Verwaltungsrecht

Wiederaufgreifen des Verfahrens

Aktenzeichen  10 C 15.1837

Datum:
6.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EG Art. 10 aF
EUV EUV Art. 4 Abs. 3
GlüStV GlüStV § 3 Abs. 1, Abs. 2, § 4 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4, § 9 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 Nr. 3
BayVwVfG BayVwVfG Art. 9, Art. 48, Art. 51 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2, Abs. 5

 

Leitsatz

1. Voraussetzung für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ist neben dem Antrag des Betroffenen dessen durch den (aufzuhebenden) Verwaltungsakt begründete Beschwer; antragsbefugt ist deshalb nur der durch den Verwaltungsakt (noch) belastete Betroffene. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine nachträgliche Änderung der Rechtslage zu Gunsten des Betroffenen liegt vor, wenn eine Änderung des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, bezüglich der für den Erlass dieses Verwaltungsakts erheblichen Voraussetzungen vorliegt. Eine Änderung der Rechtsprechung führt eine solche Änderung der Rechtslage grundsätzlich nicht herbei. Dies gilt nicht nur für die Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte und des BVerfG, sondern auch für die Rechtsprechung des EuGH.  (redaktioneller Leitsatz)
3. Der in Art. 10 EG (jetzt: Art. 4 Abs. 3 EUV) verankerte Grundsatz der Zusammenarbeit verpflichtet eine Verwaltungsbehörde auf entsprechenden Antrag hin, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um der vom EuGH vorgenommenen Auslegung der einschlägigen Bestimmung Rechnung zu tragen, (nur) wenn die Behörde nach nationalem Recht befugt ist, diese Entscheidung zurückzunehmen, und die Entscheidung infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden ist (wie EuGH BeckRS 2004, 77335 – Kühne & Heitz).   (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Mit der Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, ihm für seine Verpflichtungsklage auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG und Aufhebung des Untersagungsbescheids der Regierung von Mittelfranken vom 27. Januar 2009, hilfsweise Verpflichtung des Beklagten, ihm das Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 51 BayVwVfG zu gewähren, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte dem Kläger untersagt, öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der unter www.winyourhome.de hinterlegten Weise (Hausverlosung) über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln, und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro angedroht. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden, weil der Kläger seine dagegen gerichtete Klage zurückgenommen hat; das Klageverfahren ist daraufhin mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 11. September 2009 (M 22 K 09.304) eingestellt worden.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren mit Beschluss vom 10. Juli 2015 zu Recht abgelehnt, weil die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (a. F., vgl. § 40 EGZPO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 [BGBl I S. 3533]) nicht vorliegen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung (1.) bot zum maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, B. v. 10.2.2016 – 10 C 15.849 – juris Rn. 3 m. w. N.) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (2.). Bewilligungs- oder Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§ 166 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F.; BayVGH, B. v. 10.2.2016 a. a. O.) ein, also im vorliegenden Fall mit Eingang der Klageerwiderung des Beklagten beim Verwaltungsgericht am 26. September 2011 bzw. spätestens nach der Klarstellung des Klägers mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2011, dass er eine unbedingte Klage erhoben habe. Da sich die Sach- und Rechtslage nicht zugunsten des Klägers geändert hat, ändert sich die Beurteilung der Erfolgsaussichten seiner Klage auch nicht, wenn man – wie das Verwaltungsgericht – auf den späteren Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag abstellt.
1. Gegenstand der Klage und das von Amts wegen nach § 88 VwGO zu ermittelnde Rechtsschutzziel des Klägers (vgl. z. B. BVerfG, B. v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – juris Rn. 37 m. w. N.) ist (allein) die begehrte Verpflichtung des Beklagten, dass gemäß Art. 51 BayVwVfG das unanfechtbar abgeschlossene Verwaltungsverfahren (s. Art. 9 BayVwVfG) erneut eröffnet wird, um in der Sache neu zu entscheiden und den bestandskräftigen Untersagungsbescheids der Regierung von Mittelfranken vom 27. Januar 2009 aufzuheben (vgl. dazu Falkenbach in Beck‘scher Online-Kommentar VwVfG, Stand: 1.4.2016, § 51 Rn. 8; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 51 Rn. 8). Einen auf den unanfechtbaren Bescheid vom 27. Januar 2009 bezogenen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG (im Schriftsatz wird fälschlicherweise § 51 Abs. 1 VwVfG genannt; vgl. Art. 1 Abs. 1 BayVwVfG) hat die frühere Bevollmächtigte des Klägers zuletzt mit Schriftsatz vom 29. März 2011 bei der Behörde (Regierung von Mittelfranken) gestellt und darin allein den Wiederaufgreifensgrund nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG (nachträgliche Änderung der Rechtslage) geltend gemacht. Über diesen Antrag hat die Regierung von Mittelfranken entschieden und den Antrag – wenn auch formlos und ohne Rechtsbehelfsbelehrung – mit Schreiben vom 1. April 2011 abgelehnt, weil sich entgegen der Antragsbegründung des Klägers die Rechtslage nicht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG nachträglich geändert habe. Mit seiner am 16. August 2011 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger wiederum ausdrücklich (nur) den Rechtsanspruch des Klägers auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG wegen nachträglicher Änderung der Rechtslage zu seinen Gunsten infolge der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 zum staatlichen Glücksspielmonopol in Deutschland sowie – auf der zweiten Stufe – einen Anspruch auf erneute Entscheidung in der Sache durch Aufhebung des Untersagungsbescheids der Regierung von Mittelfranken vom 27. Januar 2009 geltend gemacht.
Nicht Gegenstand dieser Klage ist demnach ein gemäß Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG daneben grundsätzlich möglicher Anspruch auf (ermessensfehlerfreie) Entscheidung der Behörde über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes – hier des Untersagungsbescheids vom 27. Januar 2009 (vgl. dazu Falkenbach in Beck‘scher Online-Kommentar VwVfG, Stand: 1.4.2016, § 51 Rn. 5 f.; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 51 Rn. 13, 142). Weder hat der Kläger nach dem von ihm Erklärten (§ 88 VwGO entsprechend) einen diesbezüglichen Antrag bei der Behörde gestellt noch die Regierung von Mittelfranken demgemäß im Ablehnungsschreiben vom 1. April 2011 eine Ermessensentscheidung gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG über die Ausübung dieser Aufhebungsermächtigung (sogenanntes Wiederaufgreifen im weiteren Sinne; vgl. Falkenbach, a. a. O., § 51 Rn. 5a; Sachs, a. a. O., § 51 Rn. 13 ff.) getroffen. Auch mit seiner Klage zum Verwaltungsgericht vom 16. August 2011 hat der Kläger den mit der Möglichkeit der Behörde zum Wiederaufgreifen im weiteren Sinn korrespondierenden und gerichtlich einklagbaren Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens über die Ausübung der Aufhebungsermächtigung gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG nicht geltend gemacht. Sein Klagebegehren ist – wie oben dargelegt – auch unter Berücksichtigung seines gesamten Vortrags einschließlich der Klagebegründung eindeutig und einer erweiternden Auslegung daher nicht zugänglich.
Ein wirksame gerichtliche Kontrolle im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG wird durch diese Bestimmung des Klagebegehrens auch nicht unzumutbar erschwert (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 35). Soweit das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers auch auf einen (ebenfalls verneinten) Anspruch auf ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinn eingeht und dazu ausführt, die Untersagungsverfügung erweise sich „auch unter Zugrundelegung der aktuellen Sach- und Rechtslage nicht als rechtswidrig, so dass sich auch in dieser Hinsicht kein Anspruch des Antragstellers im Wege einer Reduzierung des Ermessens auf ein Wiederaufgreifen (im weiteren Sinn)“ ergebe (S. 12 f.), ist dies lediglich als klarstellender Hinweis zu verstehen.
In diesem Zusammenhang ist allerdings auch darauf hinzuweisen, dass Voraussetzung für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens in jedem Fall – also auch beim sogenannten Wiederaufgreifen im weiteren Sinne – neben dem Antrag des Betroffenen dessen durch den (aufzuhebenden) Verwaltungsakt begründete Beschwer ist; antragsbefugt ist deshalb nur der durch den Verwaltungsakt (noch) belastete Betroffene (vgl. Sachs, a. a. O., § 51 Rn. 17; BVerwG, U. v. 23.7.1980 – 8 C 90.79 – juris Rn. 34). Eine solche durch den Verwaltungsakt verursachte konkrete und gegenwärtige Beschwer (BVerwG a. a. O. Rn. 35) des Klägers ist aber nicht (mehr) ersichtlich, da das der Hausverlosung zugrunde liegende Grundstück inzwischen zwangsversteigert und eine Fortsetzung der Auslobung durch den Kläger daher nicht mehr möglich und von ihm auch nicht mehr beabsichtigt ist. Das vom Bevollmächtigten zuletzt mit Schriftsatz vom 15. April 2016 umfangreich dargelegte „Rechtsschutzinteresse“ des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Das Wiederaufgreifen eines abgeschlossenen Verfahrens ist ein Rechtsinstitut des Verwaltungsverfahrens zur Beseitigung einer durch Verwaltungsakt begründeten Beschwer durch eine neue (günstigere) Sachentscheidung (BVerwG a. a. O. Rn. 35) und kein Instrument zur nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes. Im Übrigen würde die behauptete Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung vom 27. Januar 2009 allein den Beklagten grundsätzlich selbst bei der Verletzung von Unionsrecht nicht zum Wiederaufgreifen in diesem Sinne verpflichten (vgl. Sachs, a. a. O., § 51 Rn. 20 m. w. N.).
2. Die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) des Klägers, gemäß Art. 51 BayVwVfG das unanfechtbar abgeschlossene Verwaltungsverfahren erneut zu eröffnen und den bestandskräftigen Untersagungsbescheids der Regierung von Mittelfranken vom 27. Januar 2009 aufzuheben, bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der Kläger schon keinen Rechtsanspruch auf das Wiederaufgreifen nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG hat.
Es bedarf keiner abschließenden Klärung, ob der Wiederaufgreifensantrag bei der Regierung von Mittelfranken nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG nicht bereits unzulässig ist, weil der Kläger die Bestandskraft des Untersagungsbescheids vom 27. Januar 2009 durch die Rücknahme seiner dagegen gerichteten Klage selbst herbeigeführt hat und die streitigen materiell-rechtlichen Fragen – Vorliegen eines Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV, Verletzung von Grundrechten, Anwendungsvorrang der Grundfreiheiten der Europäischen Union – nicht gerichtlich hat klären lassen. Offen bleiben kann auch, ob die für den Wiederaufgreifensantrag erforderliche konkrete gegenwärtige Beschwer (s. oben; BVerwG a. a. O. Rn. 35) zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags noch vorgelegen hat.
Denn der Antrag auf Wiederaufgreifen ist jedenfalls unbegründet, weil der vom Kläger geltend gemachte Wiederaufgreifensgrund, dass sich die der Untersagungsverfügung vom 27. Januar 2009 zugrunde liegende Rechtslage nachträglich zu seinen Gunsten geändert hat (Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG), nicht vorliegt. Dafür wäre grundsätzlich eine Änderung des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, bezüglich der für den Erlass dieses Verwaltungsakts erheblichen Voraussetzungen notwendig. Eine Änderung der Rechtsprechung führt eine solche Änderung der Rechtslage grundsätzlich nicht herbei. Dies gilt nicht nur für die Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte und des Bundesverfassungsgerichts, sondern auch für die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dessen Rechtsprechung im Vorabentscheidungsverfahren (auch) nach eigenem Selbstverständnis nicht konstitutiver, sondern rein deklaratorischer Natur ist (st. Rspr.; vgl. grundlegend BVerwG, U. v. 22.10.2009 – 1 C 26.08 – juris Rn. 16 m. w. N.; Sachs, a. a. O., § 51 Rn. 98 ff.; Falkenbach, a. a. O., § 51 Rn. 37). Der Verweis des Klägers auf die geänderte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dessen Urteilen vom 8. September 2010 (Rs. 316/07 – Markus Stoß u. a.; Rs. C-46/08 – Carmen Media) ist daher zur Begründung des Wiederaufgreifensgrundes gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG nicht geeignet. Auch eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift im Falle der nachträglichen Klärung einer gemeinschaftsrechtlichen Frage kommt nicht in Betracht (BVerwG, U. v. 22.10.2009 a. a. O. Rn. 18). Der in Art. 10 EG (jetzt: Art. 4 Abs. 3 EUV) verankerte Grundsatz der Zusammenarbeit verpflichtet eine Verwaltungsbehörde auf entsprechenden Antrag hin, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um der mittlerweile vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung der einschlägigen Bestimmung Rechnung zu tragen, (nur) wenn die Behörde nach nationalem Recht befugt ist, diese Entscheidung zurückzunehmen, und die Entscheidung infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden ist (EuGH, U. v. 13.1.2004 – C-453/00 Kühne & Heitz, NVwZ 2004, 459 Ls.). Letzteres ist hier aber nicht der Fall, da der Kläger seine gegen den zugrunde liegenden Bescheid gerichtete Klage zurückgenommen und eine abschließende fachgerichtliche Klärung durch die nationalen Gerichte nicht herbeigeführt hat.
Die dem Verwaltungsakt (Untersagungsverfügung vom 27. Januar 2009) zugrunde liegende Sach- und Rechtslage hat sich im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG nachträglich zugunsten des Klägers aber auch dann nicht geändert, wenn man wie das Verwaltungsgericht nicht auf den hier grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag (10.Juli 2015) abstellt. Zwar ist durch den am 30. Juni 2012 bekannt gemachten (GVBl S. 318) Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag – Erster GlüÄndStV) am 1. Juli 2012 der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland geändert worden. Das Verwaltungsgericht hat aber in der vom Kläger angegriffenen Entscheidung bereits mit ausführlicher und zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, dargelegt, dass die im Fall des Klägers maßgeblichen Normen des Glücksspielstaatsvertrags (§ 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3, § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und 2 sowie § 4 Abs. 4) inhaltlich unverändert geblieben sind und sich daher insoweit eine nachträgliche Änderung zu seinen Gunsten nicht ergeben hat.
Entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Auffassung liegt auch ein Wiederaufgreifensgrund nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG nicht vor, da Beweismittel in diesem Sinne nur solche Erkenntnismittel sind, die die Überzeugung von der Existenz oder Nichtexistenz von Tatsachen begründen können (vgl. Falkenbach, a. a. O., § 51 Rn. 41 ff.; Sachs, a. a. O., § 51 Rn. 111 ff.). Neue Beweismittel im Sinne dieser Bestimmung, die sich zu seinen Gunsten auswirken, sind vom Kläger weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Der Kläger macht letztlich geltend, der Beklagte habe die ihm vorgelegten Unterlagen und Angaben zur Durchführung der beabsichtigten Hausverlosung fehlerhaft und daher zu Unrecht als Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV bewertet. Das wird jedoch nicht von Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG erfasst.
Ist damit der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens unbegründet, kann der Kläger (auf der zweiten Stufe) auch keine erneute Sachprüfung beanspruchen, weil dieser Weg schon nicht eröffnet ist. Nicht entscheidungserheblich sind daher letztlich die umfangreichen Einwendungen des Klägers zur Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung vom 27. Januar 2009.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil die nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfallende Gebühr streitwertunabhängig ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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