Verwaltungsrecht

Aufhebung des Offensichtlichkeitsurteils

Aktenzeichen  Au 5 K 17.32638

Datum:
19.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AsylG AsylG § 3, § 4, § 12 Abs. 2 S. 1, § 25 Abs. 1, Abs. 2, § 30 Abs. 3
BGB BGB § 2

 

Leitsatz

1 Im Süden Malis steht dem Kläger eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung, da der Süden des Landes bürgerkriegsfrei ist. (Rn. 34– 35) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Kläger kann als junger, alleinstehender Mann ohne Kinder seinen Lebensunterhalt im Süden Malis sicherstellen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3 Gemäß § 12 Abs. 2 S. 1 AsylG sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs dafür maßgebend, ob ein Ausländer als minderjährig oder volljährig anzusehen ist. Demnach gilt im Asylverfahren § 2 BGB, wonach die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4 Der Bescheid des Bundesamtes ist insoweit aufzuheben, als darin die Ablehnung des Antrages des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Feststellung subsidiären Schutzes fehlerhaft als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG abgelehnt worden ist. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 26. April 2017 wird in Nrn. 1 und 3 insoweit aufgehoben, als die Ablehnung des Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet erfolgt ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger ¾, die Beklagte ¼. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Einzelrichter konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2017 nicht vertreten war. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Der Bescheid des Bundesamtes vom 26. April 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit die Ablehnung seiner Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG erfolgt ist. Darüber hinaus hat der Kläger jedoch weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Gewährung subsidiären Schutzstatus bzw. auf die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote. Seine Klage war daher im Übrigen abzuweisen.
1. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Der Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vormals nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz – AufenthG, nunmehr nach § 3 Abs. 1 AsylG) ist weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts, für dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat (vgl. BVerwG, B.v. 10.7.1989 – 2 BvR 502/86 u.a. – BVerwGE 80, 315).
Teilweise geht der Internationale Flüchtlingsschutz im Ergebnis der Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU über den Schutz des Asylgrundrechts hinaus. So begründen nach Maßgabe des § 28 Abs. 1 a AsylG auch selbstgeschaffene Nachfluchtgründe sowie gemäß § 3c Nr. 3 AsylG eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, etwa in Bürgerkriegssituationen, in denen es an staatlichen Strukturen fehlt, ein Abschiebungsverbot. Ferner stellt § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG klar, dass eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn Anknüpfungspunkt allein das Geschlecht ist. Schließlich umfasst gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG der Schutz vor Verfolgung wegen der Religion im Ergebnis der Umsetzung von Art. 10 Abs. 1 b der Richtlinie 2011/95/EU auch die Religionsausübung im öffentlichen Bereich sowie sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen, die sich auf eine religiöse Betätigung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.
Nach § 3 c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft und der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2012 – 10 C-7/11 – juris). An dessen Stelle gilt nunmehr nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Hierdurch wird den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigemessen (vgl. EuGH, U.v. 2.3.2010 – Rs. V 175/08 u.a., …). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür vorzulegen, dass sich verfolgungsbegründende bzw. schadensstiftende Umständen bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.
Dessen ungeachtet ist es Sache des Ausländers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen, § 25 Abs. 1 und 2 AsylG, Art. 4 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU. Der Ausländer hat dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich schlüssigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört u.a., dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung abgibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen.
Beruft sich der Ausländer indes zur Begründung seiner Verfolgungsfurcht auch auf Vorgänge und Geschehensabläufe nach dem Verlassen seines Herkunftsstaates, so gilt die das Maß der Darlegungsanforderungen bestimmende Beweiserleichterung nicht, weil nicht mehr davon auszugehen ist, dass die für Vorgänge in dem „Verfolgerstaat“ bestehenden Beweisschwierigkeiten außerhalb des Herkunftsstaates fortbestehen. Der Flüchtling hat vielmehr die Umstände, aus denen er seine begründete Furcht vor Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ableitet, zu beweisen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Nachfluchtgründe in einem Verhalten des Ausländers bestehen, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung und Ausrichtung ist, § 28 Abs. 1 a AsylG. Durch die Verwendung des Wortes „insbesondere“ in § 28 Abs. 1 a AsylG ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch Nachfluchttatbestände ohne eine entsprechende Vorprägung im Heimatland beachtlich sein können.
Zusammenfassend obliegt es dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, seine Gründe für eine ihm drohende Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen, das heißt unter genauer Angaben von Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich – als wahr unterstellt – ergibt, dass er bei verständiger Würdigung politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hat. Hierzu gehört insbesondere, dass der Asylbewerber zu dem in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, B.v. 26.10.1989 – 9 B 405.89 – juris).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Falle des Klägers nicht vor. Es ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Mali mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine landesweite Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG droht und er bei einer Rückkehr nach Mali in eine ausweglose Lage geraten würde.
Einem Anspruch des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft steht bereits dessen teilweise widersprüchlicher Sachvortrag entgegen. So hat sich der Kläger gegenüber dem Bundesamt dahingehend eingelassen, dass er niemals mit den im Norden Malis operierenden islamistischen Rebellen in Kontakt geraten sei und er mit seiner Ausreise lediglich einer befürchteten Zwangsrekrutierungsmaßnahme nach dem gewaltsamen Tod seines Vaters zuvor gekommen sei. In der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2017 hat sich der Kläger zu diesen Äußerungen in Widerspruch gesetzt, indem er vorgetragen hat, bezüglich seiner Zwangsrekrutierungsmaßnahme persönlich mit einen Zwangsrekrutierungsversuch unternehmenden Rebellen gesprochen zu haben und sich dieser ihn persönlich betreffenden Zwangsrekrutierungsmaßnahme widersetzt zu haben.
Weiter hat sich der Kläger gegenüber dem Bundesamt dahingehend eingelassen, dass die Islamisten erst nach seiner Flucht aus Mali in sein Heimatdorf gelangt seien. Inwieweit also der Kläger selbst einer Zwangsrekrutierungsmaßnahme unterzogen worden sein solle, erschließt sich daher für das Gericht nicht. Weitere Unstimmigkeiten bestehen im Hinblick auf den Zeitpunkt, in dem der Kläger Mali verlassen hat. All dies schließt bereits eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für den Kläger aus.
Zutreffend hat die Beklagte darüber hinaus darauf hingewiesen, dass für den Kläger eine inländische Fluchtalternative im Süden Malis zur Verfügung steht, die für diesen auch zumutbar erreichbar ist.
Der Süden Malis ist bürgerkriegsfrei. Von den Kampfhandlungen islamistischer Gruppen, die im Januar 2012 ihren Anfang nahmen, war der Norden Malis betroffen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mali: Aktuelle Lage, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 30. Oktober 2012). Bereits im Juni 2013 war zwischen der malischen Regierung und mehreren bewaffneten Gruppen ein Friedensabkommen zur Stabilisierung der Lage im Norden Malis geschlossen worden (Amnesty International, Mali-Report 2015). Am 15. Mai und 20. Juni 2015 wurde erneut ein innerstaatliches Friedensabkommen zur nachhaltigen Befriedung von Nord-Mali geschlossen. Von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Norden Malis blieb der Süden Malis jedoch verschont, auch wenn selbst in der Hauptstadt Bamako eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden kann (Auswärtiges Amt, Mali: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 2.11.2016). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass vereinzelte Anschläge bereits die Qualität eines Bürgerkriegs erreicht haben, bestehen nicht (s. hierzu auch VG Magdeburg, U.v. 27.5.2016 – 1 A 125/15 MD). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung dabei keine Indizwirkung zu (vgl. BVerwG, B.v. 27.6.2013 – 10 B 11.13 – juris; BayVGH, B.v. 22.12.2016 – 13a ZB 16.30684 – juris Rn. 7).
Das Gericht geht auch davon aus, dass der Kläger als junger, alleinstehender Mann ohne Kinder seinen Lebensunterhalt im Süden Malis sicherstellen kann, selbst wenn hierfür mehr zu fordern ist als die bloße Sicherung des Existenzminimums. Dass der Kläger nach malischem Recht noch als minderjährig gilt, vermag keine andere rechtliche Beurteilung zu rechtfertigen. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen steht die Minderjährigkeit einer Erwerbstätigkeit in Mali nicht entgegen. Da viele Staatsangehörige von Mali bereits in jungen Jahren beruflich tätig sind und oftmals auch nur einen kurzzeitigen Schulbesuch aufweisen können, ist es nahezu unumgänglich, dass auch jüngere (minderjährige) Staatsangehörige von Mali einer beruflichen Tätigkeit nachgehen dürfen bzw. müssen. Dass der Kläger mit einem Alter von 19 Jahren vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sein sollte, ist für das Gericht daher nicht erkennbar.
Darüber hinaus ist bezüglich der Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im mit der Klage angegriffenen Bescheid auch kein Verfahrensfehler vorausgegangen. Zum Zeitpunkt seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt bestand gerade keine Betreuung für den Kläger. Im Übrigen gilt § 12 Abs. 2 Satz 1 AsylG, wonach die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) dafür maßgebend sind, ob ein Ausländer als minderjährig oder volljährig anzusehen ist. Demnach gilt im Asylverfahren § 2 BGB, wonach die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt.
2. Dem Kläger ist auch nicht gemäß § 4 Abs. 1 AsylG subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Subsidiär schutzberechtigt ist nach dieser Vorschrift, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Die vorgenannten Gefahren müssen dabei gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 c AsylG in der Regel von dem in Rede stehenden Staat oder den ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen ausgehen. Die Bedrohung durch nicht staatliche Akteure kann hingegen nur dann zu subsidiärem Schutz führen, wenn der betreffende Staat selbst nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu gewähren. Bei der Prüfung, ob dem Kläger im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden droht, gilt ebenfalls der dargelegte Prüfungsmaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Mali ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG droht. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, denn die tatbestandliche Voraussetzung eines landesweit bestehenden internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes ist für Mali nicht festzustellen.
3. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheiden ebenfalls aus. Auch eine für den Kläger eventuell erforderliche ärztliche Behandlung dürfte in einer größeren Stadt im Süden Malis, wie beispielsweise Bamako, unschwer möglich sein. Darüber hinaus sind gesundheitliche Einschränkungen beim Kläger im Klageverfahren nicht mehr geltend gemacht worden.
4. Soweit sich die Klage gegen das in Ziffer 6 des angefochtenen Bescheides vom 26. April 2017 gegen den Kläger verhängte Einreise- und Aufenthaltsverbot auf der Grundlage von § 11 Abs. 1 AufenthG richtet, bleibt die Klage ebenfalls erfolglos. Einwände gegen die Rechtmäßigkeit dieses Einreise- und Aufenthaltsverbotes und dessen Dauer sind nicht ersichtlich. Die Ermessensausübung, deren Überprüfung nach § 114 VwGO eingeschränkt ist, bleibt ebenfalls beanstandungsfrei.
5. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf teilweise Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. April 2017, soweit darin die Ablehnung seines Antrages auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Feststellung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 AsylG erfolgt ist. Insoweit ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn das Vorbringen des Ausländers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Ein Vorbringen entspricht offenkundig nicht den Tatsachen, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellung und vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei diesem Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre sich die Abweisung der Klage geradezu aufdrängt. Wird die offensichtliche Unbegründetheit mit widersprüchlichem Vorbringen begründet, dann muss das Vorbringen zur politischen Verfolgung in seinem Kern widersprüchlich sein. Nur mittelbar mit dem eigentlichen Verfolgungstatbestand zusammenhängender widersprüchlicher Vortrag rechtfertigt nicht den Schluss auf die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens in seinem Kern.
Anhand dieses Maßstabes ist der Asylantrag des Klägers jedenfalls nicht offensichtlich unbegründet im Sinne von § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Da der Kläger aus dem vom Bürgerkrieg betroffenen Norden Malis stammt, das Gericht an der Ermordung seines Vaters durch islamistische Rebellen keine Zweifel hat und Zwangsrekrutierungsmaßnahmen für junge wehrfähige Männer im Alter des Klägers im Norden Malis an der Tagesordnung sein dürften, erscheint eine Ablehnung des Asylantrages des Klägers als offensichtlich unbegründet nicht als vertretbar. Der Klage war daher in diesem Punkt stattzugeben.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

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