Verwaltungsrecht

Verlustfeststellung

Aktenzeichen  AN 5 K 18.01791

Datum:
4.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2383
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FreizügG/EU § 6 Abs. 1, Abs.2
FreizügG/EU  § 4a
StGB § 64
VwGO § 102 Abs. 2,§ 113 Abs. 1 S.1 , § 117 Abs. 5
EMRK Art. 8
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1
VwGO § 67 Abs. 2 S. 2 Nrn. 3, Nr.7,§ 114 S. 1,  § 117 Abs. 5
AEUV Art. 45 Abs. 3

 

Leitsatz

Auch eine Vielzahl von Eigentumsdelikten (Ladendiebstählen) ist geeignet, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU zu begründen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens des Klägers entschieden werden, da dieser zum Termin ordnungsgemäß, unter Hinweis auf die Folgen des Nichterscheinens, geladen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 30. August 2018 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die in Ziffer I verfügte Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt für die Bundesrepublik Deutschland ist ebenso wenig zu beanstanden wie die in Ziffer III und IV verfügten Annexentscheidungen. Ebenso begegnet die unter Ziffer II verfügte Befristung der Wirkungen der Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts auf die Dauer von fünf Jahren ab Ausreise/Abschiebung keinen rechtlichen Bedenken.
Die nach pflichtgemäßem Ermessen ausgesprochene Verlustfeststellung gemäß § 6 Abs. 1 und Abs. 2 FreizügG/EU erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U.v. 16.7.2015 – 1 C 22/14 – juris Rn. 11) als rechtmäßig.
Die Beklagte geht zu Gunsten des Klägers, allerdings ohne die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU im Einzelnen zu prüfen, davon aus, dass der Kläger schon auf Grund seiner italienischen Staatsangehörigkeit ein freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger ist.
Rechtsgrundlage der Verlustfeststellung ist vorliegend § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU i.V.m. § 6 Abs. 2 FreizügG/EU, denn die Beklagte geht zutreffend davon aus, dass der Kläger den besonderen Schutzstatus nach § 6 Abs. 4 FreizügG/EU mangels Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a FreizügG/EU nicht innehat. Nach Aktenlage ist der Kläger zuletzt am 20. Oktober 2015 in das Bundesgebiet eingereist. Zwar hat der Kläger bereits früher in Deutschland gelebt. Diese Zeiten sind jedoch bei der Ermittlung eines Daueraufenthaltsrechts vorliegend nicht zu berücksichtigen, denn nach dem Wortlaut des § 4a FreizügG/EU muss der Aufenthalt des Freizügigkeitsberechtigten ununterbrochen bestanden haben („seit“) (vgl. Bergmann/Dienelt/Die-nelt, 12. Aufl. 2018, FreizügG/EU § 4a Rn. 19). Die Abwesenheitszeiten des Klägers sind vorliegend auch nicht nach § 4a Abs. 6 FreizügG/EU für den Erwerb des Daueraufenthaltsrechts als irrelevant anzusehen.
Auch den besonderen Status des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU hat der Kläger nicht erworben, weil er seinen Aufenthalt nicht in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet hatte.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts eines Unionsbürgers auf Einreise und Aufenthalt (§ 2 Abs. 1 FreizügG/EU) aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit festgestellt werden. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU genügt die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung für sich allein nicht, um die in § 6 Abs. 1 FreizügG/EU genannten Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen. Es dürfen nach § 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen berücksichtigt werden, und diese nur insoweit, als die ihnen zu Grunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, § 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU. Entscheidend ist dabei allein, ob das persönliche Verhalten des Betroffenen auf die konkrete Gefahr von weiteren schweren Störungen der öffentlichen Ordnung hindeutet. Das kann auch dann der Fall sein, wenn eine Vielzahl von kleineren Straftaten vorliegt, welche für sich allein genommen nicht geeignet sind, eine hinreichend schwere Gefährdung der Gesellschaft zu begründen (vgl. VG Hamburg, B.v. 22.3.2012 – 19 E 448/12 – juris Rn. 22 unter Bezugnahme auf EuGH, U.v. 4.10.2007 – C-349/06, „Polat“ – juris Rn. 28 ff.).
Für die Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU erforderlich und ausschlaggebend sind nach den dargestellten Grundsätzen die unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Bewertung des persönlichen Verhaltens des Freizügigkeitsberechtigten und die insoweit anzustellende aktuelle Gefährdungsprognose. Dabei steht es den Ausländerbehörden und Gerichten nicht frei, von einem früheren Verhalten ohne weiteres auf eine aktuelle Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu schließen. Auf der anderen Seite besagt das Erfordernis einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Ordnung nicht, dass eine gegenwärtige „Gefahr“ im Sinne des deutschen Polizeirechts vorliegen müsste, die voraussetzt, dass der Eintritt des Schadens sofort und nahezu mit Gewissheit zu erwarten ist. Es verlangt vielmehr eine hinreichende, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach dem Ausmaß des möglichen Schadens und dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu differenzierende Wahrscheinlichkeit, dass der Ausländer künftig die öffentliche Ordnung im Sinne des Art. 45 Abs. 3 AEUV beeinträchtigen wird. Hierbei ist eine individuelle Würdigung der Umstände des Einzelfalles erforderlich (BVerwG, U.v. 3.8.2004 – 1 C 30/02 – juris Rn. 26). Es ist unter anderem zu prüfen, ob eine etwaige Verbüßung der Strafe erwarten lässt, dass der Unionsbürger künftig keine die öffentliche Ordnung gefährdende Straftaten mehr begehen wird (BVerwG, U.v. 3.8.2004 – 1 C 30/02 – juris Rn. 26).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungen und Verlustfeststellungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. BVerwG, U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris, Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (BayVGH, U.v. 30.10.2012 – 10 B 11.2744 – juris, Rn. 33). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U.v.4.10.2012 – 1 C 13.11 – Rn. 18; BayVGH, B.v. 8.3.2016 – 10 B 15.180 – juris Rn. 31). Bei Straftaten, die auch auf der Suchterkrankung des Ausländers beruhen, kann von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr zudem nicht ausgegangen werden, solange der Ausländer nicht eine Drogentherapie beziehungsweise eine andere Suchttherapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat. Angesichts der erheblichen Rückfallquoten während einer andauernden Drogentherapie und auch noch in der ersten Zeit nach dem erfolgreichen Abschluss einer Drogentherapie kann allein aus der begonnenen Therapie noch nicht auf ein künftiges straffreies Leben geschlossen werden (BayVGH, B.v. 26.11.2015 – 10 ZB 14.1800 – juris Rn. 7; B. v. 13.5.2015 – 10 C 14.2795 – juris Rn. 4; B.v. 21.2.2014 – 10 ZB 13.1861 – juris Rn. 6). Selbst eine erfolgreich abgeschlossene Drogentherapie schließt eine Rückfall- und Wiederholungsgefahr nicht per se aus (BayVGH, B.v. 24.5.2012 – 10 ZB 11.2198 – juris Rn. 13).
Gemessen an diesen Grundsätzen geht die Kammer davon aus, dass nach dem persönlichen Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass von ihm auch künftig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Die Gefahrenprognose wird konkret durch das Verhalten des Klägers im Bundesgebiet getragen. Der Kläger ist seit seiner letzten Einreise im Oktober 2015 kontinuierlich durch die Begehung von Diebstählen aufgefallen. So wurde er mit Urteil des Amtsgerichts … vom 2. Februar 2018 wegen 15 Fällen des (Laden-)Diebstahls allein im Zeitraum Januar 2017 bis Oktober 2017 verurteilt. Dabei entwendete der Kläger in Supermärkten in einem Fall 9 Flaschen Wodka, in einem anderen Fall 16 Flaschen Schnaps und in einem weiteren Fall 16 Flaschen Wodka und Gin. Der Wert der Beute reichte von wenigen Euro bis zu über 1.000 EUR bei einem Kaufhausdiebstahl (eine Baseballkappe, 4 Fitnesstracker, eine Fitnessuhr, 4 Wollmützen, ein paar Handschuhe und ein Zahlenschloss). Teilweise beging der Kläger mehrere Diebstähle innerhalb eines Tages. Auch nach Erlass der streitgegenständlichen Verfügung wurde der Kläger wieder wegen Diebstahls auffällig. Das Strafgericht bejahte zugunsten des Klägers einen symptomatischen Hang zwischen Straftaten und Betäubungsmittelabhängigkeit. Unbehandelt bestehe die große Gefahr, dass der Kläger wieder straffällig werde und Diebstähle begehe, um seine Heroinsucht zu finanzieren. Die Heroinsucht sei manifest und bestehe schon seit Jahren.
Zwar ist das Rechtsgut Eigentum, das durch die Taten des Klägers angegriffen wurde, im Verhältnis etwa zu den Rechtsgütern Leib und Leben grundsätzlich als weniger schutzwürdig einzustufen. Vorliegend sprechen aber sowohl die Höhe der gegen den Kläger zuletzt verhängten Strafe (insgesamt 2 Jahre und 6 Monate Freiheitsstrafe) ebenso für eine Wiederholungsgefahr, wie die Umstände der konkreten Tatbegehungen. Allein der dargestellte Umfang der jeweiligen Diebstähle zeigt, dass der Kläger völlig ungehemmt vorgegangen ist und für ihn eine mögliche Entdeckungsgefahr keine Rolle spielte. Auch zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang die extrem hohe Frequenz, mit der der Kläger straffällig wurde. Schließlich sprechen auch die Persönlichkeit des Klägers sowohl zum Zeitpunkt der Anlassverurteilung, wie auch deren Weiterentwicklung eindeutig für eine entsprechende Wiederholungsgefahr.
Die Therapie des Klägers wurde nach ca. 5 Monaten abgebrochen, um dem Kläger nach Unterbrechung der Unterbringung einen therapeutischen Neustart zu ermöglichen. Die Staatsanwaltschaft … nimmt in ihrer Entscheidung vom 9. Oktober 2018 Bezug auf eine Stellungnahme des Bezirksklinikums … vom 27. September 2018, wonach beim Kläger eine „Motivationsüberprüfung“ zu erfolgen habe. Aus dieser Aussage ist zu schließen, dass der Kläger nicht in hinreichendem Maße therapiewillig war. Unabhängig davon ist aufgrund der objektiv abgebrochenen Therapie nach wie vor von einer manifesten Drogensucht des Klägers auszugehen. Frühere Therapiebemühungen des Klägers sind im Ergebnis ebenfalls erkennbar erfolglos geblieben.
Schließlich spricht für eine Wiederholungsgefahr, dass auch eine im Jahr 2003 verfügte Ausweisung und die anschließende Abschiebung des Klägers und seine Fernhaltung aus dem Bundesgebiet für die maximal zulässige Dauer von 10 Jahren keine Verhaltensänderung bewirkt hat. Vielmehr ist der Kläger unmittelbar nach Wiedereinreise erneut straffällig geworden. Dass der Kläger ohne Schulabschluss, ohne Beruf und ohne Arbeit ist, begründet ebenfalls die Gefahr weiterer Beschaffungskriminalität. Vor diesem Hintergrund bejaht die Kammer mit der Beklagten eine massive Rückfallgefahr in strafbares Verhalten, namentlich Eigentumsdelikte.
Die Beklagte hat bei Erlass der Verlustfeststellung das ihr eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Im Rahmen der gebotenen Ermessensentscheidung ist abzuwägen, ob das öffentliche Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung das private Interesse des Unionsbürgers an seinem Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt (BVerwG, U.v. 3.8.2004 – 1 C 30/02 – juris Rn. 27). Es ist insoweit der nach Art. 6 GG und Art. 8 EMRK garantierte Schutz des Familienfriedens zu Gunsten des Unionsbürgers zu beachten. Hierbei sind gemäß § 6 Abs. 3 FreizügG/EU insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
Das Gericht kann die Ermessensentscheidung der Beklagten gemäß § 114 Satz 1 VwGO lediglich darauf hin überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Gemessen an diesen Vorgaben ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ermessensfehlerfrei festgestellt, dass das öffentliche Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung das private Interesse des Unionsbürgers an seinem Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt. Sie hat in ihrer Ermessensentscheidung zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger nach Aktenlage über keine schützenswerte familiäre oder sonstige Bindungen Bundesgebiet verfügt. Vielmehr leben die Eltern und die minderjährige Tochter des Klägers in Italien. Der aktuelle Aufenthalt der Geschwister in Deutschland fällt nicht ins Gewicht. Auch stellt die Beklagte zutreffend fest, dass eine wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Integration des Klägers nicht erfolgt ist. Es wurde gesehen, dass der Kläger große Zeitabschnitte seines Lebens in Italien verbracht hat. Auch unter Berücksichtigung des Art. 6 GG und des Art. 8 EMRK ist die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts des Klägers nicht unverhältnismäßig. Die Beklagte hat daher in rechtlich nicht zu beanstandender Weise das öffentliche Interesse an einer Beendigung des Aufenthalts des Klägers höher gewichtet, als dessen Interesse, weiterhin im Bundesgebiet zu leben.
Die Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise ist ebenfalls rechtmäßig. Die Frist, das Bundesgebiet innerhalb von einem Monat nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu verlassen, erscheint angemessen. Dies gilt auch für die ausgesprochene Abschiebungsandrohung für den Fall, dass der Kläger seiner Ausreiseverpflichtung innerhalb der gesetzten Frist nicht freiwillig nachkommt.
Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die in Ziffer II des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf die Dauer von fünf Jahren ab Ausreise/Abschiebung. Rechtsgrundlage ist insoweit § 7 Abs. 2 FreizügG/EU. Dabei ist jeweils auf die aktuelle Tatsachenlage im Zeitpunkt der Überprüfungsentscheidung abzustellen (EuGH, U.v. 17. Juni 1997 – C-65/95, C-111/95 – Rn. 39 ff.). Die Frist ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU – wie hier – überschreiten (§ 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU). Eine Höchstfrist für Verlustfeststellungen nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU ist nicht vorgesehen (BVerwG, U.v. 25.3.2015 – 1 C 18/14 – juris Rn. 23). Die Beklagte geht zutreffend davon aus, dass von dem Kläger auch künftig Straftaten zu erwarten sind und dass eine zeitnahe Befristung im Hinblick auf die von dem Kläger ausgehende Wiederholungsgefahr hinsichtlich neuer Straftaten den Verlustfeststellungszweck konterkarieren würde. Die Beklagte kommt unter Berücksichtigung aller für und gegen den Kläger sprechenden bekannten Umstände zum Ergebnis, die Wirkung der Verlustfeststellung auf die Dauer von fünf Jahren ab Ausreise/Abschiebung zu befristen. Diese Frist erscheint auch der Kammer im Hinblick auf die von dem Kläger ausgehenden Gefahren keinesfalls unangemessen, insbesondere unverhältnismäßig.
Im Übrigen folgt die Kammer gemäß § 117 Abs. 5 VwGO den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheids und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

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