Aktenzeichen Au 7 S 17.35640
VwVfG § 51
EMRK Art. 3
Leitsatz
1 Das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung von Fragen zur Sekundärmigration von anerkannten Flüchtlingen (BeckRS 2017, 121936) rechtfertigt nicht die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts, zumal das Bundesverwaltungsgericht hinreichend deutlich gemacht hat, dass gewichtige Gründe dafür sprechen, die Vorlagefrage zu verneinen. (Rn. 35 und 41) (redaktioneller Leitsatz)
2 In Italien anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte werden dort grundsätzlich menschenrechtskonform behandelt und sind in der Lage, ihre Grundbedürfnisse zu decken; insbesondere sind sie in der Gesundheitsversorgung italienischen Staatsbürgern gleichgestellt und habe auch tatsächlich die Möglichkeit des Zugangs zu ausreichender gesundheitlicher Versorgung. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die im Bescheid vom 6. Dezember 2017 verfügte Abschiebungsandrohung nach Italien.
1. Der am … 1982 geborene Antragsteller, ein nigerianischer Staatsangehöriger, meldete sich am 24. Oktober 2015 zusammen mit seiner Frau/Lebensgefährtin, der nigerianischen Staatsangehörigen … (geb.: … 1985), in … als Asylsuchender und stellte am 3. Mai 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen förmlichen Asylantrag, wobei der Antragsteller und seine Frau angaben, keine Ausweisdokumente zu besitzen.
Eine EURODAC-Recherche durch das Bundesamt am 12. Mai 2016 ergab für den Antragsteller zu 1 und seine Frau (…) Treffer der ersten Kategorie für Italien (… und …).
Die zuständige Ausländerbehörde der Stadt … übermittelte dem Bundesamt mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 den Vorgang der Polizeiinspektion … („Weiterleitung von Unterlagen an die Ausländerbehörde“) vom 7. Dezember 2016. Darin unterrichtet die Polizei über folgenden Sachverhalt: Am 6. Dezember 2016 sei die Wohnung der Familie … (Schwester des Antragstellers) in der Asylbewerberunterkunft in,, aufgrund staatsanwaltschaftlicher Anordnung auf Betäubungsmittel durchsucht worden. Bei der Durchsuchung seien die nigerianischen Pässe des Antragstellers und seiner Frau aufgefunden worden, in denen sich in einer Hülle die italienischen Aufenthaltstitel, eine italienische Steuernummer und VISA Karte befunden hätten. Unter anderem wurden folgende Dokumente gefunden:
– Gültiger Nigerianischer Reisepass des Antragstellers (ausgestellt am 17.9.2014 durch die nigerianische Vertretung in …). Der Pass enthält einen Einreise- und Ausreisestempel (Luftweg) Malta vom 12. Oktober 2015 und 16. Oktober 2015 sowie einen Stempel vom Flughafen … (15.10.2015),
– Gültiger Nigerianischer Reisepass der Frau des Antragstellers (ausgestellt am 24.4.2014 durch die nigerianische Vertretung in …).
– Italienische Aufenthaltstitel für den Antragsteller und seine Frau („Permesso die Soggiorno“). Als Art der Aufenthaltsgestattung (Tipo di Permesso) ist eingetragen: „Prot. Sussidaria“. Die am 29. Mai 2014 ausgestellten Aufenthaltstitel (… und …) haben eine Gültigkeitsdauer bis 28. April 2019.
Mit Bescheid vom 20. Januar 2017, der dem Antragsteller und seiner Frau laut Postzustellungsurkunde am 27. Januar 2017 zugestellt wurde, wurden die Anträge als unzulässig abgelehnt (Nr. 1). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 2). Den Antragstellern wurde die Abschiebung nach Italien angedroht, sollten sie die Ausreisefrist von einer Woche nicht einhalten. Es wurde verfügt, dass sie nicht nach Nigeria abgeschoben werden dürfen (Nr. 3). In Nr. 4 wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, die Asylanträge seien gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig, da den Antragstellern in Italien im Rahmen des Asylverfahrens internationaler Schutz gewährt worden sei. Entsprechende Aufenthaltserlaubnisse, welche die Gewährung subsidiären Schutzes dokumentieren, seien durch die Polizei sichergestellt worden.
Gegen diesen Bescheid ließen der Antragsteller und seine Frau am 3. Februar 2017 durch den Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben. Der gleichzeitig gestellte Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde mit Beschluss vom 28. März 2017 (Az.: Au 7 S 17.30519) abgelehnt. Nachdem der Antragsteller und seine Frau die Bundesrepublik Deutschland am 12. Mai 2017 verlassen haben (Mitteilung der … vom 15.5.2017), wurde das Klageverfahren durch den Beschluss vom 2. August 2017 (Az.: Au 7 K 17.30518) eingestellt (fiktive Klagerücknahme nach § 81 AsylG).
2. Am 28. November 2017 stellte der Antragsteller einen Folgeantrag. Zu dessen Begründung führte er in dem entsprechenden Formblatt u.a. aus, er könne für seinen Folgeantrag keine neuen Gründe nennen, die erst nach Abschluss seines Erstverfahrens entstanden seien, und keine neuen Beweismittel oder Dokumente vorlegen.
Eine EURODAC-Recherche durch das Bundesamt ergab für den Antragsteller den bereits im Erstverfahren ermittelten Treffer der Kategorie 1 für Italien (…, Antragsdatum: 9.9.2011) sowie einen weiteren Treffer der Kategorie 1 für Schweden (…), der das Antragsdatum 12. August 2017 ausweist (Bl. 22 der Bundesamtsakte).
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. Dezember 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 2). Dem Antragsteller wurde die Abschiebung nach Italien angedroht, sollte er die Ausreisefrist von einer Woche nicht einhalten. Es wurde verfügt, dass er nicht nach Nigeria abgeschoben werden dürfe (Nr. 3). In Nr. 4 wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Asylantrag sei unzulässig, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG seien nicht erfüllt. Der Antragsteller könne auf Grund des in Italien gewährten internationalen Schutzes keine weitere Schutzgewährung verlangen. Auch sein erneuter Asylantrag wäre gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abzulehnen. Abschiebungsverbote auf Grund der humanitären Situation in Italien lägen nicht vor.
Die Zustellung dieses Bescheids an den Antragsteller mittels Postzustellungsurkunde (PZU) scheiterte, da versehentlich keine Anschrift auf dem PZU-Umschlag angebracht wurde (Bl. 56 bis 59 der Bundesamtsakte). Gleichzeitig wurde eine Kopie des Bescheids (s. Anschreiben vom 8.12.2017, Bl. 55 der Bundesamtsakte) an den Bevollmächtigten des Antragstellers, der ihn in seinem ersten Asylverfahren vertreten hatte, übersandt, die diesem am 11. Dezember 2017 zuging. An den Antragsteller wurde der Bescheid erneut versandt (s. Aktenvermerk vom 22.12.2017, Bl. 59 der Bundesamtsakte) und ihm laut PZU am 27. Dezember 2017 zugestellt.
3. Der Antragsteller ließ am 18. Dezember 2018 durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamts vom 6. Dezember 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfshilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bis 7 AufenthG festzustellen. Die Klage wird unter dem Aktenzeichen Au 7 K 17.35638 geführt.
Gleichzeitig wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung von Klage und Antrag wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Annahme des Gerichts im Erstverfahren, dass dem Antragsteller (und seiner Ehefrau) in Italien weder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK noch eine sonstige konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG drohe, habe sich im Falle des Antragstellers, wenn nicht sogar generell, als falsch herausgestellt. Der Antragsteller und seine Ehefrau hätten auf Anraten des Bevollmächtigten freiwillig die Bundesrepublik Deutschland verlassen und seien nach Italien zurückgekehrt. Dort hätten sie weder von den italienischen Behörden noch von karitativen Organisationen Unterstützung irgendeiner Art erhalten. Lediglich Helfer der evangelischen Kirche hätten ihnen ca. 40 Tage ein Obdach gewährt. In der Folgezeit hätten die Eheleute buchstäblich auf der Straße gelebt und gebettelt, was durch die beiliegenden Fotos belegt werde. Der Antragsteller sei von seiner Ehefrau verlassen worden, da er nicht in der Lage gewesen sei, die Grundbedürfnisse ohne Betteln abdecken zu können. Die in Italien herrschenden Bedingungen für Dublin-Rückkehrer offenbarten grundlegende systemische Mängel im italienischen Asylsystem. Die Situation stelle sich im konkreten Fall so dar, dass durch das Nicht-zur-Verfügung-Stellen von Unterkunft und Verpflegung eine Verletzung von Art. 3 EMRK drohe. Dies sei nach EGMR (Tarakhel-Entscheidung) ausreichend, selbst wenn die Schwelle der systemischen Mängel noch nicht erreicht worden sein sollte. Dem Schriftsatz waren mehrere Fotos beigefügt (K3 bis K8), die die Situation des Antragstellers in Italien belegen sollen.
Die Antragsgegnerin legte am 27. Dezember 2017 die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.
4. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens Au 7 K 17.30518 und Au 7 S 17.30519 sowie die Bundesamtsakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt ohne Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Dass mit der Klage neben dem Anfechtungszusätzlich ein Verpflichtungsbegehren verfolgt wird, das sich in der Hauptsache als unzulässig erweisen wird (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2016 – 1 C 6/16 – NVwZ 2016, 1492-1495, juris; U.v. 27.10.2015 – 1 C 32.14 – BVerwGE 153, 234-246, juris).), ist für das Antragsverfahren unschädlich.
Der Antrag wurde auch fristgerecht innerhalb einer Woche gestellt, § 71 Abs. 4 Halbsatz 2, § 34a Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Bevollmächtigte, der den Antragsteller in seinem ersten Asylverfahren vertreten hat, ist auch für das vorliegende Asylfolgeverfahren bevollmächtigt und damit empfangsberechtigt. Dies hat der Bevollmächtigte durch die in diesem Klage-und Antragsverfahren vorgelegte Vollmacht („Asyl / Aufenthalt“), die vom 27. Dezember 2016 datiert (also im Asylerstverfahren erteilt wurde), bestätigt. Das Bundesamt hat eine Kopie des Bescheids mit Zustellungswillen, wie sich aus dem Anschreiben vom 8. Dezember 2017 (Bl. 55 der Bundesamtsakte) ergibt, an den Bevollmächtigten mit einfachem Brief per Post übermittelt. Der Bevollmächtigte hat die Kopie des Bescheids laut seinem Vortrag auch am 11. Dezember 2017 erhalten. Damit sind etwaige Zustellungsmängel (keine Zustellung per PZU oder mittels Einschreiben, § 31 Abs. 1 Satz 3 AsylG i.V.m. §§ 3, 4 VwZG) gemäß § 8 VwZG geheilt. Nach dieser Vorschrift gilt ein Dokument, wenn sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen lässt oder es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass dem Bevollmächtigten eine – mit dem Original nach Inhalt und Fassung übereinstimmende – Kopie zugesandt wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.4.1997 – 8 C 43.95 – BVerwGE 104, 301; VG Freiburg, U.v. 18.10.2017 – A 3 K 6272/17 – juris Rn. 6).
Ausgehend von der Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheids an den Bevollmächtigten des Antragstellers am 11. Dezember 2017 ist damit der am 18. Dezember 2017 beim Verwaltungsgericht Augsburg eingegangene Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz fristgemäß gestellt (dies gilt auch für die gleichzeitig erhobene Klage).
2. Der Antrag ist aber in der Sache nicht begründet.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids (§ 71 Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
a) Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist der Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrages nach § 71 AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
Vorliegend ist ein Fall eines Folgeantrages nach § 71 AsylG gegeben. Nach § 71 Abs. 1 AsylG liegt ein Folgeantrag u.a. dann vor, wenn der Ausländer nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag stellt. Dies ist hier der Fall. Der erste Asylantrag des Antragstellers wurde unanfechtbar abgelehnt; der (Erst-) Bescheid vom 20. Januar 2017 ist mit der Einstellung des Klageverfahrens durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. August 2017 (Az.: Au 7 K 17.30518) bestandskräftig geworden.
Wiederaufgreifensgründe gem. § 71 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG sind nicht erkennbar.
Die dem (seit 2.8.2017 bestandskräftigen) Bescheid vom 20. Januar 2017 i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG „zugrunde liegende“ Sach- und Rechtslagelage war ausweislich der Begründung in diesem Bescheid diejenige, dass der Antragsteller aus Italien eingereist war und ihm dort der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden war; deshalb wurde sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Hieran hat sich nicht etwa dadurch etwas geändert, dass der Antragsteller im Mai 2017 Deutschland verlassen hat und im November 2017 wieder eingereist ist. Nach Aktenlage besteht der in Italien zuerkannte Status als subsidiär Schutzberechtigter weiterhin, die italienische Aufenthaltsgestattung (permesso di soggiorno) hat eine Gültigkeitsdauer bis zum 28. April 2019.
Zwar sind bezüglich des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG – insbesondere auch angesichts der Situation in Italien – unionsrechtliche Zweifelsfragen aufgetreten, die das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Juni 2017 (Az.: 1 C 26.16, juris) – also vor Eintritt der Bestandskraft des Erstbescheids am 2. August 2017 – zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens veranlasst haben.
Insoweit handelt es sich aber von vornherein nicht um eine „nachträgliche“ Änderung der Sach- oder Rechtslage bzw. um „neue“ Beweismittel. Einem Wiederaufgreifen steht § 51 Abs. 2 VwVfG entgegen, denn § 51 Abs. 2 VwVfG meint das gesamte Verfahren bis zur Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 51 Rn. 131). Es wäre dem Antragsteller möglich gewesen, sein damaliges Klageverfahren – auch von Italien aus – weiterzuführen und ggf. Rechtsmittel gegen ein seine Klage abweisendes Urteil einzulegen, zumal er durch den Bevollmächtigten anwaltlich vertreten war.
Im Übrigen rechtfertigt jedoch das o.g. Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts nicht die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bzw. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um einen Ausgangsbescheid, mit dem ein Asylantrag gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (erstmals) als unzulässig abgelehnt wurde, sondern um einen – mit Blick auf das rechtskräftig abgeschlossene Ausgangsverfahren – Folgeantrag. Insoweit lässt es Art. 33 Abs. 2 Buchst. d) der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) ausdrücklich zu, einen Asylantrag als unzulässig zu behandeln, wenn es sich um einen Folgeantrag handelt, bei dem – wie hier – keine neuen Umstände oder Erkenntnisse zu der Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind. Zudem hat auch der Europäische Gerichtshof wiederholt die Bedeutung betont, die die Rechtskraft sowohl in der Unionsrechtsordnung als auch in den nationalen Rechtsordnungen hat. Zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege sollen nämlich nach Ausschöpfung des Rechtswegs oder nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfristen unanfechtbar gewordene Gerichtsentscheidungen nicht mehr in Frage gestellt werden können (vgl. EuGH, U.v. 10.7.2014 – C-213/13 – Rn. 58 m.w.N.). Mit Blick auf das rechtskräftig abgeschlossene Erstverfahren kann sich der Antragsteller daher nicht in gleicher Weise auf die in Bezug auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG aufgetretenen Zweifelsfragen berufen wie Asylantragsteller, deren Asylantrag erstmals auf der Grundlage dieser Norm abgelehnt wurde. Dies gilt hier umso mehr, als die Frage der Bedingungen für Personen mit internationalem Schutz in Italien, die Hintergrund des vom Bundesverwaltungsgericht eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahrens sind, bereits Gegenstand des ursprünglichen gerichtlichen Verfahrens war (siehe Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28.3.2017 – Au 7 S 17.30519). Mit Blick darauf, dass der Ausschluss eines weiteren Asylverfahrens nach erfolgter Anerkennung in einem anderen Mitgliedstaat auch unionsrechtlich ausdrücklich ermöglicht wird, fällt daher die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus.
Gegen die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes trotz des in Bezug auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahrens spricht schließlich folgendes: Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss vom 17. Januar 2017 (2 BvR 2013/16 – juris Rn. 19) ausgeführt, dass im Anwendungsbereich der Dublin III-VO die Wertung des Europäischen Rechts zu beachten ist, dass grundsätzlich in jedem Mitgliedsstaat angemessene, durch das Unionsrecht vereinheitlichte Aufnahmebedingungen herrschen, die Mindeststandards festlegen (vgl. EuGH, U.v. 7.6.2016 – C-63/15 – Ghezelbash –, juris Rn. 60). Ein überwiegendes Suspensivinteresse werde bei einer unionsrechtlich nicht geklärten Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht im Eilverfahren vorläufig zu Lasten des Asylbewerbers entscheidet, deshalb nur dann zu bejahen seien, wenn besondere, in der Person des Asylbewerbers liegende Gründe die Rücküberstellung in einen anderen Mitgliedsstaat mit der Folge, dass das Hauptsacheverfahren in Deutschland von dort aus betrieben werden muss, unzumutbar erscheinen lassen.
Solche besonderen Gründe sind hier nicht ersichtlich (siehe auch nachfolgend unter b)).
b) Ernstliche Zweifel hat das Gericht auch nicht dahingehend, dass Abschiebungsverbote nach Italien gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint worden sind (Nr. 2 des Bescheids vom 6.12.2017). Das Gericht folgt der Begründung des angefochtenen Bescheids und nimmt hierauf Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Lediglich ergänzend wird noch auf Folgendes hingewiesen:
Ein national begründetes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG ist nicht gegeben. Dem Kläger droht in Italien keine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung. Anders als während des Asylverfahrens, für das die Migranten einen Anspruch auf Betreuung und Unterkunft haben (vgl. Art. 17 bis 19 Aufnahmerichtlinie RL 2013/33/EG) und dem in Italien angesichts der Vielzahl der dort ankommenden Schutzsuchenden nicht immer systemgerecht entsprochen worden ist, gibt Kapitel VII der QualifikationsRL 2011/95/EU (insbesondere Art. 20 bis 33) für anerkannte international Schutzberechtigte lediglich vor, dass sie über dieselben Rechte wie eigene Staatsangehörige beim Zugang zu Wohnraum, Bildung, medizinischer Versorgung, Beschäftigung oder Sozialhilfeleistungen verfügen müssen. Eine staatliche Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung, Versorgung oder Unterbringung aller Einzelpersonen folgt daraus ebenso wenig wie aus den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. EGMR, Urteile vom 4.11.2014, Nr. 29217/12 „Tarakhel“ und vom 5.2.2015, Nr. 51428/10). Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass in Italien anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte grundsätzlich menschenrechtskonform behandelt werden und in der Lage sind, ihre Grundbedürfnisse zu decken; z.B. sind sie in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt und haben auch tatsächlich die Möglichkeit des Zugangs zu ausreichender gesundheitlicher Versorgung. Des Weiteren ist eine in Italien im Einzelfall eventuell drohende Obdachlosigkeit nicht geeignet, generell eine mit den Grundsätzen des europäischen Asylrechts unvereinbare Behandlung anerkannter Flüchtlinge in Italien anzunehmen, zumal Art. 3 EMRK die Signatarstaaten nicht dazu verpflichtet, anerkannten Flüchtlingen eine Wohnungsunterkunft zur Verfügung zu stellen, sie finanziell zu unterstützen oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteile vom 18. Dezember 2014 – C 542/13 – und vom 21. Januar 2011 – 30696/09 -, beide veröffentlicht bei juris). Dass die wirtschaftliche Situation in dem Zielstaat der Überstellung schlechter ist als diejenige in der Bundesrepublik Deutschland, stellt für sich genommen keine Verletzung von Art. 3 EMRK dar.
Eine andere Beurteilung gebietet sich auch nicht vor dem Hintergrund des o.g. Vorlagebeschlusses des BVerwG vom 27.06.2017 – 1 C 26.16 (juris). Denn das BVerwG hat überzeugend ausgeführt, dass gewichtige Gründe dafür sprechen, die Vorlagefrage zu verneinen. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht an und macht sich die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (insbes. Rn. 32 ff.) zur Vermeidung von Wiederholungen zu eigen.
Das Gericht verweist im Übrigen auf seine Ausführungen in dem im Erstverfahren ergangenen Beschluss vom 28. März 2017 (Au 7 S 17.30519), zumal eine maßgebliche Änderung der Verhältnisse in Italien seitdem nicht eingetreten ist und folgt weiterhin der überwiegenden Rechtsprechung, wonach weder Asylbewerber noch anerkannte international Schutzberechtigte tatsächlich Gefahr laufen, in Italien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. OVG NW, B.v. 19.10.2017 – 13 A 1845/17.A – juris, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris und insbesondere U.v. 7.7. 2016 – 13 A 2132/15.A – juris m.w.N.; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 21.2.2014 – 10 A 10656/13.OVG – juris, gegen das das BVerwG mit B.v. 21.5.2014 – 10 B 31/14 – die Revision nicht zugelassen hat; VG Trier, B.v. 20.7.2017 – 5 L 7778/17.TR – juris; VG München, U.v. 6.12.2016 – M 12 K 16.33413 – juris; VG München, B.v. 6.3.2017 – M 17 S 17.33096 – juris; VG Oldenburg, U.v. 17.11.2016 – 1 A 142/15 – juris). Soweit die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertritt, eine Überstellung nach Italien sei unzulässig, weil den Asylantragsteller in Italien im Falle der Zuerkennung internationalen Schutzes unzumutbare Lebensumstände erwarteten (so VGH Baden-Württemberg, B.v. 15.3.2017 – A 11 S 2151/16 – juris), vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen.
Selbst wenn der Antragsteller also bei seinem Voraufenthalt in Italien unter schwierigen Bedingungen hätte leben müssen, so würde dies nicht die Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes rechtfertigen, das dann letztlich für jeden aus Italien eingereisten Ausländer oder dortigen Staatsangehörigen gelten müsste, der wegen finanzieller Schwierigkeiten das Land verlassen hat.
Darüber hinausgehende gravierende persönliche Umstände, die gesondert zu berücksichtigen sein könnten, sind bei dem jungen, gesunden und arbeitsfähigen Antragsteller nicht ersichtlich. Insbesondere bestehen durchgreifende Zweifel an dem Vortrag der Antragstellerseite, dass es dem Antragsteller nicht gelungen sei, nach Verlassen der Bundesrepublik Deutschland in Italien unter menschenwürdigen Umständen zu leben (s. Klage- und Antragsschriftsatz vom 18.12.2017, S. 3/4).
Bereits in dem im Erstverfahren ergangenen Beschluss vom 28. März 2017 (Au 7 S 17.30519) hat das Gericht auf die unwahren Angaben des Antragstellers und seiner Frau, nämlich auf die Unterdrückung ihrer Personaldokumente (nigerianische Reisepässe, italienische Ausweisdokumente, Kreditkarten, italienische Steuernummern etc.) verwiesen und ausgeführt, dass in dem aufgefundenen gültigen nigerianischen Reisepass des Antragstellers Stempel enthalten sind, welche nachweisen, dass er im Oktober 2015 nach Malta und … geflogen ist, was nicht für eine existentielle Bedürftigkeit des Antragstellers während seines Aufenthalts in Italien spreche. Im vorliegenden Verfahren hat die Eurodac-Recherche des Bundesamtes einen weiteren Treffer der Kategorie 1 für Schweden (…) ergeben, der das Antragsdatum 12. August 2017 ausweist (Bl. 22 der Bundesamtsakte). Dies belegt, dass der Antragsteller sich nur recht kurz in Italien aufgehalten hat und offensichtlich die finanziellen Mittel hatte, um nach Schweden weiterzureisen; dies spricht, wie bereits im Erstverfahren ausgeführt wurde, nicht gerade für seine existentielle Bedürftigkeit.
Die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Fotos (Bl. 28/29 der Gerichtsakte), die im Freien schlafende Afrikaner/innen zeigen, sind nicht geeignet, die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG zu belegen. Wie bereits unter a) ausgeführt, ist eine in Italien im Einzelfall eventuell drohende Obdachlosigkeit nicht geeignet, generell eine mit den Grundsätzen des europäischen Asylrechts unvereinbare Behandlung anerkannter Flüchtlinge in Italien anzunehmen und rechtfertigt daher auch nicht die Zuerkennung eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG.
Insbesondere können die vorgelegten Fotos nicht belegen, dass der Antragsteller selbst über einen beachtlichen Zeitraum hinweg obdachlos gewesen wäre. Ein Foto (Anlage K4 / K5, Bl. 28 der Gerichtsakte) zeigt den Antragsteller mit vier großen Koffern (auf zwei Koffern sitzend) neben einem italienischen Fahrkartenautomat. Es erscheint nicht plausibel, dass der Antragsteller unter Mitführung von derart viel Gepäck längere Zeit auf der Straße in Italien gelebt hat.
Völlig unplausibel ist auch die Behauptung der Antragstellerseite, die Ehefrau habe den Antragsteller in Italien verlassen, da dieser nicht in der Lage gewesen sei, die Grundbedürfnisse ohne Betteln abzudecken. Dieser Vortrag weist vielmehr darauf hin, dass die Frau sich offenbar auch ohne Hilfe des Antragstellers in der Lage sah, ihren Lebensunterhalt in Italien zu bestreiten. Dies spricht dafür, dass es auch dem jungen, gesunden und arbeitsfähigen Antragsteller in Italien gelingen wird, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, zumal es ihm auch seit Jahren möglich ist, in ganz Europa herumzureisen.
3. Gegen die Abschiebungsandrohung (§ 71 Abs. 4 Halbsatz 2, § 34a Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 AsylG) und die Ausreisefrist von einer Woche (§ 71 Abs. 4, § 36 Abs. 1 AsylG) bestehen keine rechtlichen Bedenken. Dies gilt auch für die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
Nach allem war der Antrag abzulehnen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).