Aktenzeichen W 1 K 16.30131
GRCh Art. 18
VO (EG) 1560/2003 Art. 9 Abs. 2
RL 2013/32/EU Art. 31 Abs. 3
ASylG § 14a Abs. 2, § 24 Abs. 4
AEUV Art. 288
Leitsatz
1 Führt das Bundesamt zunächst erfolglos ein Dublin-Verfahren durch, ist der Beginn der behördlichen Entscheidungsfrist über den Asylantrag vor Erhebung der Untätigkeitsklage nach § 75 S. 2 VwGO von dem Zeitpunkt ab zu berechnen, in dem der nach der Dublin III-VO zuständige Mitgliedstaat feststeht. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 3 UAbs. 2 der RL 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie nF). (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Versäumt es das Bundesamt, den Behörden des zuständigen Mitgliedstaat innerhalb der in Art. 9 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 1560/2003 – EU-Asylantragzuständigkeits-DVO – vorgesehenen Frist von sechs Monaten die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung mitzuteilen, geht nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 VO (EG) 1560/2003 die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens mit Ablauf von sechs Monaten ab Antragstellung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf die Bundesrepublik über. (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Die längerfristige Überlastung einer Behörde ist regelmäßig kein zureichender Grund für die Nichtentscheidung über einen Antrag iSv § 75 VwGO, da ihr mit organisatorischen und personellen Maßnahmen begegnet werden muss. Ausnahmsweise stellen jedoch die aktuell im Asylbereich vorliegenden besonderen Umstände einen zureichenden Grund für die Verzögerung eines Asylverfahrens dar. (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Aus § 24 Abs. 4 AsylG, wonach das Bundesamt, sofern eine Entscheidung nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht, dem Asylbewerber auf Antrag mitteilen muss, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird, folgt keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber, auch innerhalb des Sechsmonatszeitraums eine Entscheidung zu treffen. (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
I.
Das Verfahren wird ausgesetzt.
II.
Der Beklagten wird für die Entscheidung über die Asylanträge der Kläger eine Frist bis 19. Juni 2016 gesetzt.
Gründe
I.
1.
Die Kläger sind afghanische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1) bis 3) haben am 3. Januar 2014 im Bundesgebiet Asyl beantragt, der Kläger zu 4) ist ein am … 2014 nachgeborenes Kind, für das ein Asylantrag gemäß § 14a Abs. 2 AsylG mit dem 4. November 2014 als gestellt gilt.
2.
Nachdem eine EURODAC-Abfrage Treffer für Ungarn ergeben hatte, stimmten die ungarischen Behörden auf Ersuchen der Beklagten am 13. Februar 2014 der Wiederaufnahme der Kläger gemäß Art. 18 Abs. 1b Dublin III-VO zu. Mit Bescheid vom 7. März 2014 erklärte sich die Beklagte deshalb zur Durchführung des Asylverfahrens der Kläger unzuständig und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Ungarn an. Die Kläger erhoben hiergegen Klage und beantragten am 19. März 2014 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Eine Mitteilung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage an die ungarischen Behörden gemäß Art. 9 der Dublin-Durchführungsverordnung erfolgte innerhalb der dort geregelten 6-Monats-Frist jedoch nicht (Bl. 222 der Bundesamtsakte).
Mit Beschluss vom 10. Dezember 2014 lehnte das Gericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ab. Sodann hob die Beklagte am 27. März 2015 den Bescheid vom 7. März 2014 auf. Das Klageverfahren wurde nach übereinstimmenden Erledigterklärungen der Beteiligten mit Beschluss des Gerichts vom 10. April 2015 eingestellt.
3.
Am 4. Februar 2016 ließen die Kläger Untätigkeitsklage erheben.
Sie beantragten,
die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen und über die Anträge der Kläger zu entscheiden.
4.
Die Beklagte beantragt,
das Verfahren auszusetzen und eine angemessene Frist für die Entscheidung festzusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere der Gründe der gestellten Anträge wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Aussetzung des Verfahrens und Fristsetzung beruht auf § 75 Satz 3 VwGO. Danach setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
1.
Die Untätigkeitsklage ist zulässig.
Ist über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage gemäß § 75 Satz 1 VwGO zulässig; sie kann jedoch nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist (§ 75 Satz 2 VwGO).
1.1
Die dreimonatige Sperrfrist gemäß § 75 Satz 2 VwGO ist abgelaufen. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Asylantragstellung ist hier nicht auf die förmliche Stellung eines Asylantrags im Bundesgebiet abzustellen, weil der Asylantrag der Kläger ursprünglich im Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines vom einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), behandelt wurde. Für diesen Fall ist hinsichtlich der Frage, welche Frist der Behörde für die Prüfung und Entscheidung des Asylantrags höchstens zur Verfügung steht, auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der nach der Dublin III-VO zuständige Mitgliedstaat feststeht. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie n. F.). Zwar ist die genannte Vorschrift der Verfahrensrichtlinie n. F. noch nicht unmittelbar anwendbar, da die Umsetzungsfrist hierfür gemäß Art. 51 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie n. F. erst am 20. Juli 2018 abläuft. Die bisherige Fassung der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2005/85/EG vom 1.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft – Verfahrensrichtlinie a. F.) enthält für diese Frage keine Regelung. Es entspricht aber einem sinnvollen Zusammenspiel der Regelungen der Dublin-Verordnungen sowie der Asylverfahrensrichtlinien, dass das Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung zwischen den Mitgliedstaaten des Schengen-Raumes, für welches durch die Dublin-Verordnungen gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar geltende Regelungen geschaffen wurden, streng von den durch die Verfahrensrichtlinien lediglich angeglichenen nationalen Asylverfahrensvorschriften zu unterscheiden ist. Die Verfahrensvorschriften und verfahrensrechtlichen Garantien der Asylverfahrensrichtlinien können daher nur auf das nach Abschluss des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens stattfindende nationale Asylverfahren finden. Ein Asylantrag im asylverfahrensrechtlichen, nicht zuständigkeitsrechtlichen Sinne kann daher erst ab diesem Zeitpunkt als gestellt behandelt werden.
1.2
Hiervon ausgehend ist der Beginn des nationalen Asylverfahrens der Kläger im Bundesgebiet jedoch entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht mit der Einstellung des Klageverfahrens gegen den im Dublin-Verfahren ergangenen Bescheid am 10. April 2015, sondern bereits mit dem Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 2 der Dublin-Durchführungsverordnung Nr. 1560/2003 (EG) vom 2. September 2003 auszugehen, mithin am 19. September 2014. Die Beklagte hat es nämlich versäumt (Bl. 222 der Bundesamtsakte), den ungarischen Behörden innerhalb der in Art. 9 Abs. 2 Satz 1 der Dublin-Durchführungsverordnung vorgesehenen Frist von sechs Monaten die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung, hier den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vom 19. März 2014, mitzuteilen. Dies führt nach Art. 9 Abs. 2 Satz 2 Dublin-Durchführungsverordnung zum Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte mit Ablauf von sechs Monaten ab Antragstellung im Sofortverfahren, mithin am 19. September 2014. Ausgehend von diesem Zeitpunkt ist die Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO am 19. Dezember 2014 abgelaufen.
2.
Es liegt jedoch ein zureichender Grund i. S. des § 75 Satz 3 VwGO dafür vor, dass die Beklagte über den Asylantrag der Kläger noch nicht entschieden hat, weshalb das Gericht das Verfahren auszusetzen und der Beklagten eine angemessene Entscheidungsfrist zu setzen hatte, die hier insgesamt 21 Monate beträgt.
2.1
Es liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass die Beklagte über den Asylantrag bisher nicht entschieden hat. Die Gründe hierfür hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. Februar 2016 ausführlich dargelegt; sie sind in den Grundzügen auch allgemein bekannt. Zwar erscheint es angesichts der voraussehbaren Entwicklung der Asylbewerberzahlen in Deutschland, insbesondere unter Beachtung des Umstandes, dass nach Medienberichten (geschätzt) 300.000 Asylbegehrende noch nicht als Asylbewerber registriert wurden, kaum noch angemessen, von einer vorübergehenden Überlastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu sprechen. Nach allgemeiner Auffassung stellt jedoch nur eine vorübergehende Überlastung der Verwaltung einen zureichenden Grund i. S. des § 75 VwGO dar (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 75 Rn. 9 m. w. N.). Eine längerfristige Überlastung ist demgegenüber regelmäßig kein zureichender Grund, da ihr mit organisatorischen und personellen Maßnahmen begegnet werden muss (Rennert in Eyermann, a. a. O., m. w. N.). Dennoch ist das Gericht der Auffassung, dass angesichts der derzeit im Asylbereich vorliegenden besonderen Umstände ein zureichender Grund für die Verzögerung des Asylverfahrens der Kläger vorliegt. Denn die Beklagte hat inzwischen – wenngleich möglicher Weise verzögert – auf die erheblich gestiegenen Zahlen der Asylanträge seit dem Jahr 2014 mit personellen und organisatorischen Maßnahmen reagiert. In Anbetracht des mit den Personalneueinstellungen in erheblichem Umfang verbundenen Einarbeitungsbedarfs ist dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jedoch eine Übergangszeit zuzubilligen, bis die getroffenen Maßnahmen nachhaltig zu greifen vermögen. Des Weiteren hat die Beklagte in zulässiger Weise Priorisierungen vorgenommen. Die vorrangige Bearbeitung „älterer“ Asylverfahren, des Weiteren der Asylverfahren von Antragstellern aus Syrien und anderen Ländern mit hoher Anerkennungsquote sowie der Asylanträge von Antragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten steht im Einklang mit Art. 23 Abs. 3 und 4 der Verfahrensrichtlinie a. F. bzw. mit den bereits ab dem 20. Juli 2015 unmittelbar anwendbaren Regelungen des Art. 31 Abs. 7 und 8 Verfahrensrichtlinie n. F. (vgl. Art. 51 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie n. F.).
2.2
Das Gericht hält für die Prüfung und Entscheidung des Asylantrags der Kläger eine Frist von insgesamt 21 Monaten – beginnend mit dem Zeitpunkt des Übergangs in das nationale Asylverfahren am 19. September 2014 – für angemessen.
Das Asylgesetz regelt selbst keine Entscheidungsfrist für das nationale Asylverfahren. Insbesondere folgt eine solche Frist nicht aus § 24 Abs. 4 AsylG. Danach hat das Bundesamt, wenn eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht, dem Ausländer auf Antrag mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird. Diese Vorschrift dient ersichtlich der Umsetzung des Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verfahrensrichtlinie a. F. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Asylbewerber dann, wenn innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung informiert wird oder auf sein Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen unterrichtet wird, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Diese Unterrichtung begründet für den Mitgliedstaat jedoch – dies bestimmt die o.g. Richtlinie ausdrücklich – keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber, innerhalb des Sechsmonatszeitraumes eine Entscheidung zu treffen. § 24 Abs. 4 AsylG kann daher keine Entscheidungsfrist i. S. des § 75 Satz 1 VwGO entnommen werden. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte ist daher zur Bestimmung einer angemessenen Entscheidungsfrist nach der Überzeugung des Gerichtes auf die noch nicht unmittelbar anwendbare Vorschrift des Art. 31 Abs. 3 bis 5 der Verfahrensrichtlinie n. F. abzustellen. Zwar ist die Umsetzungsfrist für diese Vorschriften gemäß Art. 51 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie noch nicht abgelaufen. Eine unmittelbare Anwendung dieser Fristvorschriften verbietet sich daher ebenso wie die Annahme einer Pflicht der mitgliedstaatlichen Behörden, ihr nationales Recht richtlinienkonform auszulegen. Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach klargestellt, dass eine Pflicht zur unmittelbaren Anwendung oder zur richtlinienkonformen Auslegung erst mit Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie entsteht (EuGH, U. v. 4.7.2006 – Adeneler, C-212/04 – juris m. w. N.). Ebenso wenig kann der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Vorwirkung von Richtlinien vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an (EuGH, U. v. 18.12.1997 – Inter-Environnement, C-129/96 – juris; U. v. 4.7.2006 – Adeneler, C-212/04 – juris) derzeit eine entsprechende unmittelbare Wirkung der genannten Fristbestimmungen entnommen werden. Denn die auf Art. 10 EGV a. F. (bzw. jetzt Art. 4 Abs. 3 EUV) gestützte Pflicht des Mitgliedstaates, alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Verwirklichung des Richtlinienziels mit Ablauf der Umsetzungsfrist vereiteln könnten, gebietet den Mitgliedstaaten nicht, in der Richtlinie vorgesehene Bestimmungen über das nationale Verwaltungsverfahren vor Ablauf der vorgesehenen Umsetzungsfrist anzuwenden.
Den Klägern steht aber aus Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Verfahrensrichtlinie a. F. i. V. m. Art. 18 GR-Charta ein Recht auf rasche Prüfung ihres Asylantrags zu. Der Zeitraum, den die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang übereinstimmend bzw. mehrheitlich als angemessen erachten, kann den künftigen Regelungen des Art. 31 Abs. 3 bis 5 Verfahrensrichtlinie n. F. als Minimalkonsens entnommen werden. Danach ist zunächst nach Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 1 Verfahrensrichtlinie n. F. von einer Entscheidungsfrist von sechs Monaten nach der förmlichen Antragstellung bzw. – nach Unterabsatz 2 – nach Bestimmung des für die Prüfung zuständigen Mitgliedstaates auszugehen. Diese 6-Monats-Frist kann nach Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 3b Verfahrensrichtlinie n. F. unter anderem dann um höchstens neun weitere Monate verlängert werden, wenn eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gleichzeitig internationalen Schutz beantragt, so dass es in der Praxis sehr schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist von sechs Monaten abzuschließen. Die sich daraus ergebende 15-monatige Frist kann gemäß Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 4 Verfahrensrichtlinie n. F. ausnahmsweise nochmals um höchstens drei Monate überschritten werden, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass ein „ausreichend begründeter Fall“ vorliegt. Für den Regelfall sieht die Verfahrensrichtlinie in der Neufassung somit eine Entscheidungsfrist von maximal 18 Monaten vor. Des Weiteren besteht nach Art. 31 Abs. 4 Verfahrensrichtlinie n. F. die Möglichkeit, bei einer aller Voraussicht nach vorübergehenden ungewissen Lage im Herkunftsstaat nicht innerhalb der vorgesehenen 18 Monate zu entscheiden. In jedem Fall, d. h. auch im letztgenannten Falle, haben die Mitgliedstaaten jedoch nach Art. 31 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie n. F. das Asylverfahren innerhalb einer maximalen Frist von 21 Monaten nach der förmlichen Antragstellung abzuschließen. Diese 21-monatige Frist stellt somit im Lichte des Art. 18 GR-Charta die zulässige Höchstfrist eines Asylverfahrens dar. Diese Frist darf nach der Überzeugung des Gerichts auch im Rahmen einer zulässigen Priorisierung der Asylverfahren nicht überschritten werden, weil letztere vor dem Hintergrund der Gewährleistungen der GR-Charta nicht dazu führen kann, dass die Entscheidung über Asylanträge anderer Antragsteller, die nicht unter die Vorrangkriterien fallen, auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben wird.
Gerechnet vom 19. September 2014 als Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte steht dieser somit eine Frist zur Entscheidung über den Asylantrag der Kläger bis zum 19. Juni 2016 zu.