Verwaltungsrecht

“Verfolgung” nach Fußballspiel durch gegnerische Mannschaft stellt keinen asylrechtlich relevanten Verfolgungsgrund dar

Aktenzeichen  AN 2 K 16.31145

Datum:
1.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 3a, § 3b, § 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Bedrohung durch Spieler einer gegnerischen Fußballmannschaft nach einem “Siegtreffer” stellt keinen asylrechtlich relevanten Verfolgungsgrund dar. (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch wenn die Sicherheitslage im Irak stark angespannt ist, und es in Kurdistan-Irak zu terroristischen Anschlägen kommt, kann derzeit weder landesweit noch in Kurdistan-Irak ein innerstaatlicher oder internationaler bewaffneter Konflikt festgestellt werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 29. Juli 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus im Sinne von § 4 AsylG und auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Das Gericht nimmt zur Begründung dieses Urteils vorab Bezug auf den ausführlichen und zutreffend begründeten streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes, § 77 Abs. 2 AsylG.
Ergänzend wird, auch unter Berücksichtigung der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2016, noch ausgeführt:
Der Kläger ist nicht als Asylberechtigte im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG anzuerkennen, da er nach eigenen Angaben über den Landweg in die Bundesrepublik eingereist ist. Gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG kann sich der Kläger daher nicht auf das Asylgrundrecht berufen, da nach momentaner Rechtslage alle an die Bundesrepublik angrenzende Staaten entweder Staaten der Europäischen Union oder sichere Drittstaaten nach Art. 16a Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. Anlage I zu § 26a AsylG sind.
Das Bundesamt hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger kein Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG ist. Gemäß § 3 AsylG ist ein Ausländer ein Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Der Kläger hat vorgetragen, von einem Spieler einer gegnerischen Fußballmannschaft und dessen Mittätern bedroht und geschlagen worden zu sein. Unabhängig davon, ob es sich hierbei um Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG handelt, verwirklicht der Kläger kein Verfolgungsmerkmal im Sinne von § 3b Abs. 1 AsylG und wird ihm von den Tätern auch kein Verfolgungsmerkmal zugeschrieben, vgl. § 3b Abs. 2 AsylG. Der Kläger gibt an, er wisse nicht, warum er bedroht und geschlagen wurde. Allenfalls könne sein Siegtreffer in dem vorangegangenen Fußballspiel der Grund sein. Dies stellt keinen asylrechtlich relevanten Verfolgungsgrund dar.
Ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes im Sinne von § 4 AsylG besteht nicht, da dem Kläger in seinem Herkunftsland, insbesondere in seiner Herkunftsregion, kein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG droht. In der Herkunftsregion des Klägers, in Kurdistan-Irak, liegt kein innerstaatlich bewaffneter Konflikt vor. Von einem innerstaatlichen Konflikt im Sinne dieser Vorschrift ist auszugehen, wenn die regulären Streitkräfte eines Staates auf eine oder mehrere bewaffnete Gruppen treffen oder wenn zwei oder mehrere bewaffnete Gruppen aufeinandertreffen (EuGH, U.v. 30.1.2014 – C-285/12 – juris Rn. 35). Dem Ausländer droht dann ein ernsthafter Schaden auf Grund des Konflikts, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (EuGH, U.v. 30.1.2014 – C-285/12 – juris Rn. 30). Zwar ist die Sicherheitslage im Irak stark angespannt und kommt es auch in der Herkunftsregion des Klägers zu terroristischen Anschlägen. Gleichwohl geht das erkennende Gericht davon aus, dass derzeit weder landesweit noch in der Herkunftsregion des Klägers ein innerstaatlicher oder internationaler bewaffneter Konflikt festgestellt werden kann. Die angespannte Sicherheitslage resultiert vielmehr aus inneren Unruhen und Spannungen, die aber nicht die Intensität und Dauerhaftigkeit eines Bürgerkriegs aufweisen. Das erkennende Gericht sieht unter Zugrundelegung der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Kläger als Zivilperson bei seiner etwaigen Rückkehr in den Irak, speziell in seine Herkunftsregion, allein durch seine Anwesenheit in dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer hier verfahrensrelevanten Bedrohung ausgesetzt zu sein.
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG liegen nicht vor. Das Gericht bezieht sich insoweit auf die Feststellungen und die Begründung des angefochtenen Bescheids, da der Kläger auch im Rahmen des Gerichtsverfahrens keine darüber hinausgehenden, maßgeblichen Gesichtspunkte vorgetragen hat und das Gericht den Ausführungen des Bundesamtes folgt, § 77 Abs. 2 AsylG.
Die in Ziffer 5) des Bescheides vom 29. Juli 2016 ausgesprochene Abschiebungsandrohung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG und ist rechtmäßig, da die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Die im Rahmen von § 11 Abs. 3 AufenthG zu treffende Ermessensentscheidung über die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ist nicht zu beanstanden, § 114 Satz 1 VwGO.
Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

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