Aktenzeichen M 11 S 18.51149
AsylG § 34a
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1, Art. 23 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
GG Art. 6
GRCh Art. 4
Leitsatz
1. Es liegen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien vor, die eine Abschiebung wegen der Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh verbieten (vgl. u.a. OVG SH BeckRS 2018, 6547). (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Vom Begriff des Familienangehörigen nach Art. 2 lit. g Dublin III-VO ist eine Verlobte nicht erfasst, da nicht verheiratete Paare nach deutschem Recht bzw. den hiesigen Gepflogenheiten ausländerrechtlich nicht vergleichbar wie verheiratete Paare behandelt werden. Sowohl im Rahmen des Familienasyls nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als auch im Aufenthaltsrecht ist eine anerkannte Eheschließung erforderlich. Auch der Schutz des Art. 6 GG greift nur bei rechtsgültig geschlossenen Ehen (vgl. VG Düsseldorf BeckRS 2016, 115720). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Erklärungen zur Vaterschaftsanerkennung und zum gemeinsamen Sorgerecht allein begründen keinen Abschiebungsschutz und sind dementsprechend auch im Hinblick auf die Zuständigkeiten der Dublin III-VO hinsichtlich Familienangehöriger nicht von Belang. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern (vgl. BVerfG BeckRS 2008, 04197). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller, nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 8. Januar 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte am 2. Februar 2018 ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) durch behördliche Mitteilung am 2. Februar 2018 schriftlich Kenntnis erlangte und stellte am 7. März 2018 einen förmlichen Asylantrag.
Eine EURODAC-Recherche ergab einen Treffer der Kategorie 1 für Italien (IT1…, Antragstellung 23.06.2015 in Mineo, s. Bl. 2 der Behördenakte). Am 13. März 2018 wurde vom Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet, das nicht beantwortet wurde. Mit E-Mail vom 13. März 2018 wurde der Erhalt des Übernahmeersuchens durch Italien bestätigt (vgl. Bl. 58 ff. der Behördenakte).
Bei der Erstbefragung durch die Regierung … am 5. März 2018 gab der Antragsteller an, er sei nicht verheiratet, aber habe eine Tochter. Seine am 6. Juni 2016 geborene Tochter und deren Mutter, mit der er verlobt sei, lebten in Deutschland. Im Juni 2015 sei er auf dem Seeweg von Libyen nach Italien eingereist. Er sei auf See gerettet und nach Sizilien gebracht worden. Dort habe er frei Monate verbracht, sei dann nach Bologna transferiert worden, wo er sich 14 Tage aufgehalten habe und sei dann nach Rimini gekommen. Dort habe er im Mai 2016 seine Dokumente erhalten. Am 8. Januar 2018 habe er Rimini dann verlassen und sei über die Schweiz nach Deutschland eingereist. Er habe in Italien einen Asylantrag gestellt und Fingerabrücke abgegeben. Er habe in Italien Asyl für fünf Jahre erhalten. Er habe in Italien einen EU-Fremdenpass, eine Permesso di Soggiorno (fünf Jahre gültig bis 2021) und eine Krankenkarte gehabt. Er sei am 8. Januar 2018 in … angekommen, habe sich aber erst am 28. Januar 2018 bei der Polizei gemeldet. Dazwischen habe er sich bei einem Mann aufgehalten. Diesen habe er kennengelernt als er in Deutschland angekommen sei. Dieser habe ihm geholfen und er habe ihn bei sich schlafen lassen. Er habe ihm vertraut und alle Dokumente und Sachen, die er bei sich gehabt habe, bei ihm im Haus aufbewahrt. Dieser Mann habe dann aber angefangen, ihn zu missbrauchen und habe dann irgendwann gesagt, dass er nur Tourist sei und nach Spanien gehen werde. Der Mann habe ihn dann letztendlich hinausgeworfen und der Antragsteller sei daraufhin zur Polizei gegangen. Der Polizei habe er die ganze Geschichte erzählt und die Personalien des Mannes gegeben. Seine Gegenstände und Unterlagen habe er bis jetzt nicht zurückerhalten, bis auf sein italienisches Schulbuch; dies sei das einzige, was er ihm zurückgegeben habe. Insbesondere seien sein EU-Fremdenpass, seine Permesso di Soggiorno sowie seine Krankenkarte bei diesem Mann verblieben.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und zur Zulässigkeit des Asylantrags am 7. März 2018 gab der Antragsteller an, er sei am 8. Juni 2015 von Libyen nach Italien eingereist und habe dort ca. 2,5 Jahre gelebt. Bei der Einreise habe er internationalen Schutz beantragt und auch zuerkannt bekommen. Er sei dann am 8. Januar 2018 über die Schweiz nach Deutschland gereist. Er habe eine Tochter in Deutschland, könne aber keine Nachweise über die verwandtschaftliche Beziehung vorlegen. Sie habe in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Er sei auf ihre Unterstützung und sie auf seine Unterstützung angewiesen.
Bei den Anhörungen zur Zulässigkeit des Asylantrags am 6. April 2018 gab der Antragsteller an, dass er sein Kind hier habe und bei seiner Familie bleiben möchte. Er leide unter keinen Krankheiten, Beschwerden oder sonstigen Gebrechen. Seiner Tochter gehe es auch gut, aber am Tag zuvor habe sie Fieber bekommen. Er liebe Deutschland. Außerdem seien seine Verlobte und seine Tochter in Deutschland. Die Krankheit könne er nicht näher beschreiben. In Italien und in Deutschland sei er nicht in ärztlicher Behandlung gewesen. Atteste oder Nachweise hinsichtlich der Beschwerden habe er nicht. In Italien habe er Medikamente bekommen, in Deutschland nicht. Wie die Medikamente hießen, wisse er nicht. Die Verwaltung im Camp in Italien habe sie ihm gegeben. Er sei in Nigeria einmal eine Nacht im Krankenhaus deswegen gewesen, da sei er ca. 15 Jahre alt gewesen. Dokumente diesbezüglich habe er nicht. Er möchte, dass sein Asylantrag nur in Deutschland behandelt werde. In Deutschland habe er nur seine Verlobte, eigene Kinder habe er keine, auch keine anderen Verwandten. Als Krankheit habe er nur das vorhin angegebene Problem mit dem Magen, andere Krankheiten habe er nicht.
Bei der persönlichen Anhörung nach § 25 AsylG am 6. April 2018 gab der Antragsteller u.a. an, dass er unter keinen Krankheiten leide und keine Medikamente nehme. Der Antragsteller legte sein Busticket der Fahrt von Italien nach Deutschland vor. In Italien habe er einen Asylantrag gestellt und subsidiären Schutz erhalten. Am 8. Januar 2018 habe er im Flixbus aus Italien nach Deutschland einen Deutschen kennengelernt. Er habe ihm über seine Frau und Tochter erzählt. Der Mann habe ihm daraufhin gesagt, dass er ihm helfen würde und er zu ihm kommen solle. Der Antragsteller habe für ihn gearbeitet, die Haushaltsarbeiten gemacht und auch gekocht. Später habe der Mann gefragt, ob der Antragsteller seine Frau und sein Kind vergessen könne und sagte weiter, dass er ihm nicht helfen würde und er ein Tourist sei und nach Spanien gehen wolle und der Antragsteller zur Polizeistation gehen solle. Auf Nachfrage entgegnete der Antragsteller, dass dieser Mann … heiße, aber er kenne weder seinen Vornamen noch seine Adresse. Auch kenne er seine Telefonnummer nicht. Er habe sich fast 20 Tage bei ihm aufgehalten. Dies habe der Antragsteller getan, da der Mann gesagt habe, dass er ihn möge und ihm helfen würde. Auf die Frage, ob der Antragsteller außer arbeiten etwas für ihn habe machen müssen, entgegnete der Antragsteller, dass er keine Wahl gehabt habe, außer ihn anal zu penetrieren. Er habe keine Wahl gehabt, da er fünf Tage auf der Straße geschlafen habe und er ihn gemocht habe. Als im Juni 2016 seine Tochter zur Welt gekommen sei, sei er im August 2016 nach Deutschland gekommen. Er habe fünf oder sechs Tage in Deutschland verbracht. Er habe morgens seine Frau gesehen und abends sei er wieder auf der Straße gewesen.
Mit Bescheid vom 13. April 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da Italien auf Grund des dort gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass der Antragsteller entgegen der bisherigen Erkenntnislage bereits in einem anderen europäischen Staat internationalen Schutz erhalten habe und deshalb die Dublin-III-Verordnung keine Anwendung finden könne, bleibe es gleichwohl bei der Unzulässigkeit des Asylantrags. Die weitere Unzulässigkeit könne auch auf dem erfolglosen Abschluss des früheren Asylverfahrens beruhen, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorlägen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lägen nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK oder Art. 4 EUGrundrechtscharta vorliege. Im Folgenden wurde detailliert näher dargelegt, warum im italienischen Asylsystem keine systemischen Mängel bestünden. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse seien nicht ersichtlich. Insbesondere folge ein solches nicht aus der Wahrung der Familieneinheit gemäß Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK. Zwar habe der Antragsteller angegeben, dass seine Verlobte und seine Tochter in Deutschland seien und er mit diesen zusammenbleiben wolle. Beim vorgetragene Verwandtschaftsverhältnis, nämlich seiner Verlobten, handele es sich um kein solches im Sinn des Art. 2 Buchst. g Dublin III-Verordnung. Aus Verlöbnissen oder sonstigen Partnerschaften, die nicht staatlich registriert und anerkannt seien, ließen sich keine ausländerrechtlichen Ansprüche ableiten, sodass seine Verlobte von dem Geltungsbereich der Definition eines Familienangehörigen innerhalb dieser Vorschrift nicht erfasst sei, sodass jene nicht berücksichtigt werden könne. Ferner habe der Antragsteller bis zum Entscheidungszeitpunkt keinerlei Nachweise über eine bestehende Vaterschaft bzgl. der von ihm genannten Tochter erbracht. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO veranlassen könnten, seien nicht ersichtlich.
Der Antragsteller hat am 26. April 2018 Klage erhoben (M 11 K 18.51148) und gleichzeitig beantragt,
hinsichtlich der Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des Bescheids vom 13.04.2018, Az.: … die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
Zur Begründung nahm der Antragsteller auf seine Angaben beim Bundesamt Bezug und wies zudem darauf hin, dass er Vater einer zweijährigen Tochter sei, die sich ebenfalls in Deutschland aufhalte.
Mit weiterem Schriftsatz vom 18. Mai 2018 ließ der Antragsteller im Wesentlichen noch vortragen, dass seine Tochter am 16. Juni 2016 in … geboren sei. Seine Verlobte habe ebenfalls einen Asylantrag gestellt. Der Antragsteller und seine Verlobte hätten sich auf der Flucht in Libyen kennengelernt. Sie wollen sobald wie möglich heiraten und zusammenleben. Der Antragsteller und seine Verlobte hätten einen Termin zur Anerkennung der Vaterschaft vor dem Jugendamt … am 3. September 2018 erhalten.
Das Bundesamt hat die Akten in elektronischer Form vorgelegt, sich inhaltlich jedoch nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in diesem und im zugehörigen Klageverfahren sowie die Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der nach § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung ist zulässig aber unbegründet.
Entfaltet ein Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Entsprechend diesem Maßstab ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht veranlasst, da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der angefochtene Bescheid erweist sich nach Aktenlage voraussichtlich als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der VO 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO). Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedsstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Mitgliedsstaat bestimmt wird. Die Kriterien finden in der in Kapitel III genannten Rangfolge (Art. 7 ff. Dublin-III-VO) Anwendung. Lässt sich anhand der Kriterien der Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Daneben bestimmt die Dublin-III-Verordnung in Kapitel V (Art. 18 ff. Dublin-III-Verordnung) Pflichten der zuständigen Mitgliedstaaten, deren Verletzung zu einem Übergang von Zuständigkeiten führen kann.
Der Antragsteller ist entsprechend seinem Vortrag von Libyen kommend nach Italien eingereist, so dass nach Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO Italien für seinen dort ausweislich des erzielten EURODAC-Treffers am 23. Juni 2015 gestellten Asylantrag zuständig ist. Im Übrigen wurde dort jedenfalls der zeitlich frühere Asylantrag gestellt, so dass sich die Zuständigkeit Italiens auch aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO ergeben würde. Zudem hat Italien das gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO rechtzeitig gestellte Wiederaufnahmegesuch nach Art. 23 Abs. 1 Dublin III-VO (Empfangsnachweis am 13.03.2018, vgl. Akte Bl. 58 ff.) nicht beantwortet und wäre somit auch im Hinblick auf die sekundären Zuständigkeitskriterien nach Art. 18 ff. Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrags zuständig. Gemäß Art. 25 Abs. 2 der Dublin III-VO ist davon auszugehen, dass einem nicht fristgerecht beantworteten Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Dublin-III-Verordnung die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und den gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen oder die Prüfung abzuschließen.
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in Italien tatsächlich internationalen Schutz erhalten hat, bestehen nicht. Der Vortrag des Antragstellers, sein Asylantrag in Italien sei akzeptiert worden, ist unsubstantiiert und reicht daher nicht aus, um von der Zuerkennung internationalen Schutzes in Italien ausgehen zu können. Dies folgt zum einen daraus, dass der Antragsteller keinerlei Nachweise diesbezüglich vorlegen konnte. Sein Vortrag im Rahmen der Erstbefragung durch die Regierung … am 5. März 2018, im Rahmen der Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 6. April 2018 sowie im Rahmen der persönlichen Anhörung am 6. April 2018, diese seien in der Wohnung eines Deutschen, den er im Flixbus kennengelernt habe und bei dem er nach seiner Ankunft in Deutschland ca. 20 Tage gewohnt habe, sind unglaubhaft. Dies folgt bereits daraus, dass nicht nachvollziehbar ist, wieso und bei welcher Gelegenheit der Antragsteller von diesem Mann gerade sein italienisches Schulbuch wiedererhalten haben soll. Weshalb der Antragsteller nicht insistiert hat, auch seine restlichen Gegenstände zurückzuerhalten, erschließt sich nicht. Auch ist nicht erklärlich, wie und weshalb der Antragsteller, der gemäß seinem Vortrag im Rahmen der Erstbefragung durch die Regierung … am 5. März 2018 sämtliche Gegenstände in der Wohnung dieses Mannes gelassen und nur sein Schulbuch zurückerhalten haben will, im Rahmen seiner persönlichen Anhörung am 6. April 2018 seine Busfahrkarten aus Italien vom Januar 2018 sowie selbst diejenige seines kurzen, ca. fünf Tage langen Aufenthalts in Deutschland im Jahr 2016 vorlegen konnte. Insbesondere ergibt sich aus dem Aufnahmeschein der Regierung … vom 2. Februar 2018 (vgl. Bl. 42 der Behördenakte), dass der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt im Besitz eines Smartphones war. Auch dies steht im Widerspruch zu seinem späteren Vortrag, dass er sämtliche persönlichen Gegenstände in der Wohnung dieses Mannes gelassen und nur ein Schulbuch zurückerhalten habe. Ungeachtet der Tatsachen, dass der Antragsteller keine Nachweise bzgl. einer Zuerkennung internationalen Schutzes vorlegen konnte und seine Erklärungen hierzu unglaubhaft sind, kommt noch hinzu, dass sein Vortrag selbst bereits Zweifel erweckt und nicht schlüssig ist. So trägt er vor, subsidiären Schutz erhalten zu haben. Zudem habe er angeblich einen EU-Fremdenpass und eine Permesso di Soggiorno für fünf Jahre erhalten. Die Ausstellung einer fünfjährigen Aufenthaltserlaubnis passt jedoch nicht zur Zuerkennung von subsidiärem Schutz, da bei letzterem grundsätzlich eine Permesso di Soggiorno für drei Jahre erteilt wird (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Leitfaden Italien, Aktualisierte Fassung Oktober 2014, S. 22, aufgerufen am 06.06.2018 unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/ Downloads/Infothek/Asyl/leitfaden-italien.pdf? blob=publicationFile). Schließlich ist der Vortrag des Antragstellers auch insofern widersprüchlich, als er zunächst (bei der Regierung … am 5. März 2018) angegeben hat, 20 Tage bei diesem Mann gelebt zu haben und nachdem er hinausgeschmissen worden sei, zur Polizei gegangen zu sein und den Vorfall sowie die Personalien gemeldet zu haben. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung am 6. April 2018 trug der Antragsteller vor, dass er ca. 20 Tage bei dem Mann gelebt habe, aber nur seinen Nachnamen und ansonsten weder seinen Vornamen, seine Adresse noch seine Telefonnummer zu kennen. Dies widerspricht zum einen seinem früheren Vortrag vom 5. März 2018, demgemäß er der Polizei den Vorfall und die Personalien des Mannes gemeldet habe. Zum anderen ist dieser Vortrag vom 6. April 2018 bereits in sich widersprüchlich und daher unglaubhaft. Es ist nicht nachvollziehbar, wie es möglich ist, dass der Antragsteller 20 Tage bei jemandem lebt und dann weder dessen Vornamen noch die Adresse kennt. Insbesondere letzteres erschließt sich nicht, da sich der Antragsteller ja gerade fast drei Wochen physisch unter dieser Anschrift aufgehalten haben und übernachtet haben will. Auch ist nicht erklärbar, wie es sein kann, dass der Antragsteller zwar fast drei Wochen bei diesem Mann gelebt und gearbeitet haben soll, er aber seine Telefonnummer nicht kennt. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass der Antragsteller nach diesen behaupteten Vorfällen immer noch im Besitz seines Smartphones war (s.o.), sodass nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen wäre, dass der Antragsteller die Nummer des Mannes zumindest in seinem Smartphone gespeichert hätte. Aufgrund all dessen ist nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller in Italien internationaler Schutz zuerkannt worden ist.
Die Zuständigkeit liegt auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO bei der Antragsgegnerin (oder einem anderen Mitgliedsstaat), weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedsstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) ausgesetzt wäre.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedsstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. zur Dublin-II-VO BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Ls. und Rn. 9).
Entsprechend diesem Maßstab ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein noch. Das Gericht schließt sich zur Situation im Hinblick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte an (vgl. aktuell OVG SH, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – juris Rn. 39 ff.; OVG NW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris Rn. 72 ff.; OVG NW, U.v. 21.6.2016 – 13 A 1896/14.A – juris Rn. 47 ff.), die auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte steht (vgl. EGMR, U.v. 13.1.2015 – Nr. 51428/10; U.v. 30.6.2015 – Nr. 39350/13).
Der Antragsteller hat keine individuelle Gefährdung substantiiert geltend gemacht.
Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, sind nicht ersichtlich.
Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, die über die bereits im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens relevanten Umstände hinausgehen, sind nicht ersichtlich. Insofern wird zunächst gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Begründung des angefochtenen Bescheids verwiesen.
Ergänzend dazu wird klargestellt, dass die in Deutschland befindliche Verlobte des Antragstellers keine Familienangehörige i.S.v. Art. 2 Buchst. g Dublin-III-VO ist. Selbst im Falle, dass ein Eheversprechen beidseitig mit ernsthaftem Willen eingegangen worden ist, folgt eine Zuständigkeit Deutschlands, unabhängig vom Ausgang des Asylverfahrens seiner Verlobten, bereits deshalb nicht aus einer Familienzusammengehörigkeit, da vom Begriff des Familienangehörigen nach Art. 2 Buchst. g) Dublin III-VO – die Verlobte nicht erfasst ist. Denn nach deutschem Recht bzw. den hiesigen Gepflogenheiten werden nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich nicht vergleichbar behandelt wie verheiratete Paare. Sowohl im Rahmen des Familienasyls nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als auch im Aufenthaltsrecht ist eine anerkannte Eheschließung erforderlich; eheähnliche Beziehungen reichen nicht aus. Der Schutz des Art. 6 GG greift nur bei rechtsgültig geschlossenen Ehen (VG Düsseldorf, B. v. 15.12.2016 – 13 L 3994/16.A – beckonline Rn. 12). Eine ausländerrechtlich vergleichbare Behandlung nicht verheirateter Paare wie verheirateter Paare (vgl. Art. 2 Buchst. g Spiegelstr. 1 Dublin-III-Verordnung) sieht das deutsche Recht (mit Ausnahme von Lebenspartnerschaften, vgl. § 27 Abs. 2 AufenthG) nicht vor. Aus sonstigen Partnerschaften, die nicht staatlich registriert und anerkannt sind, können weder aus dem Asylrecht noch aus dem Aufenthaltsrecht Ansprüche abgeleitet werden (vgl. OVG NW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 29 ff. m.w.N.). Darüber hinaus würde eine Anwendung des Art. 2 Buchst. g) Dubliin III-VO schon daran scheitern, dass der Antragsteller und seine Verlobte sich nach dem eigenes Vortrag des Antragstellers in der Klage- bzw. Antragsbegründung vom 18. Mai 2018 in Libyen kennengelernt haben, sodass die Familie nicht bereits im Herkunftsland bestanden hätte.
Im Hinblick auf das Vorbringen der in Deutschland befindlichen Tochter fehlt eine – mangels einer anerkannten Ehe mit der Kindsmutter erforderliche – wirksame (insbesondere mit Zustimmung der Mutter erfolgte, vgl. Wellenhofer in MÜKO BGB, 7. Auflage 2017, § 1592, Rn. 14) Anerkennung der Vaterschaft des Antragstellers. Zwar ist vorgetragen, dass ein derartiger Termin für den 3. September 2018 verienbart worden ist. Entscheidend ist allerdings allein, dass zum relevanten Entscheidungszeitpunkt der Entscheidung über den Antrag (vgl. § 77 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. AsylG) eine derartige Anerkennung nicht vorliegt. Vorsorglich wird zudem darauf hingewiesen, dass Erklärungen zur Vaterschaftsanerkennung und zum gemeinsamen Sorgerecht allein keinen Abschiebungsschutz begründen und dementsprechend auch im Hinblick auf die Zuständigkeiten der Dublin-III-Verordnung im Hinblick auf Familienangehörige nicht von Belang sind. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8.12.2005 2 – BvR 1001/04 – juris). Nach Maßgabe der Anhörung des Antragstellers beim Bundesamt bestehen für eine gelebte Familiengemeinschaft keine Anhaltspunkte. Der Antragsteller lebt in einer Aufnahmeeinrichtung. Seine Verlobte und seine angebliche Tochter leben in einer anderen Gemeinschaftsunterkunft. Auch ergeben sich im Hinblick auf die tatsächliche Verbundenheit der Familienmitglieder bereits deshalb Zweifel, da der Antragsteller lediglich kurz nachdem seine angebliche Tochter geboren worden ist, sich fünf oder sechs Tage in Deutschland aufgehalten hat und sich erst seit Januar diesen Jahres wieder in Deutschland aufhält. Inwieweit innerhalb dieses relativ kurzen Zeitraums von knapp fünf Monaten, zudem bei nicht gelebter Familieneinheit aufgrund unterschiedlicher Unterkünfte, eine Familienverbundenheit zwischen dem Antragsteller und seiner nun zweijährigen Tochter entstehen konnte, die derart stark ist, dass sie ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis darstellt, erscheint mehr als fraglich, braucht jedoch mangels Vorliegen einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung zum Entscheidungszeitpunkt nicht entschieden zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).