitten, jedenfalls unzumutbar erschwert werden.
Denn im Unterschied zur Konstellation in anderen Rechtsgebieten, ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO im Asylrecht gegen einen Drittstaatenbescheid mit Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG fristgebunden innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu stellen. Nach Ablauf dieser Frist ist er unzulässig. Er kann also auch nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden, insbesondere kann nicht die behördliche Beendigung der Aussetzung der Vollziehung für die Antragstellung abgewartet werden. Zwar wird zum Teil vertreten, dass der Fristanlauf erst mit der Beendigung der behördlichen Aussetzung zu laufen beginnt, weil erst in diesem Zeitpunkt die Wirksamkeit der Anordnung eintritt (vgl. VG Ansbach, B.v. 14.11.2019 – AN 14 S 19.50863 – juris), jedoch überzeugt dies nach Auffassung des Einzelrichters, der der Kammerrechtsprechung folgt, nicht. Diese Auffassung widerspricht vielmehr der gesetzlichen Regelung und geht von einem in diesem Zusammenhang fehlerhaften Wirksamkeitsbegriff aus. Abzustellen ist bei Rechtsbehelfen stets auf die äußere Wirksamkeit des anzufechtenden Bescheids, d. h. auf dessen Bekanntgabe, nicht aber auf die innere Wirksamkeit im Sinne des Eintritts der belastenden Wirkung für den Betroffenen. Ansonsten könnte das Fristenregime der VwGO seinem Sinn, nämlich eine klare und eindeutige Rechtslage in einer absehbaren Zeitspanne zu bewirken, nicht gerecht werden. Da die Beendigung der Aussetzung wie auch die Aussetzung selbst nach herrschender Meinung keinen eigenen Verwaltungsakt darstellt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 80 Rn. 78), ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auch nicht mit der Beendigungsentscheidung (erneut) möglich (VG Ansbach, B.v. 25.5.2020 – AN 17 S 20.50147 – juris Rn. 24).
Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nach Ansicht des der Kammer folgenden Einzelrichters schließlich auch nicht im Wege einer analogen Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO ab dem Zeitpunkt der Beendigungsentscheidung möglich. Eine Analogie setzt stets eine planwidrige Regelungslücke voraus, die hier nicht erkannt werden kann. Im Bereich der Rechtsmittel des einstweiligen Rechtschutzes grenzen sich die Rechtsbehelfe nach § 80 Abs. 5 VwGO und § 123 Abs. 1 VwGO danach voneinander ab, dass der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO subsidiär dann einschlägig ist, wenn der speziellere Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht eingreift, weil die Situation der Anfechtungsklage nicht vorliegt (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO). Zu einer Gesetzes- und Rechtsschutzlücke kann es damit von der Konzeption her schon nicht kommen, was eine Analogie ausschließt. Im Übrigen zeigen die speziellen Regelungen im insoweit vergleichbaren Fachplanungsrecht, § 17e FStrG und § 5 VerkPBG, dass dem Gesetzgeber die Problematik einer Verfristung eines fristgebundenen Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO durchaus bewusst gewesen ist. In § 17e Abs. 4 FStrG bzw. § 5 Abs. 2 Satz 3 und 4 VerkPBG hat er hierauf dadurch reagiert, dass die Möglichkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO innerhalb der gesetzlichen Frist nach Kenntnis neuer Tatsachen geschaffen wurde. Da das im AsylG (bewusst) nicht eingeführt wurde, ist eine Lückenschließung durch Analogie ausgeschlossen (VG Ansbach, B.v. 25.5.2020 – AN 17 S 20.50147 – juris Rn. 25).
Zwar bliebe, um den Betroffenen nicht rechtschutzlos zu stellen, noch die Möglichkeit, ihm im Zeitpunkt der Beendigung der Aussetzung den Rechtsbehelf des § 123 Abs. 1 VwGO zuzubilligen, allerdings ist dieser Weg für den Antragsteller risikoreich, zum einen, weil dieser Weg in der Rechtsprechung nicht allgemein anerkannt und damit für ihn unsicher ist, zumal im Asylrecht auch eine Überprüfung durch eine zweite Gerichtsinstanz nicht möglich ist (vgl. § 80 AsylG). Zum anderen stellt der Rechtschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO höhere Anforderungen an den Antragsteller (etwa durch das Erfordernis der Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch anstelle einer umfassenden Amtsermittlung durch das Gericht) und ist deshalb für ihn nachteilig. Hierauf kann jedenfalls der Antragsteller, der den Antrag zunächst berechtigt gestellt hat, nicht verwiesen werden. Zur Vermeidung eines Rechtsverlustes bzw. eines erheblichen Rechtsnachteils ist vielmehr bei anfänglicher oder zwischenzeitlicher behördlicher Aussetzung der gerichtliche Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO (weiter) als zulässig zu erachten (vgl. mit gleicher Argumentation im Straßenfachplanungsrecht nach § 5 VerkPBG auch BVerwG, B.v. 23.6.2009 – 9 VR 1/09 – juris Rn. 2, vgl. auch bereits VG Ansbach, B.v. 13.11.2019 – AN 17 S 19.50869 – juris). Offenbleiben kann hier, ob Fällen von von Anfang an erfolgter behördlicher Vollziehungsaussetzung, bei denen der Betroffene faktisch von der Stellung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO abgehalten wurde, im Zeitpunkt des Widerrufs noch mit einem Antrag nach § 123 VwGO begegnet werden kann (VG Ansbach, B.v. 25.5.2020 – AN 17 S 20.50147 – juris Rn. 26).
b) Gegen die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist im Eilrechtsschutz ebenso ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft (vgl.: § 36 Abs. 3 Satz 10 AsylG; Pietzsch in Kluth/Heusch, Beck_OK Ausländerrecht, 27. Ed. 1.10.2020, § 36 AsylG Rn. 45).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verfügten Abschiebungsandrohung und des Einreise- und Aufenthaltsverbots i.S.v. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG nicht bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erhebliche Gründe dafürsprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung nicht standhält (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2020 – 1 C 19.19 – BeckRS 2020, 8209 Rn. 35; BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris).
a) Die Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 11. März 2019 erscheint nach dem Vorbringen des Antragstellers beim Bundesamt und im Gerichtsverfahren und unter Berücksichtigung der aktuellen Lage für anerkannte Schutzberechtigte in Griechenland, von der das Gericht nach der Auswertung aktueller Erkenntnisquellen ausgeht, sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für anerkannte Schutzberechtigte (U.v. 19.3.2019 – C-163/17 „Jawo“ – NVwZ 2019, 712; U.v. 19.3.2019 – C-297/17 „Ibrahim“ u.a. – juris, U.v. 19.11.2019 – C-540/17 und C-541/17 – „Hamed“ und „Omar“ – NVwZ 2020, 137) bei summarischer Prüfung im Ergebnis als rechtmäßig. Nach der Rechtsprechung der Kammer (vgl. U.v. 10.7.2020 – AN 17 K 17.51171 – juris, B.v. 31.8.2020 – AN 17 S 18.40859 – juris) bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Rückkehr von gesundheitlich nicht eingeschränkten und auch sonst nicht vulnerablen alleinstehenden Männern nach Griechenland.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union anerkannten Schutzberechtigten grundsätzlich unzulässig und in der Folge gemäß § 35 AsylG eine Abschiebungsandrohung dorthin veranlasst. Nur ausnahmsweise, nämlich nur bei Erreichen der hohen Hürde einer drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh führt eine schwierigere Lage für anerkannte Schutzberechtigte in anderen Mitgliedstaaten im Vergleich zur Lage in der Bundesrepublik Deutschland zum Klageerfolg. Dies ist erst der Fall, wenn – plakativ formuliert – der Anerkannte trotz zumutbarer Eigeninitiative in dem zuständigen Staat nicht in der Lage wäre, an „Bett, Brot und Seife“ zu gelangen (VGH BW, B.v. 27.5.2019 – A 4 S 1329/19 – juris Rn. 5; EuGH, a.a.O.; siehe auch EGMR, U.v. 4.11.2014 „Tarakhel“ – NWvZ 2015, 127 ff.) und ihm deshalb ernsthaft eine Verelendung droht. Hiervon geht das erkennende Gericht nach den vorliegenden Erkenntnisquellen nicht aus.
b) Es wird dabei die nachfolgend dargelegte Sachlage zugrunde gelegt:
aa) Asylbewerber, die bereits von Griechenland als international Schutzberechtigte anerkannt worden sind, werden im Falle einer Abschiebung dorthin von den zuständigen Polizeidienststellen in Empfang genommen und mit Hilfe eines Dolmetschers umfassend über ihre Rechte aufgeklärt (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 4.12.2019, S. 3). Die betroffenen Personen erhalten insbesondere Informationen zur nächsten Ausländerbehörde, um dort ihren Aufenthaltstitel verlängern zu können. Anerkannte Schutzberechtigte haben sich sodann beim zuständigen Bürgerservice-Center zu melden. Spezielle staatliche Hilfsangebote für Rückkehrer werden vom griechischen Staat nicht zur Verfügung gestellt (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stade vom 6.12.2018, S. 8).
Staatliche Integrationsmaßnahmen gibt es kaum. Es existiert kein funktionierendes Konzept für die Integration von Flüchtlingen bzw. es fehlt an nennenswerten staatlichen Ressourcen zu einer Implementierung (Pro Asyl, Update Stellungnahme Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland, Stand 30.8.2018, S. 11; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stade vom 6.12.2018, S. 7 f.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich [BFA], Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Griechenland, aktualisierte Gesamtausgabe vom 4.10.2019 mit Informationsstand vom 19.3.2020, Ziffer 6. Schutzberechtigte, S. 27 f.). Diesbezügliche Ansätze der Regierung wie die „Nationale Strategie zur Integration von Drittstaatsangehörigen“ sind nur teilweise umgesetzt (Pro Asyl, a.a.O.; BFA a.a.O.) oder haben wie im Falle der nationalen Integrationsstrategie aus Juli 2018 keine rechtlich bindende Wirkung (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stade vom 6.12.2018, S. 7). Zwar berichten einige Erkenntnismittel etwa von 53 Integrationsräten auf lokaler Ebene, welche das Ziel verfolgten, Integrationsprobleme zu identifizieren und dem jeweiligen Gemeinderat Vorschläge für eine möglichst reibungsfreie Integration von Einwanderern zu unterbreiten (BAMF, Länderinformation: Griechenland, Stand Mai 2017, S. 5). Diese Beschreibung deutet jedoch auf ein eher politisches Gremium hin, welches sich um Änderungen bemüht, selbst aber keine Integrationsleistungen anbietet. Hinsichtlich staatlicher Kurse zu Sprache sowie Kultur und Geschichte des Landes ist das Bild uneinheitlich (für die Existenz kostenloser Kurse: Konrad-Adenauer-Stiftung, Integrationspolitik in Griechenland, Stand Juli 2018, S. 11), wobei aktuellere und insofern vorzugswürdige Erkenntnismittel ein solches Angebot verneinen (Raphaelswerk, Informationen für Geflüchtete, die nach Griechenland rücküberstellt werden, Stand Dezember 2019, S. 12). Zudem wird die hohe Abhängigkeit etwaiger Integrationsprogramme von einer Finanzierung durch die EU betont, da auf nationaler und kommunaler Ebene keine nennenswerten Ressourcen zur Verfügung stehen (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stade vom 6.12.2018, S. 7; BFA a.a.O.).
In diese Lücke stoßen jedoch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die auf verschiedensten Feldern Integrationshilfe leisten und mit denen die griechischen Behörden, insbesondere die lokalen, auch kooperieren (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Athen, Hilfsorganisationen – Hilfe für Flüchtlinge in Griechenland, Stand Dezember 2019; OVG SH, U.v. 6.9.2019 – 4 LB 17/18 – BeckRS 2019, 22068 Rn. 91 f.; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Schwerin vom 26.9.2018, S. 2; United States Departement of State [USDOS], Country Report of Human Rights Practices for 2019, Greece, Section 2. f. Protection for Refugees, S. 14; UNHCR, Fact Sheets Greece von Februar, Mai und August 2020; BFA a.a.O. S. 32). Die Arbeit der NGOs ist jedoch räumlich vorwiegend auf die Ballungsräume Athen und Thessaloniki konzentriert (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Schwerin vom 26.9.2018, S. 2).
Hinsichtlich des Zugangs zu einer Unterkunft gilt für anerkannte Schutzberechtigte der Grundsatz der Inländergleichbehandlung mit griechischen Staatsangehörigen. Da es in Griechenland kein staatliches Programm für Wohnungszuweisungen an Inländer gibt, entfällt dies auch für anerkannt Schutzberechtigte. Auch findet keine staatliche Beratung zur Wohnraumsuche statt. Sie sind zur Beschaffung von Wohnraum grundsätzlich auf den freien Markt verwiesen (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 4.12.2019, S. 3; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stade vom 6.12.2018, S. 2; BFA a.a.O., S. 30; Amnesty International, Amnesty Report Griechenland 2019, Flüchtlinge und Asylsuchende, Zugang zu Gesundheitsversorgung und Wohnraum, Stand: 16.4.2020). Das Anmieten von Wohnungen auf dem freien Markt ist durch das traditionell bevorzugte Vermieten an Familienmitglieder, Bekannte oder Studenten sowie gelegentlich durch Vorurteile gegenüber Flüchtlingen erschwert (BFA a.a.O., S. 30).
Zurückkehrende anerkannte Schutzberechtigten werden nicht in den Flüchtlingslagern oder staatlichen Unterkünften untergebracht. Zwar leben dort auch anerkannte Schutzberechtigte, jedoch nur solche, die bereits als Asylsuchende dort untergebracht waren und über die Anerkennung hinaus dort verblieben sind und zudem nur für einen mehrmonatigen Übergangszeitraum (BFA a.a.O., S. 26; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Leipzig vom 28.1.2020, S. 1 f.). Von einer Unterbringung kann nur ausgegangen werden, soweit eine explizite Zusage im Einzelfall zur Betreuung des Rückkehrers seitens der griechischen Behörden vorliegt (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Leipzig vom 28.1.2020, a.a.O.).
Auch haben die zurückkehrenden anerkannt Schutzberechtigten keinen Zugang zu einer Unterbringung im Rahmen des EUfinanzierten und durch das UNHCR betriebenen ESTIA-Programms (Emergency Support to Accomodation and Integration System). Über das ESTIA-Programm stehen derzeit ca. 4.600 Appartements und insgesamt ca. 25.500 Unterbringungsplätze zur Verfügung (UNHCR, Fact Sheet Greece, Stand Mai 2020). Dieses steht jedoch nur Asylsuchenden und begrenzt zwischenzeitlich auch für international Anerkannte zur Verfügung, die bereits dort gelebt haben (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Leipzig vom 28.1.2020, S. 1 f.; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 4.12.2019, S. 5; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Potsdam vom 23.8.2019, S. 2; Pro Asyl, Returned recognized refugees face a dead-end in Greece – a case study, Stand 4.1.2019, S. 3). Durch das neue Asylgesetz Nr. 4636/2019, das am 1. November 2019 in Kraft trat, wurden die Bedingungen für die anerkannt Schutzberechtigten überdies verschärft; sie sollen nunmehr unmittelbar ab dem Zeitpunkt der Anerkennung die ESTIA-Unterkünfte verlassen, wobei es eine einmalige Übergangsfrist von zwei Monaten Anfang 2020 geben sollte (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Leipzig vom 28.1.2020, S. 2).
Das Helios-2-Programm, ein von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Abstimmung mit dem griechischen Migrationsministerium entwickeltes und durch die EU finanziertes Integrationsprogramm, sieht zwar 5.000 Wohnungsplätze für anerkannte Schutzberechtigte vor. Die Wohnungsangebote werden dabei von Nichtregierungsorganisationen und Entwicklungsgesellschaften griechischer Kommunen als Kooperationspartner der IOM zur Verfügung gestellt und von den Schutzberechtigten, unter Zahlung einer Wohnungsbeihilfe an sie, angemietet (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Potsdam vom 23.8.2019, S. 2 f.). Das Programm kommt nach derzeitigem Erkenntnisstand aber nicht den anerkannten Flüchtlingen zugute, die nach Griechenland zurückkehren, sondern gilt für ab dem 1. Januar 2018, vorzugsweise ab dem 1. Januar 2019 Anerkannte nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten im ESTIA-Programm (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Leipzig vom 28.1.2020, S. 2; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Potsdam vom 23.8.2019, S. 3: derzeit keine Kenntnisse des AA hierüber).
Eine Unterbringung in Obdachlosenunterkünften für anerkannt Schutzberechtigte ist grundsätzlich möglich. Allerdings sind die Kapazitäten in den kommunalen und durch NGOs betriebenen Unterkünften, etwa in Athen, knapp bemessen und oft chronisch überfüllt (BFA a.a.O., S. 30; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stade vom 6.12.2018, S. 3). Die Wartelisten sind entsprechend lang und teils stellen die Unterkünfte weitere Anforderungen an die Interessenten, wie etwa Griechisch- oder Englischkenntnisse und psychische Gesundheit. Im Ergebnis bleiben viele anerkannte Schutzberechtigte, die selbst nicht über hinreichende finanzielle Mittel für das – Anmieten privaten Wohnraums verfügen, obdachlos oder wohnen in verlassenen Häusern oder überfüllten Wohnungen (für alles Vorstehende: Pro Asyl, Update Stellungnahme Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland, Stand 30.8.2018, S. 6 ff.). Obdachlosigkeit ist unter Flüchtlingen in Athen dennoch kein augenscheinliches Massenphänomen, was wohl auf landsmannschaftliche Strukturen und Vernetzung untereinander zurückzuführen ist (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stade vom 6.12.2018, S. 3).
Wohnungsbezogene Sozialleistungen, die das Anmieten einer eigenen Wohnung unterstützen könnten, gibt es seit dem 1. Januar 2019 mit dem neu eingeführten sozialen Wohngeld, dessen Höhe maximal 70,00 EUR für eine Einzelperson und maximal 210,00 EUR für einen Mehrpersonenhaushalt beträgt. Das soziale Wohngeld setzt allerdings einen legalen Voraufenthalt in Griechenland von mindestens fünf Jahren voraus (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Leipzig vom 28.1.2020, S. 2; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 4.12.2019, S. 5; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Potsdam vom 23.8.2019, S. 1 f.).
Zugang zu weiteren Sozialleistungen besteht für anerkannt Schutzberechtigte, die nach Griechenland zurückkehren, auch sonst unter den gleichen Voraussetzungen wie für Inländer. Das im Februar 2017 eingeführte System der Sozialhilfe basiert auf drei Säulen. Die erste Säule sieht ein Sozialgeld in Höhe von 200,00 EUR pro Einzelperson vor, welches sich um 100,00 EUR je weiterer erwachsener Person und um 50,00 EUR je weiterer minderjähriger Person im Haushalt erhöht. Alle Haushaltsmitglieder werden zusammen betrachtet, die maximale Leistung beträgt 900,00 EUR pro Haushalt. Die zweite Säule besteht aus Sachleistungen wie einer prioritären Unterbringung in der Kindertagesstätte, freien Schulmahlzeiten, Teilnahme an Programmen des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen, aber auch trockenen Grundnahrungsmitteln wie Mehl und Reis, Kleidung und Hygieneartikeln. Alles steht jedoch unter dem Vorbehalt der vorhandenen staatlichen Haushaltsmittel. Die dritte Säule besteht aus der Arbeitsvermittlung. Neben zahlreichen Dokumenten zur Registrierung für die genannten Leistungen – unter anderem ein Aufenthaltstitel, ein Nachweis des Aufenthalts (z.B. elektronisch registrierter Mietvertrag, Gas-/Wasser-/Stromrechnungen auf eigenen Namen oder der Nachweis, dass man von einem griechischen Residenten beherbergt wird), eine Bankverbindung, die Steuernummer, die Sozialversicherungsnummer, die Arbeitslosenkarte und eine Kopie der Steuererklärung für das Vorjahr – wird ein legaler Voraufenthalt in Griechenland von zwei Jahren vorausgesetzt. (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Leipzig vom 28.1.2020, S. 2 f.; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Stade vom 6.12.2018, S. 4 ff.; BFA a.a.O., S. 28: Mindestaufenthalt ein Jahr).
Das sogenannte Cash-Card System des UNHCR, welches über eine Scheckkarte Geldleistungen je nach Familiengröße zur Verfügung stellt, steht nur Asylbewerbern, nicht aber anerkannten Schutzberechtigten, die zurückkehren, offen (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Leipzig vom 28.1.2020, S. 2; BFA a.a.O., S. 29).
Der Zugang zum griechischen Arbeitsmarkt ist für international Schutzberechtigte grundsätzlich gleichermaßen wie für Inländer gegeben. Allerdings sind die Chancen auf Vermittlung eines Arbeitsplatzes gering, da die staatliche Arbeitsverwaltung schon für die griechischen Staatsangehörigen kaum Ressourcen für eine aktive Arbeitsvermittlung hat. Zudem haben sich die allgemeinen Arbeitsmarktbedingungen durch die andauernde Wirtschafts- und Finanzkrise verschlechtert (BFA a.a.O., S. 31). Rechtmäßig ansässige Drittstaatsangehörige sind, wenn sie überhaupt Arbeit finden, meist im niedrigqualifizierten Bereich und in hochprekären Beschäftigungsverhältnissen oder in der Schattenwirtschaft tätig (Konrad-Adenauer-Stiftung, Integrationspolitik in Griechenland, Stand Juli 2018, S. 9). Dazu treten regelmäßig die Sprachbarriere (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 4.12.2019, S. 7) sowie bürokratische Hürden im Allgemeinen und im Speziellen bei der Beantragung der „Social Security Number (AMKA)“. Bezüglich letzterer wird vereinzelt berichtet, dass deren Beantragung seit Juli 2019 für nicht-griechische Staatsangehörige nicht mehr möglich sei (Respond, Working Papers, Integration – Greece Country Report, Stand Juni 2020, S. 26; zwar von Schwierigkeiten berichtend, aber keine Unmöglichkeit annehmend Asylum Information Database [AIDA], Country Report Greece, Update 2019, S. 166, 219 f.). Eine spezielle Förderung zur Arbeitsmarktintegration anerkannter Schutzberechtigter findet derzeit nicht statt (Pro Asyl, Update Stellungnahme Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland, Stand 30.8.2018, S. 10), vereinzelt haben NGOs bzw. kirchliche Institutionen Initiativen zur Arbeitsvermittlung gestartet, etwa der Arbeiter-Samariter-Bund und die Diakonie. Für gut ausgebildete Schutzberechtigte besteht im Einzelfall auch die Chance auf Anstellung bei einer solchen Organisation, etwa als Dolmetscher oder Team-Mitarbeiter (für alles Vorstehende: Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 4.12.2019, S. 7; BFA a.a.O., S. 31).
Der Zugang zu medizinischer Versorgung und dem Gesundheitssystem ist für anerkannte Schutzberechtigte einschränkungslos gegeben, unterliegt allerdings im Übrigen denselben Beschränkungen durch Budgetierung und restriktive Medikamentenausgabe wie für griechische Staatsbürger (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Berlin vom 4.12.2019, S. 9; OVG SH, U.v. 6.9.2019 – 4 LB 17/18 – BeckRS 2019, 22068 Rn. 141 f.).
bb) Speziell im Zusammenhang mit der Verbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 in Europa stellt sich die Lage in Griechenland wie folgt dar:
Griechenland verzeichnet bei etwa 10,7 Millionen Einwohnern laut der Zahlen der Johns-Hopkins-Universität vom 27. Januar 2021 bislang 153.226 Infektionen, wovon 93.764 Menschen bereits wieder genesen sind. 5.692 Menschen sind an einer Erkrankung mit dem Virus gestorben. In der Bundesrepublik Deutschland, dem derzeitigen Aufenthaltsort des Klägers, sind bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 83 Millionen Menschen bisher 2.166.636 Corona-Fälle aufgetreten, 1.881.933 Menschen sind wieder genesen. Die Zahl der Toten wird mit 54.083 berichtet.
Griechenland hat zum Schutz der Bevölkerung seit Anfang November 2020 einen Lockdown verhängt, der u.a. die Schließung von Schulen, Gastronomie und Bars, eine Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr morgens sowie ein Verbot von Reisen ohne triftigen Grund im Landesinneren beinhaltet. Seit dem 18. Januar 2021 sind allerdings die Geschäfte wieder geöffnet (Redaktionsnetzwerk Deutschland, Artikel vom 7. Dezember 2020 und 18. Januar 2021, „Griechenland verlängert Corona-Lockdown bis zum 7. Januar“ und „Lockdown-Lockerung: Griechenland öffnet Geschäfte“, abrufbar unter https://www.rnd.de/themen/griechenland/). Nach Angaben des Vize-Regierungschefs Georgiadis sind derzeit die Hälfte der griechischen Intensivbetten belegt (Redaktionsnetzwerk Deutschland, Artikel vom 18. Januar 2021 a.a.O.).
In wirtschaftlicher Hinsicht führte das Corona-Virus und der staatliche angeordnete Lockdown zu einem Einbruch der griechischen Wirtschaft im dritten Quartal 2020 von 11,7%. Im wirtschaftlich bedeutsamen Tourismus-Sektor, der im Jahr 2019 noch ein Fünftel des Bruttoinlandsproduktes beigetragen hatte, gingen die Urlauberzahlen 2020 um 80% zurück. Im Jahr 2021 erwartet die Regierung statt eines Zuwachses beim Bruttoinlandsprodukt von 7,5% nur noch ein Plus von 4,8%. Um den Folgen des Coronabedingten Wirtschaftseinbruchs zu begegnen, stellte der griechische Staat im Jahr 2020 23,9 Milliarden Euro an Hilfen für die Wirtschaft zur Verfügung und plant diese im Jahr 2021 um weitere 7,5 Milliarden Euro zu erhöhen. Trotz der hohen Schuldenquote von 209% des Bruttoinlandsproduktes ist die Finanzierung des griechischen Staates wegen eines Liquiditätspuffers von 30 Milliarden Euro derzeit nicht in Gefahr (Redaktionsnetzwerk Deutschland, Artikel vom 25. Dezember 2020, „Corona wirft Griechenland weit zurück“, abrufbar unter https://www.rnd.de/politik/corona-wirft-griechenland-weit-zuruck-HJYQGCXHSBGL5GKDIHFW4AOQIQ.html).
c) Unter Beachtung des vorstehenden rechtlichen Maßstabes (II. 2. a)) und der tatsächlichen Situation für rückkehrende anerkannte Schutzberechtigte (II. 2. b)) ergeben sich unter Zugrundelegung des Vortrags des Antragstellers im hier zu betrachtenden Einzelfall keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verfügten Abschiebungsandrohung i.S.v. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG. Die Antragsgegnerin hat den Asylantrag des Antragstellers aller Voraussicht nach zu Recht als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abgelehnt, denn dem Antragsteller droht im Falle einer Rückkehr nach Griechenland keine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eintretende Verelendung. Als Rückkehrperspektive ist von einer alleinigen Rückkehr des mittlerweile 21-jährigen Antragstellers auszugehen. Zwar befinden sich seine Eltern, deren Asylanträge auch nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG wegen einer bereits erfolgten Anerkennung in Griechenland abgelehnt wurden, ebenfalls in Deutschland (Kläger und Antragsteller in den Verfahren AN 17 S 19.50334/AN 17 K 19.5033), gleichwohl kann eine gemeinsame Rückkehrperspektive nur für die Kernfamilie, also Eltern plus minderjährige Kinder angenommen werden (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45/18 – NVwZ 2020, 158 Ls. 2, 3, Rn. 15 ff., allerdings für § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt bei einem 21-Jährigen grundsätzlich fern. Soweit die Antragstellerseite geltend macht, die Trennung des Antragstellers von seinen Eltern würde derzeit gravierende gesundheitliche Folgen für seine an Depressionen erkrankte und an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidenden Mutter haben, so ist dies nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dargelegt, sondern bloß behauptet. Auch aus dem vorgelegten fachärztlichen Attest des Dr. med. … … vom 11. Juni 2019 (Gesundheitsamt …*) betreffend die Mutter des Antragstellers geht dies nicht hervor.
Die Lebensverhältnisse von Schutzberechtigten in Griechenland stellen sich nach Auffassung des Einzelrichters, der sich der Kammerrechtsprechung anschließt (etwa VG Ansbach, U.v. 10.7.2020 – AN 17 K 18.50449), nicht schon allgemein für jedweden Personenkreis von Schutzberechtigten als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK und Art. 4 GRCh dar. Zwar haben international oder subsidiär Schutzberechtigte nach der Ankunft in Griechenland möglicherweise über einen längeren Zeitraum keinen effektiv gesicherten Zugang insbesondere zu Obdach und sanitären Einrichtungen. Zudem ist es für sie teilweise praktisch unmöglich, die Voraussetzungen für den Erhalt des sozialen Solidaritätseinkommens zu erfüllen. Bei dieser Sachlage ist der Zugang zu Sozialleistungen, zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt und zu Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfs für eine Übergangszeit nach der Rückkehr nach Griechenland allerdings durch das eigenverantwortliche Handeln des Einzelnen und die Hilfestellung von NGOs geprägt (eine Übersicht der zahlreichen in der Flüchtlingshilfe engagierten Organisationen in Griechenland bietet: Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Athen, Hilfsorganisationen – Hilfe für Flüchtlinge in Griechenland, Stand Dezember 2019).
Vor diesem Hintergrund muss der jeweilige Schutzberechtigte nach Überzeugung des Einzelrichters grundsätzlich befähigt sein, sich den schwierigen Bedingungen zu stellen und durch eine hohe Eigeninitiative selbst für seine Unterbringung und seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Ist davon auszugehen, dass er diese Schwierigkeiten bewältigen kann, fehlt es an der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in Griechenland (so auch: VG Cottbus, B.v. 10.2.2020 – 5 L 581/18.A – juris Rn. 40; VG Düsseldorf, B.v. 23.9.2019 – 12 L 1326/19.A – juris Rn. 43; VG Leipzig B.v. 17.2.2020 – 6 L 50/19 – BeckRS 2020, 2228 Rn. 15). Es verstößt demnach grundsätzlich nicht gegen Art. 3 EMRK, wenn Schutzberechtigte den eigenen Staatsangehörigen gleichgestellt sind und von ihnen erwartet wird, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgen. Art. 3 EMRK gewährt grundsätzlich keinen Anspruch auf den Verbleib in einem Mitgliedstaat, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Sofern keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse nach einer Überstellung erheblich verschlechtern würden, nicht ausreichend, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen (VG Düsseldorf, B.v. 23.9.2019 – 12 L 1326/19.A – juris Rn. 39). Soweit es die spezifischen Bedürfnisse Schutzberechtigter verlangen, dass ihnen zumindest in einer ersten Übergangsphase ein Mindestmaß an Fürsorge und Unterstützung bei der Integration zukommt, ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich NGOs bei der Integration anerkannter Schutzberechtigter eine wichtige Rolle spielen und diese als Umsetzungspartner der internationalen, von der Europäischen Union finanzierten und vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen koordinierten Hilfsprojekte fungieren (VG Cottbus, B.v. 10.2.2020 – 5 L 581/18.A – juris Rn. 23, 25, 36; VG Düsseldorf, B.v. 23.9.2019 – 12 L 1326/19.A – juris Rn. 48 bis 54). Die Projekte der NGOs können in ihrer Gesamtheit das Fehlen eines staatlichen Integrationsplans nach Auffassung des Einzelrichters zumindest in einer Übergangsphase nach Rücküberstellung des anerkannten Flüchtlings, der keine Merkmale besonderer Schutzwürdigkeit aufweist, kompensieren und sicherstellen, dass die elementaren Bedürfnisse von anerkannten Schutzberechtigten für die erste Zeit befriedigt werden können. Sie unterstützen auch bei der Erlangung der sozialen Leistungen des griechischen Staates.
Der Kläger ist als junger Mann mit 21 Jahren und keinen vorgetragenen behandlungsbedürftigen Krankheiten als grundsätzlich arbeitswillig- und fähig einzustufen. Zudem spricht er eigener Aussage vor dem Bundesamt nach gut Englisch und ist daher in der Lage sich in der ersten Zeit in Griechenland zu verständigen und kommt überdies etwa für Übersetzertätigkeiten bei und für NGOs in Betracht. Er ist nach Überzeugung des Einzelrichters damit grundsätzlich befähigt, eigenverantwortlich Sorge für seine Person auch in einer Übergangsphase zu tragen und sich zunächst an die im Raum Athen vorhandenen NGOs für eine erste Hilfe vor Ort zu wenden. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass er im Bedarfsfall eine Bleibe in einer Obdachlosenunterkunft findet, gegenüber einer Personenmehrheit an Schutzberechtigten (Familien) deutlich höher.
Dieser Befund wird auch durch die momentane Pandemie-Lage in Griechenland infolge der Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 nicht grundlegend erschüttert. Zwar ist nach den oben unter 2. b) bb) aufgeführten Erkenntnismitteln von einem wirtschaftlichen Einbruch insbesondere im Tourismussektor infolge der Corona-Pandemie in Griechenland auszugehen, was die Arbeitsmarktchancen für anerkannte zurückkehrende Schutzberechtigte mindert, da gerade die Tourismusbranche Einstiegsmöglichkeiten auch für gering Qualifizierte bietet. Allerdings wird für das Jahr 2021 immerhin noch mit einem, wenn auch nach unten korrigiertem Wachstum der griechischen Wirtschaft gerechnet, was darauf schließen lässt, dass nicht sämtliche Wirtschaftsbereiche derartige Einbußen aufweisen wie die Tourismusbranche. Der griechische Staat ist diesbezüglich auch nicht untätig geblieben, sondern hat für 2020 Wirtschaftshilfen von knapp 24 Milliarden Euro bereitgestellt – eine angesichts eines Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2020 von 183 Milliarden Euro (Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/Europa/DE/Staat/EU-Staaten/Griechenland.html) erhebliche Summe – und ist trotz der angespannten Haushaltslage weiter finanziell handlungsfähig.
d) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Bundesamtes vom 11. März 2019 im Sinne des § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG ergeben sich auch nicht mit Blick auf die Verneinung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG.
aa) Unter Zugrundelegung der geschilderten Lage für nach Griechenland zurückkehrende anerkannte Schutzberechtigte und der individuellen Lebensumstände des Klägers kommt auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK in Betracht, da sich diesbezüglich dieselben Fragen wie bei der Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und der darauf basierenden Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG im Lichte der Art. 3 EMRK und Art. 4 GRCh stellen, die bereits unter II. 2. a) bis c) dahingehend beantwortet wurden, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Griechenland keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
Ebenso wenig sind Anhaltspunkte für eine dem Antragsteller im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG drohende erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bei einer Rückkehr nach Griechenland ersichtlich. Der erforderliche hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist ohne Unterschied in der Sache in der Formulierung ausgedrückt, dass die Abschiebung dann ausgesetzt werden muss, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Dies bedeutet nicht, dass im Fall der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BayVGH, U.v. 8.11.2018 – 13a B 17.31960 – juris Rn. 60 ff.; BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 23.10 – juris Rn. 21 ff.). Dafür spricht hier allerdings nichts. Auch sind keine lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG), ersichtlich.
Schließlich rechtfertigt das Infektionsgeschehen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 keine andere Beurteilung mit Blick auf § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG. Nach den oben unter 2. b) bb) eingeführten aktuellen Corona-Fallzahlen der Johns-Hopkins-Universität lässt sich für Griechenland keine gesteigerte Gefahr ableiten, die über die allgemeine, auch in Deutschland bestehende Ansteckungsgefahr hinausgeht. Zudem weist der Kläger keine Vorerkrankungen auf, die ihn einem besonderen Risiko aussetzen würden.
bb) Soweit der Kläger geltend macht, eine Trennung von seiner ebenfalls in Deutschland befindlichen und an Depressionen und einer Posttraumatischen Belastungsstörung erkrankten Mutter – der Klägerin zu 2) im Verfahren AN 17 K 19.50335 – würde deren Gesundheitszustand gravierend verschlechtern, ist zum einen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dargelegt, dass ein Konnex zwischen der Abschiebung des Klägers und dem Gesundheitszustand seiner Mutter besteht. Zum anderen handelte es sich hierbei nicht um ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG, sondern um ein inlandsbezogenes, welches nicht das Bundesamt, sondern die Ausländerbehörde zu prüfen hätte (Dollinger in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 60 AufenthG Rn. 84; Koch in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, 27. Ed. 1.7.2020, § 60 AufenthG Rn. 36; s.a. BVerwG, U. v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – NVwZ 2013, 1167 Rn. 35)
e) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung im Sinne des § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG lassen sich auch nicht mit der in Ziffer 3 des Bescheids vom 11. März 2918 gesetzten freiwilligen Ausreisefrist von einer Woche, beginnend ab Bekanntgabe des Bescheids begründen. Zunächst entspricht diese Fristsetzung den Vorgaben der § 35, § 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Dies könnte zwar mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache „Gnandi“ (U.v. 19.6.2018 – C-181/16 – NVwZ 2018, 1625) zweifelhaft erscheinen, allerdings sprechen nach Ansicht des Einzelrichters keine erheblichen Gründe für deren Übertragbarkeit auf Drittstaatenbescheide nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Denn die RL 2008/115/EG (Rückführungs-RL), auf die sich der Europäische Gerichtshof in der „Gnandi“ – Entscheidung maßgeblich stützt, definiert in deren Art. 3 Nr. 3 eine Rückkehr grundsätzlich als Rückführung in Drittländer, die keine EU-Mitgliedstaaten sind (so VG Würzburg, B.v. 19.12.2019 – W 4 S 19.32094 – BeckRS 2019, 34656 Rn. 27). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls wurde die „Gnandi“ – Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs bislang nur für die hier nicht gegebenen Fälle einer inhaltlichen Ablehnung des Asylantrages als (einfach oder offensichtlich) unbegründet verbunden mit einer Abschiebungsandrohung nachvollzogen (BVerwG, U.v. 20.2.2020 – 1 C 22.19 – BeckRS 2020, 12399; BVerwG, U.v. 20.2.2020 – 1 C 1.19 – BeckRS 2020, 8202). Eine Differenzierung zwischen Bescheiden, die einen Asylantrag inhaltlich ablehnen und bloßen Unzulässigkeitsentscheidungen erscheint auch nicht unbillig, da die Eingriffstiefe bei einer angedrohten Abschiebung in den Herkunftsstaat nach inhaltlicher Ablehnung des Asylantrages eine andere ist als bei der bloßen Rückführung gleichsam der Zuständigkeit halber in einen EU-Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller bereits internationalen Schutz genießt (zur Übertragbarkeit der Gnandi-Rechtsprechung wohl anders Pietzsch in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 25. Edition Stand 1.3.2020, § 36 AsylG Rn. 3 ff.).
f) Gegen die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ebenfalls mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO angreifbare Entscheidung zur Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 75 Nr. 12, § 11 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 AufenthG (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 10 AsylG; Pietzsch in Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 27. Ed. 1.10.2020, § 36 AsylG Rn. 45) bestehen im Ergebnis keine Bedenken. Die nunmehr durch § 11 Abs. 1 AufenthG geforderte Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer ist in unionsrechtskonformer Auslegung regelmäßig in einer behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zu sehen (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.2017 – 1 VR 3.17 – juris Rn. 72); eine solche hat die Beklagte getroffen. Ihre Ermessenserwägung hinsichtlich der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 AufenthG auf 30 Monate sind nicht zu beanstanden, da es keine zugunsten des Antragstellers berücksichtigungsfähige, in Deutschland dauerhaft bleibeberechtigte Kernfamilie gibt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.