Aktenzeichen AN 14 K 15.50290
AsylVfG AsylVfG § 34a Abs. 2
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2
RL (EU) 2013/32 Art. 33 Abs. 2 lit. a
GG GG Art. 16a Abs. 1, Abs. 2 S. 1, Art. 19 Abs. 4
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1, § 123 Abs. 1, § 155 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Haben die Kläger bereits in Italien internationalen Schutz erhalten, ist ein erneuter Asylantrag in der Bundesrepublik unzulässig. Darüber hinaus ist Italien ein sicherer Drittstaat iSv § 26a Abs. 1 S. 1 AsylG. (redaktioneller Leitsatz)
Im Falle einer Rücküberstellung nach Italien droht den Klägern weder eine menschenunwürdige noch eine erniedrigender Behandlung. Systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen liegen nicht vor. (redaktioneller Leitsatz)
Eine Abschiebungsandrohung ist rechtswidrig, wenn lediglich eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG in Betracht kommt. § 34a Abs. 1 ist eine Spezialvorschrift zu § 34 Abs. 1 AsylG. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Nummer 2 des Bescheides der Beklagten vom 24. Juni 2015 wird in den Sätzen 1 bis 3 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens haben die Beteiligten jeweils zur Hälfte zu tragen.
Gründe
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten übereinstimmend hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2015, mit dem die Asylanträge der Kläger als unzulässig abgelehnt und ihre Abschiebung nach Italien angeordnet wurde, hat nur teilweise Erfolg. Die Anfechtungsklage ist zulässig und begründet, soweit sie gegen Nummer 2 Sätze 1 bis 3 des streitgegenständlichen Bescheides gerichtet ist (dazu 3), da der Bescheid insoweit rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soweit die Aufhebung von Nummer 2 Satz 4 des Bescheides begehrt wird, ist die Klage unzulässig (dazu 1), soweit sie gegen Nummer 1 gerichtet ist, ist sie zulässig, aber unbegründet (dazu 2).
1.
Für die Anfechtungsklage gegen Nummer 2 Satz 4 des Bescheides des Bundesamtes vom 26.11.2015 fehlt den Klägern die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Kläger werden durch die auf § 60 Abs. 10 Satz 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) beruhende Feststellung, dass für sie ein Abschiebungsverbot nach Äthiopien besteht, nicht beschwert.
2.
Die auf Aufhebung der Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheides gerichtete Klage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Die Beklagte hat die Anträge der Kläger auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie auf Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigte in Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheides zu Recht nach § 60 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG als unzulässig abgelehnt, weil den Klägern bereits in Italien internationaler Schutz zuerkannt worden ist.
2.1
Nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist, wenn sich der Ausländer auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft. Ausgenommen ist damit der Fall, dass bereits im Ausland eine Anerkennung als Flüchtling erfolgt ist (§ 60 Abs. 1 Satz 2
AufenthG). Die Vorschrift des § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gilt über § 60 Abs. 2 Satz 2
AufenthG entsprechend im Zusammenhang mit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Demnach führt eine Zuerkennung internationalen Schutzes durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union zur Unzulässigkeit eines (weiteren) Asylverfahrens bzw. Verfahrens auf Gewährung internationalen Schutzes durch die Beklagte. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist also bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur (erneuten) Feststellung von subsidiärem Schutz oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig (vgl. dazu BVerwG, U. v. 17.06.2014 – 10 C 7.13 -, juris; BayVGH, B. v. 9.11.2015 – 20 B 15.30007 -, juris). Dies entspricht den Vorgaben in Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180,
S. 60), wonach Mitgliedstaaten einen Antrag auf internationalen Schutz nur dann als unzulässig betrachten dürfen, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat.
Vorliegend sind die Kläger von Italien aus nach Deutschland eingereist. In Italien haben sie ein Asylverfahren durchlaufen, das mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgeschlossen wurde. Da die Kläger in Italien internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, hat die Beklagte ihre Anträge zu Recht als unzulässig abgelehnt (§ 60 Abs. 1 Sätze 2 und 3 AufenthG).
2.2
Darüber hinaus ist der Asylantrag der Kläger nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG unzulässig, weil sie aus einem sicheren Drittstaat eingereist sind. Bei Italien handelt es sich um einen sicheren Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 2 AsylG), so dass sich die Kläger nicht auf das Asylgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG berufen können. Anhaltspunkte dafür, dass Italien nicht als sicherer Drittstaat anzusehen ist, sind nach aktueller Auskunftslage nicht gegeben. Nach dem vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung entwickelten „Konzept der normativen Vergewisserung“ ist davon auszugehen, dass in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris Rn. 181). Dieses vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Konzept steht im Einklang mit dem der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems zugrundeliegenden Prinzips des gegenseitigen Vertrauens. Letzteres wiederum beruht auf der Annahme, dass alle beteiligten Staaten – ob Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder entsprechende Drittstaaten – die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage auf der Richtlinie 2011/95/EU, der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention finden, beachten und dass die Mitgliedsstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung gelten, dass die Behandlung eines als schutzberechtigt anerkannten Ausländers in jedem einzelnen dieser Staaten im Einklang mit den genannten Rechten steht (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 – Rs. C-411/10 und C-493/10 -, juris). Danach greift die Regelung der sicheren Drittstaaten nur dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem Konzept der normativen Vergewisserung bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens nicht aufgefangen wird (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 – Rs. C-394/12 -, juris, BVerfG, U. v. 14.5.1996 a. a. O.). Sonderfälle in diesem Sinne entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, wie sie in den bereits erwähnten Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 21.12.2011 (Rs. C 411/10 und C 493/10) und vom 10.12.2013 (Rs. C 394/12) definiert sind. Danach kann ein Asylbewerber einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bzw. Art. 3 der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) ausgesetzt zu werden (vgl. BVerwG, B. v. 6.6.2014 – 10 B 35/14 -, juris).
Nach aktueller Auskunftslage ist nicht davon auszugehen, dass den Klägern im Falle ihrer Rücküberstellung nach Italien eine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta (GRCh) bzw. Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) drohen würde. Auch seitens der Kläger wird hierzu nichts substantiiert vorgetragen. Die Verneinung systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien entspricht zudem obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 – 13a B 13.30295 -, juris; OVG NRW, U. v. 19.5.2016 – 13 A 516/14.A -, juris; Nds.OVG, U. v. 25.6.2015 – 11 LB 284/14 -, juris; VGH Bad.-Württ., U. v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 -, juris; HessVGH, B. v. 28.2.2014 – 10 A 681/13.Z.A. -, juris) sowie ständiger Rechtsprechung der erkennenden Kammer (vgl. u. a. VG Ansbach, U. v. 15.1.2016 – AN 14 K 15.50422 -, juris; U. v. 11.12.2015 – AN 14 K 15.50316 -, juris; U. v. 28.8.2015 – AN 14 K 15.50185 -, juris; B. v. 18.08.2015 – AN 14 S 15.50250; B. v. 13.08.2015 – AN 14 S 15.50244 -, juris).
3.
Allerdings ist die Klage erfolgreich, soweit die Kläger die Aufhebung der in Nummer 2 Satz 1 bis 3 des streitgegenständlichen Bescheides angeordneten Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung begehren. Diese ist rechtswidrig, weil es insoweit an einer Rechtsgrundlage fehlt und die Kläger dadurch in ihren Rechten verletzt werden. In Betracht kam lediglich eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG.
3.1
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Von dieser Möglichkeit hat das Bundesamt vorliegend keinen Gebrauch gemacht, sondern lediglich unter Fristsetzung einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach § 38 Abs. 1 AsylG die Kläger zur Ausreise aufgefordert und ihr für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung als sogenanntes milderes Mittel angedroht. Der Wortlaut des § 34a Abs. 1 AsylG lässt dies eindeutig nicht zu, vielmehr räumt die Regelung dem Bundesamt bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von vornherein kein Ermessen ein. Da es somit an einer Rechtsgrundlage für eine Abschiebungsandrohung fehlt, ist diese objektiv rechtswidrig (vgl. dazu auch BVerwG, B. v. 23.10.2015, 1 B 41/15 – juris; BayVGH, B. v. 23.11.2015 – 21 ZB 15.30237 – juris; VG Berlin, U. v. 30.3.2016 – 23 K 323.14 A – juris; U. v. 4.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris; VG Ansbach, U. v. 12.4.2016 – AN 3 K 16.50013 -, juris; U. v. 14.3.2016 – AN 14 K 15.50509 -, juris; U. v. 5.2.2016 – AN 14 K 15.50478 – juris; VG Regensburg, U. v. 19.4.2016 – Aktenzeichen RO 4 K 15.32008 -, juris; VG Gelsenkirchen, U. v. 19.2.2016 – 2a K 2466/15.A – juris; VG Stade, U. v. 15.12.2015 – 4 A 980/15 -, juris; VG Düsseldorf, U. v. 3.7.2015 – 8 K 2181/15.A – juris; U. v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A -, juris; a.A. VG Schleswig-Holstein, U. v. 4.12.2015 – 10 A 25/15 -, juris).
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Androhung der Abschiebung auch nicht als zulässiges milderes Mittel gegenüber der Anordnung angesehen werden (so auch VG Berlin, U. v. 30.3.2016 – 23 K 323.14 A – juris; U. v. 4.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris; VG Ansbach, U. v. 12.4.2016 – AN 3 K 16.50013 -, juris; U. v. 14.3.2016 – AN 14 K 15.50509 -, juris; U. v. 5.2.2016 – AN 14 K 15.50478 – juris; VG Regensburg, U. v. 19.4.2016 – RO 4 K 15.32008 -, juris; VG Gelsenkirchen, U. v. 19.2.2016 – 2a K 2466/15.A – juris; VG Stade, U. v. 15.12.2015 – 4 A 980/15 -, juris; VG Düsseldorf, U. v. 3.7.2015 – 8 K 2181/15.A – juris; U. v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A -, juris). Dagegen spricht neben dem klaren Wortlaut des § 34 a Abs. 1 AsylG, dass der Gesetzgeber die Formulierung „bedarf es nicht“ in anderen Regelungszusammenhängen so versteht, dass die erwähnte Alternative gerade ausgeschlossen sein soll (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 21. Aufl. 2015, § 68 Rn. 16).
§ 34a Abs. 1 AsylG ist auch aus systematischen Erwägungen als Spezialvorschrift zu § 34 Abs. 1 AsylG anzusehen. Grundsätzlich kann, wenn ein Ausländer abgeschoben werden soll, dem im Ausland bereits internationaler Schutz zuerkannt wurde, nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen (§ 60 Abs. 10 AufenthG). Von dieser Vorschrift sind die Fälle erfasst, in denen der Ausländer über eine von einem Drittstaat zugesprochene Flüchtlingsanerkennung verfügt (§ 60 Abs. 1 Satz 3 3. Alt.
AufenthG) bzw. ihm subsidiärer Schutz zugesprochen wurde (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) und seine Abschiebung in den Drittstaat beabsichtigt ist. Durch die enge Verknüpfung von § 34a Abs. 1 AsylG mit § 26a AsylG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Regelung im Sonderfall der Rückführung in den sicheren Drittstaat keine Geltung beanspruchen soll (vgl. VG Berlin, U. v. 4.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris; VG Düsseldorf, U. v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A – juris). Von entscheidender Bedeutung ist hierbei, dass § 34a AsylG von einer Abschiebungsandrohung absieht, weil eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann (vgl. BT-Drucks. 12/4450, S. 23 sowie OVG NRW, U. v. 30.9.1996 – 25 A 790/96 A – juris, Rn. 35). Der Gesetzgeber hat in § 34a AsylG – abweichend von der grundsätzlichen Aufgabenverteilung im Asylverfahrens- und im Ausländerrecht – das Bundesamt ausdrücklich dazu bestimmt, bereits bei Erlass einer Entscheidung nach den §§ 26a, 27a AsylG auch inländische Vollstreckungshindernisse zu prüfen, um den Ausländer rasch und ohne die Möglichkeit einer entgegenstehenden Entscheidung der Ausländerbehörde abschieben zu können (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 1.12.2012 – 2 S 6.12 – juris; OVG Hamburg, B. v. 3.12.2010 – 4 Bs 223/10 – juris). Das Bundesamt entledigt sich hier dieser in § 34 a AsylG vorgesehenen ausdrücklichen Zuständigkeitsverteilung durch den Ausspruch einer Abschiebungsandrohung zulasten der Kläger, weil bei einer derartigen Konstellation erst die Ausländerbehörde und gerade nicht das Bundesamt für die Prüfung der inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse zuständig wäre (vgl. hierzu VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris, Rn. 38). Für die Kläger besteht hierdurch eine erhebliche tatsächliche und rechtliche Unsicherheit, inwieweit etwaige inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (wie zum Beispiel eine Reise- und Transportunfähigkeit) anerkannt werden oder eben nicht.
Diese der Kompetenzverteilung des Gesetzgebers widersprechende Verlagerung der weiteren Prüfung auf die Ausländerbehörde stellt zudem eine angesichts des Art. 19 Abs. 4 GG bedenkliche Verkürzung des Rechtsschutzes für die Kläger dar, so dass die Androhung gegenüber der Anordnung einer Abschiebung keinesfalls das mildere Mittel ist. Gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG stünde den Klägern aufgrund der mit Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) vorgenommenen Änderung des § 34a Abs. 2 AsylVfG ein deutlich besserer Rechtsschutz gegenüber Abschiebungen auf dieser Grundlage zu. Wird innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung gestellt, ist die Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig (§ 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG). Nach dem bis dahin geltenden Abs. 2 des § 34a AsylVfG durfte demgegenüber die Abschiebung nach Abs. 1 gerade nicht nach § 80 VwGO oder § 123 VwGO ausgesetzt werden. Demgegenüber können Anträge im vorläufigen Rechtsschutz, mit denen im Rahmen von § 34 Abs. 1 AsylG zu berücksichtigende Abschiebungsverbote geltend gemacht werden, nur über § 123 Abs. 1 VwGO verfolgt werden, was den jeweiligen Antragsteller vor deutlich höhere Darlegungshürden stellt (VG Ansbach – U. v. 26.2.2016 – AN 14 K 15.50261 -, juris; VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris, Rn. 39; VG Gelsenkirchen, U. v. 19.2.2016 – 2a K 2466/15.A -, juris).
Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung kann vorliegend auch nicht § 34 Abs. 1 AsylG sein. Danach erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, ihm kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt. § 34 Abs. 1 AsylG kommt jedoch bei Entscheidungen (nur) nach §§ 26a, 27a AsylG nicht zur Anwendung. Lehnt das Bundesamt einen Asylantrag – wie hier – nur nach § 26a AsylG ab, ist nach § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG lediglich festzustellen, dass dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht. Diese Entscheidung ist nach § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG „zusammen“ – das heißt zeitgleich – mit „der Abschiebungsanordnung nach § 34a“ zu treffen und dann „dem Ausländer selbst zuzustellen“. Nach der Gesetzessystematik besteht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Asylversagung wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§26a AsylG) bzw. der Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 27a AsylG) und der Anordnung der Abschiebung in diesen Staat nach § 34a AsylG (OVG NRW, B. v. 25.9.2000 – 18 B 1783/99 -, juris Rn. 11 und 21 und U. v. 30.9.1996 – 25 A 790/96 A – juris Rn. 9). In derartigen Konstellationen nimmt das Bundesamt keine sachliche Prüfung eines Asylantrags vor, sondern verweist den Asylbewerber lediglich auf die Zuständigkeit eines anderen bzw. eines sicheren Drittstaates. Hier soll allein Raum für eine Abschiebungsanordnung sein, was indiziert, dass § 34a AsylG bei einer Entscheidung (nur) nach den §§ 26a, 27a AsylG gegenüber § 34 Abs. 1 AsylG spezieller ist (VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris).
Dies zeigt sich auch daran, dass der Erlass einer Abschiebungsandrohung – anders als der einer Abschiebungsanordnung – nur möglich ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG), was vom Bundesamt festzustellen ist. Demgegenüber darf das Bundesamt bei Entscheidungen nach §§ 26a, 27a AsylG die in § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen jedoch gerade nicht prüfen (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG), weil es allein die Zulässigkeit des Asylantrags zu überprüfen hat. So hat das Bundesamt auch im vorliegenden Fall lediglich eine Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des Asylantrags getroffen. Dies ergibt sich eindeutig aus dem streitgegenständlichen Bescheid. Insofern passt das Prüfprogramm des § 34 Abs. 1 AsylG von vornherein nicht zu der hier gegebenen Konstellation des § 26a AsylG (VG Berlin, U. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris). Nur wenn die Durchführung der Abschiebung im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht möglich ist, ist § 31 Abs. 4 AsylG nicht einschlägig mit der Folge, dass nicht nach dem reduzierten, sondern gemäß § 31 Abs. 2 und 3 AsylG nach dem „gewöhnlichen Entscheidungsprogramm“ über den Asylantrag zu befinden ist. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben (VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris).
3.2
Durch die rechtswidrige Abschiebungsandrohung in Nummer 2 des Bescheides der Beklagten vom 24. Juni 2015 werden die Kläger auch in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da – wie bereits festgestellt – ihre Rechtsschutzmöglichkeiten hinsichtlich der Prüfung inländischer Vollstreckungshindernisse hierdurch erheblich eingeschränkt werden (vgl. VG Berlin, U. v. 30.3.2016 – 23 K 323.14 A – juris; U. v. 4.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris; VG Ansbach, U. v. 12.4.2016 – AN 3 K 16.50013 -, juris; U. v. 14.3.2016 – AN 14 K 15.50509 -, juris; U. v. 5.2.2016 – AN 14 K 15.50478 – juris; VG Regensburg, U. v. 19.4.2016 – Aktenzeichen RO 4 K 15.32008 -, juris; VG Gelsenkirchen, U. v. 19.2.2016 – 2a K 2466/15.A – juris; VG Stade, U. v. 15.12.2015 – 4 A 980/15 -, juris; VG Düsseldorf, U. v. 3.7.2015 – 8 K 2181/15.A – juris; U. v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A -, juris). Das Bundesamt entzieht sich durch den Erlass einer Abschiebungsandrohung seinem ihm gesetzlich zugewiesenen Prüfungsauftrag hinsichtlich des Bestehens inländischer Abschiebungshindernisse. Während derartige Vollstreckungshindernisse beim Erlass einer Abschiebungsanordnung unmittelbar von dieser Behörde geprüft werden müssen, nimmt das Bundesamt in der hiesigen Konstellation diese Prüfung nicht vor. Liegen solche Hindernisse aber vor, kann der betroffene Asylsuchende diese – wie bereits ausgeführt – nur gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen und vorläufigen Rechtsschutz im Streitfall nur nach § 123 Abs. 1 VwGO erreichen. Auch die Verlängerung der Ausreisefrist um 30 Tage vermag diese Beeinträchtigung nicht zu kompensieren (ebenso VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906/14 A – juris).
Offen bleiben kann deshalb, ob der Abschiebung auch ein – vom Bundesamt bei Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG zu prüfendes inländisches Vollstreckungshindernis entgegensteht.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.