Aktenzeichen 10 ZB 17.993
Leitsatz
1 Von dem Fortfall der Wiederholungsgefahr bei vielfältigen Straffälligkeiten im Bereich der BTM-Kriminalität kann nicht ausgegangen werden, solange der Kläger nicht eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen und künftiges drogen- und straffreies Verhalten glaubhaft gemacht hat. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine seit der Kindheit bestehende ADHS-Erkrankung bleibt ohne (positive) Auswirkungen auf die negative Gefahrenprognose wegen erneuter Straffälligkeit. Bestehende Krankheiten, die für die Straffälligkeit des Ausländers mitverantwortlich sind, können im Übrigen zu seinen Lasten berücksichtigt werden. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein Jahrzehnte andauernder Suchtmittelmissbrauch und damit in Zusammenhang stehende Kriminalität rechtfertigen trotz der Stellung als faktischer Inländer eine langfristige Wiedereinreisesperre, innerhalb derer der Kläger in der Türkei versuchen muss, zu einem dauerhaft sucht- und straffreien Leben zu finden. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
4 Bei der Prognoseentscheidung zur Wiederholungsgefahr bewegt sich das Gericht regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die Gerichten allgemein zugänglich sind und ohne Zuziehung eines Sachverständigen beurteilt werden können. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 7 K 16.3387 2017-04-04 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000‚- Euro festgesetzt.
Gründe
Der am 9. Juni 1981 in München geborene Kläger‚ ein türkischer Staatsangehöriger, verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter, die sich gegen die mit Bescheid vom 11. Oktober 2016 unter Anordnung der Abschiebung aus der Haft verfügte Ausweisung richtet; zugleich begehrt der Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Die Ausweisung des Klägers wurde aufgrund seiner schon in früher Jugend begonnenen vielfältigen Straffälligkeit aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität und damit im Zusammenhang stehender zahlreicher Diebstähle ausgesprochen, die vor dem Hintergrund einer – mehrfach letztlich ergebnislos behandelten – langjährigen Polytoxikomanie im Sinne einer hochgradigen Drogen-, Alkohol- und Tablettenabhängigkeit zu sehen ist; zudem leidet der Kläger seit seiner Kindheit an einer erst später erkannten, offenbar medikamentös behandelbaren ADHS-Erkrankung. Zuletzt wurde er vom Amtsgericht München mit Urteil vom 14. Oktober 2015 wegen Diebstahls in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren zwei Monaten verurteilt; diese Straftaten hatte er sämtlich nach dem Entweichen aus einer Therapieeinrichtung im März 2015 begangen, in der er seit dem 9. Juli 2013 gemäß § 64 StGB untergebracht war. Seit 28. Juli 2015 befindet er sich wieder im Strafvollzug, auch zur Vollstreckung des Strafrestes zweier länger zurückliegender Verurteilungen durch das Amtsgericht München vom 12. Oktober 2012 (Freiheitsstrafe von drei Jahren) und 10. Januar 2007 (ein Jahr sechs Monate). Als Strafende wurde der 9. August 2019 mitgeteilt. Nach dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts München I vom 29. Juli 2015 besteht keine tragfähige Therapiemotivation mit Aussicht auf Erfolg der ursprünglich angeordneten Unterbringung; angesichts der fortbestehenden Suchterkrankung des Klägers fehle jeglicher Anhaltspunkt für eine positive Prognose gemäß § 57 Abs. 1, 2 StGB.
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Es liegt weder der Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.) vor noch erfolgte die Ablehnung des Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; 2.).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden nur dann‚ wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG‚ B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.
Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe zwar auch seine Stellung als faktischer Inländer und Berechtigter nach dem ARB 1/80 in die Prüfung eingestellt, allerdings letztlich nur die seit fast 20 Jahren andauernde Straffälligkeit und Drogensucht bewertet. Seine persönlichen Belange, seine Erkrankung und die besonders positiven Beurteilungen der Justizvollzugsanstalt blieben bei der Gesamtbetrachtung unberücksichtigt. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 19. Oktober 2016 (2 BvR 1943/16) festgestellt, dass wegen der besonderen Härte einer Ausweisung für einen faktischen Inländer besonders auf die persönlichen Verhältnisse einzugehen sei. Dieser Sicht verschließe sich die angefochtene Entscheidung, die den Kläger ausschließlich als „Bewährungs- und mehrfachen Therapieversager“ betrachte, für den eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht absehbar sei. Im Vollzugsplan der Justizvollzugsanstalt vom 24. März 2017 werde festgestellt, dass sich der Kläger beanstandungsfrei führe, regelmäßig an der Drogenberatung teilnehme und der Wunsch nach Absolvierung einer Therapie bestehe; dies alles seien Indizien, dass der Strafvollzug beim Kläger etwas bewirkt habe. Im Übrigen sei nun auch erstmals mit einer medikamentösen Behandlung der ADHS begonnen worden, die bereits in einem psychiatrischen Gutachten vom 27. April 2012 festgestellt und als Grund für die „dissozialen impulsiven Züge“ des Klägers bezeichnet worden sei. Diese Erkrankung, die der Kläger für seinen fortgesetzten Drogenmissbrauch verantwortlich mache, sei vom Verwaltungsgericht zu Unrecht als „immer noch bestehende Uneinsichtigkeit“ in eigenes Fehlverhalten bezeichnet worden. Schließlich sei die auf sieben Jahre festgesetzte Wiedereinreisesperre vom Verwaltungsgericht ohne Rücksicht auf die Interessen des Klägers und nur unter Hinweis auf die Strafliste gebilligt worden.
Soweit der Kläger mit diesen Ausführungen ernstliche Zweifel an der vom Verwaltungsgericht nachvollzogenen Gefahrenprognose des Beklagten geltend macht, vermag dies nicht zur Zulassung der Berufung zu führen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH‚ B.v. 26.11.2015 – 10 ZB 14.1800 – juris; B.v. 14.11.2012 – 10 ZB 12.1172 – juris) kann von einem Fortfall der Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden‚ solange der Kläger nicht eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen und (darüberhinaus) die damit verbundene Erwartung künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat. Hiervon kann bis zum heutigen Tage nicht ausgegangen werden. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet‚ dass der Kläger nicht nur illegale Betäubungsmittel – eigenen Angaben zufolge seit seinem 15./16. Lebensjahr auch Kokain, Heroin und Ecstasy – konsumiert, sondern parallel dazu Alkohol- und Medikamentenmissbrauch (Benzodiazepine) betrieben hat (vgl. psychiatrisches Gutachten v. 27.4.2012, S. 22 bis 26; Protokoll der kbo-Stufungskonferenz v. 24.9.2014). In dem den Anlass für die Ausweisung bildenden Urteil des Amtsgericht München vom 14. Oktober 2015 wurde das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB aufgrund der langjährig bestehenden Betäubungsmittelabhängigkeit des Klägers angenommen; der Sachverständige Dr. v. O. hatte zuvor in der Hauptverhandlung geäußert, dass eine Unterbringung nach § 64 StGB im Hinblick auf die vorliegenden Erkenntnisse aktuell nicht mehr in Betracht komme.
Vor dem Hintergrund der über viele Jahre hinweg dokumentierten Historie muss die für den Kläger anzustellende Gefahrenprognose negativ ausfallen. Nicht nachvollzogen werden kann daher der Vortrag, die im Vollzugsplan der Justizvollzugsanstalt München vom 24. März 2017 dokumentierten positiven Ansätze würden eine Wiederholungsgefahr widerlegen. Es bedarf keiner weiteren Darlegung, dass hierfür weder die bloße Teilnahme an einer zweimal monatlich stattfindenden Drogenberatung noch die einwandfreie Führung in der Haftanstalt ausreicht; gleiches gilt für den geltend gemachten Umstand, dass sich der Kläger mittlerweile Gedanken zu seiner im Jahr 2019 anstehenden Entlassung mache, und der Wunsch bestehe, die Zeit der Inhaftierung für den Abschluss einer Ausbildung zu nutzen.
Der Kläger hat in den vergangenen Jahren wiederholt begonnene Drogentherapien abgebrochen und dabei jedes Mal Rückfälle erlitten. Zuletzt ist er nach einer fast zwei Jahre andauernden Therapie kurz vor seiner Entlassung aus der Unterbringungseinrichtung entwichen und wieder rückfällig geworden. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die sich daran anschließende erneute Straffälligkeit des Klägers nunmehr zum Anlass seiner Ausweisung genommen hat, nachdem sie ihm in den Jahren zuvor ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Überwindung seiner Suchtmittelabhängigkeit und der damit im Zusammenhang stehenden Straffälligkeit gegeben hatte.
Dass für die Suchtmittelabhängigkeit nach dem Vortrag des Klägers auch eine offenbar erst kürzlich erstmals behandelte, jedoch seit Kindheit bestehende ADHS-Erkrankung verantwortlich sein soll, bleibt ohne Auswirkung auf die negative Gefahrenprognose. Zu Recht weist die Beklagte in ihrer Erwiderung darauf hin, dass sich aus den vorliegenden Gutachten kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der ADHS-Erkrankung und der Suchtmittelabhängigkeit ergebe. Im Übrigen können bei der Beurteilung der Gefahrenprognose grundsätzlich auch bestehende Krankheiten, die für die Straffälligkeit des Ausländers mitverantwortlich sind, zu seinen Lasten berücksichtigt werden.
Ebensowenig rechtfertigt der Hinweis des Klägers auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 2016 (2 BvR 1943/16, juris) die Zulassung der Berufung. Dieser Entscheidung lag die Frage zugrunde, ob und unter welchen Voraussetzungen die Ausländerbehörde trotz Vorliegens einer für den Ausländer positiven Entscheidung der Strafvollstreckungskammer über die Strafaussetzung zur Bewährung nach § 36 Abs. 1 Satz 3 BtmG weiterhin von einer relevanten Wiederholungsgefahr ausgehen kann. Wolle die Ausländerbehörde von einer derartigen strafgerichtlichen Einschätzung, der eine erhebliche indizielle Bedeutung zukomme, abweichen, bedürfe es hierfür einer substantiierten Begründung (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 21). Der vorliegende Fall ist jedoch von einer völlig anderen Sachverhaltsgestaltung gekennzeichnet, weil es an einer strafgerichtlichen Bewährungsentscheidung zu Gunsten des Klägers fehlt, die im Rahmen der Gefahrenprognose einer näheren Betrachtung unterzogen werden müsste. Im Gegenteil hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts München I mit Beschluss vom 17. Juli 2015 die Aussetzung der Vollstreckung des Rests zweier noch nicht vollständig verbüßter Freiheitsstrafen des Klägers zur Bewährung abgelehnt, weil es keine Anhaltspunkte für eine ernsthafte und tragfähige Therapiemotivation gebe und daher eine positive Prognose nach § 57 Abs. 1, 2 StGB nicht gestellt werden könne.
Schließlich kann dem Verwaltungsgericht auch nicht der Vorwurf gemacht werden, es habe den Kläger ausschließlich als „Bewährungs- und Therapieversager“ betrachtet und seine persönlichen Belange bei der Gesamtbetrachtung unberücksichtigt gelassen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht alle nach Lage der Dinge zu berücksichtigenden Gesichtspunkte betrachtet und ist hierbei zum Ergebnis gelangt, dass die Ausweisung des Klägers zur Wahrung eines Grundinteresses der Gesellschaft unerlässlich im Sinn von § 53 Abs. 3 AufenthG ist.
Auch hinsichtlich der Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Länge der festgesetzten Wiedereinreisesperre vermag das Vorbringen des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit aufzuzeigen. Das tragende Argument eines über Jahre und Jahrzehnte andauernden Suchtmittelmissbrauchs des Klägers und die damit im Zusammenhang stehende (insbesondere Beschaffungs-)Kriminalität rechtfertigen trotz seiner Stellung als faktischer Inländer die Länge der Frist, innerhalb derer er in der Türkei wird versuchen müssen, zu einem dauerhaft suchtmittelfreien Leben zu finden.
Die Richtigkeit der Entscheidung im Hinblick auf die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist vom Kläger im Zulassungsverfahren nicht ausdrücklich thematisiert worden, so dass eine nähere Befassung insoweit nicht angezeigt ist.
2. Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel einer zu Unrecht erfolgten Ablehnung eines Beweisantrags (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor.
Das Verwaltungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung am 4. April 2017 gestellten Beweisantrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Frage, ob von ihm „weitere konkrete Gefahren für Rechtsgüter und Straftaten“ nach seiner Entlassung aus der Strafhaft zu erwarten seien, zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, diese Frage könne vom Gericht ohne Einholung eines Gutachtens selbst beantwortet werden. Damit stelle sich das Gericht aber in Widerspruch zu der bereits zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 2016, die verlange, dass die Entscheidung des Gerichts auf eine „breitere Tatsachengrundlage“ gestellt werden müsse, als sie der Ausländerakte zugrunde liege. Das Verwaltungsgericht habe nicht die eigene Sachkenntnis zur Beurteilung des Verhaltens des Klägers, was auch dadurch deutlich werde, dass die ADHS-Erkrankung als bloße Uneinsichtigkeit abgetan werde. Die Sachverhaltskenntnis des Gerichts rühre im Wesentlichen nur aus der Ausländerakte her.
Die Ablehnung des Beweisantrags ist schon deswegen in Übereinstimmung mit dem materiellen Recht erfolgt, weil die Frage, wie sich die Gefahrenprognose bei Entlassung des Klägers aus der Strafhaft – voraussichtlich im Sommer 2019 – darstellen wird, für die auf die Verhältnisse im aktuellen Zeitpunkt abzustellende Gefahrenprognose ohne Bedeutung ist. Es ist insbesondere nicht erforderlich, mit der ausländerrechtlichen Gefahrenprognose bis zum Zeitpunkt der Haftentlassung des Klägers – nach Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung oder nach Vollstreckung der gesamten Strafe – abzuwarten (vgl. BayVGH, B.v. 27.9.2017 – 10 ZB 16.823 – juris). Dass sich der Kläger ohne Aussicht auf eine bevorstehende Entlassung in Haft befindet, schließt nicht aus, dass sein Verhalten eine gegenwärtige, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefahr im Sinn des hier anwendbaren § 53 Abs. 3 AufenthG bilden kann, weil dieser Umstand keinen Bezug zu seinem persönlichen Verhalten hat (EuGH, U.v. 13.7.2017 – C-193/16 – juris).
Unabhängig von diesen Überlegungen bestehen im vorliegenden Fall auch keine Bedenken, den Verwaltungsgerichten die Erstellung einer Gefahrenprognose aus eigener Erkenntnis zu überantworten. Denn bei der Prognoseentscheidung zur Wiederholungsgefahr bewegt sich das Gericht regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die Gerichten allgemein zugänglich sind. Gerade die Frage der Wiederholungsgefahr nach strafrechtlichen Verurteilungen kann daher grundsätzlich von den Gerichten ohne Zuziehung eines Sachverständigen beurteilt werden (stRspr des Senats: BayVGH, B.v. 18.3.2015 – 1 C 14.2655 – juris Rn. 22 m.w.N.; zuletzt: B.v. 13.10.2017 – 10 ZB 17.1469, noch nicht veröffentl.). Nur ausnahmsweise bedarf es der Zuziehung eines Sachverständigen, wenn die Prognose aufgrund besonderer Umstände – etwa bei der Beurteilung psychischer Erkrankungen – nicht ohne spezielle fachliche Kenntnisse erstellt werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 5). Im Übrigen kann auch ein Sachverständigengutachten die Prognoseentscheidung des Tatrichters nicht ersetzen, sondern nur Hilfestellung bieten (BVerwG, U.v. 13.3.2009 – 1 B 20.08 – juris Rn. 5).
Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht die Gefahrenprognose für den seit vielen Jahren von seiner Betäubungsmittelsucht immer wieder zur Begehung von Straftaten veranlassten Kläger aufgrund eigener Erkenntnis ohne durchgreifenden Fehler erstellt. Auch wenn das Verwaltungsgericht der beim Kläger festgestellten Erkrankung (ADHS) nicht den erforderliche Stellenwert beigemessen haben sollte, ändert dies nichts an der Richtigkeit seiner Gefahrenprognose, die im Rahmen einer Maßnahme der Gefahrenabwehr auch von objektiven gesundheitlichen Gegebenheiten in der Person des Ausländers beeinflusst wird.
Soweit sich der Kläger im Rahmen der Geltendmachung eines Verfahrensmangels wiederum auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Oktober 2016 (a.a.O.) beruft, kann auf die obigen Ausführungen hierzu (1.) Bezug genommen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 8.1 und 8.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).