Aktenzeichen Au 6 K 18.31913
Leitsatz
1 Die Frage, ob eine ausländische Verwaltungsentscheidung (erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren) noch anfechtbar oder revidierbar ist, ist nach ausländischem, nicht nach deutschem Recht zu beurteilen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Liegt in dem Vortrag lediglich die Wiederholung der ursprünglichen Fluchtgründe, ist keine Änderung der Sachlage eingetreten, die eine günstigere Entscheidung im Wiederaufgreifensverfahren als möglich erscheinen lässt. (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
3 Allein die Asylantragstellung führt in der Türkei nicht zu einer Verfolgung. Rückkehrer werden keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
4 Kurdische Volkszugehörige unterliegen in der Türkei zwar einer gewissen Diskriminierung, es fehlt aber an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen kritischen Verfolgungsdichte. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
5 Musterungsflucht ist in der Türkei, anders als Wehrdienstentziehung, keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet wird. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Es wird Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
I.
Der Zweitantrag des Klägers auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ist unzulässig. Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist damit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG i.V.m. § 71a Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.
Nach § 71a Abs. 1 AsylG ist, wenn ein Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag stellt, dieser als Zweitantrag zu werten und ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.
1. Der Kläger hat ein Asylverfahren bereits erfolglos abgeschlossen, da sein Asylverfahren in Griechenland, einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union und damit einem sicheren Drittstaat, mit einer für ihn negativen Sachentscheidung endete.
Es ist davon auszugehen, dass das Verfahren im Sinne des § 71a AsylG erfolglos „abgeschlossen“, d.h. ohne weitere Wiederaufnahme- oder Anfechtungsmöglichkeit im Sinne eines Erstantrages beendet ist. Die Frage, ob eine ausländische Verwaltungsentscheidung noch anfechtbar bzw. revidierbar ist, ist nach ausländischem und nicht nach deutschem Recht zu beantworten. Die Verfahrensautonomie der Mitgliedsstaaten lässt zwar Raum dafür, die Rechts- und Bestandskraft einer in einem anderen Mitgliedsstaat ergangenen Entscheidung als Tatbestandsvoraussetzung für die innerstaatliche Rechtsanwendung heranzuziehen; sie erlaubt aber keine Erstreckung des nationalen Verfahrensrechts auf die Beurteilung dieser Vorfrage (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 33). Die Auskunft der griechischen Behörde ergibt vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens möglich ist. Die griechischen Behörden teilten dem Bundesamt mit Schreiben vom 16. März 2018 mit, dass der Kläger am 24. Februar 2017 einen Asylantrag gestellt habe, der am 8. Mai 2017 abgelehnt worden sei. Sein Widerspruch vom 15. Mai 2017 sei am 1. September 2017 zurückgewiesen worden. Der Kläger verfüge über keine Aufenthaltsberechtigung in Griechenland. Nach dieser Auskunft ist demnach davon auszugehen, dass das Asylverfahren des Klägers in Griechenland erfolglos abgeschlossen ist. Gegenteiliges ist weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen.
2. In der Bundesrepublik ist kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, da kein Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt.
Ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG setzt voraus, dass sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich – nach Abschluss des früheren Asylverfahrens – zu Gunsten des Betroffenen geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung über sein Asylbegehren herbeigeführt haben würden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG erfordert einen schlüssigen Sachvortrag, der nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtung ungeeignet sein darf, zur Asylberechtigung (Art. 16a GG) oder zur Zuerkennung internationalen Schutzes (§§ 3 ff., 4 AsylG) zu verhelfen. Es genügt schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe (BVerfG, B.v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 – juris Rn. 32 m.w.N.). Außerdem ist der Antrag gemäß § 51 Abs. 2 und 3 VwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen im früheren Verfahren geltend zu machen und er den Antrag binnen drei Monaten nach Kenntnis des Grundes für das Wiederaufgreifen gestellt hat. Die Voraussetzungen des § 51 VwVfG liegen im vorliegenden Verfahren nicht vor.
a) Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu Gunsten des Klägers im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist nicht schlüssig vorgetragen worden.
Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist das Verfahren wiederaufzugreifen, wenn sich nachträglich die dem Erstverfahren zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen geändert hat. Maßgeblicher Zeitpunkt ist insoweit der Schluss der mündlichen Verhandlung im Erstverfahren (BVerfG, U.v. 9.12.2010 – 10 C 13/09 – juris Rn. 28) bzw. bei fehlendem gerichtlichen Verfahren der Erlass des Bescheids (Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 51 VwVfG Rn. 91) bzw. im Eilverfahren der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Es genügt die Möglichkeit einer für den Kläger günstigen Entscheidung, soweit er die Wiederaufgreifensgründe durch einen schlüssigen Sachvortrag geltend macht (BVerfG, B.v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 – juris Rn. 32). Grundvoraussetzung für die Schlüssigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist indes ein substantiierter, widerspruchsfreier und glaubhafter Tatsachenvortrag hinsichtlich der Änderung der Sach- und Rechtslage (Marx, Ausländer- und Asylrecht, 3. Aufl. 2016, § 11 Rn. 58). Eine Änderung der Sachlage ist anzunehmen, wenn sich entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder die Lebensbedingungen im Herkunftsstaat oder aber die das persönliche Schicksal des Asylbewerbers bestimmenden Umstände – sei es durch Vorgänge im Bundesgebiet oder im Herkunftsstaat – so verändert haben, dass eine für den Asylbewerber günstigere Entscheidung möglich erscheint (Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 71 AsylG Rn. 24). Erforderlich ist indes eine tatsächliche Änderung der Sachlage nach Abschluss des Erstverfahrens (Marx, Ausländer- und Asylrecht, 3. Aufl. 2016, § 11 Rn. 60), wobei sich die Veränderung auf den der Entscheidung im Erstverfahren als entscheidungserheblich zugrunde gelegten Sachverhalt beziehen muss (Schönenbroicher/Dickten in BeckOK Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 Rn. 17).
(1) Soweit der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen vorträgt, er befürchte strafrechtliche Maßnahmen in der Türkei, weil er schon vor seiner Ausreise für drei Tage festgenommen worden sowie musterungsflüchtig sei, so liegt in diesem Vortrag lediglich die Wiederholung der ursprünglichen Fluchtgründe. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit sich seit seinem Asylverfahren in Griechenland die diesbezügliche Bedrohungslage für den Kläger wesentlich geändert haben sollte. Die vom Kläger insoweit vorgetragenen Vorfälle (zur fehlenden Glaubhaftigkeit s.u.). beziehen sich sämtlich auf den Zeitraum vor seiner Ausreise nach Griechenland, die Anfang 2017 (und damit deutlich nach dem Putschversuch in der Türkei) stattfand. Es handelt sich daher nicht um eine nachträgliche Änderung der Sachlage seit seinem Asylverfahren in Griechenland. Selbiges gilt für seinen Vortrag, nach seiner Ausreise habe die Polizei noch mehrfach bei seinen Eltern nach ihm gefragt. Die Polizei habe lediglich gefragt, wo er sei und nichts weiter gesagt oder getan. Insofern handelt es sich nach Art und Schwere dieser Nachfragen schon nicht um eine (weitere) Verfolgungshandlung, erst recht nicht um eine Verfolgungshandlung, die der vorgetragenen bisherigen Verfolgung in der Türkei erheblich mehr Gewicht verleihen würde, sodass auch insoweit keine neue Tatsachengrundlage vorliegt.
(2) Im Übrigen hat der Kläger seinen – alten, s.o. – Sachvortrag auch nicht schlüssig vorgetragen, was jedoch Voraussetzung für ein Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist (s.o.).
Es ist Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Im vorliegenden Verfahren ist das Gericht nach Würdigung des Vortrags des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass sich die Vorfälle in der Türkei so, wie vom Kläger geschildert, vorgetragen haben. Weder überzeugt sein Vortrag, für mehrere Tage bereits inhaftiert worden zu sein, noch sein Vortrag zu seiner angeblichen Wehrdienstentziehung. Zusammenfassend hält es das Gericht für nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger in den Fokus der türkischen Sicherheitskräfte geraten ist. Sein diesbezüglicher Vortrag ist widersprüchlich, wesentlich gesteigert sowie teilweise arm an Details und im Geschehensablauf nicht nachvollziehbar.
So fällt schon auf, dass der Kläger auf Frage, warum er nicht in die Türkei zurückkönne, zunächst nur Angaben zu seiner subjektiv schlechten Behandlung in Griechenland machte und auch auf Nachfrage zwar ausführte, er habe große Angst vor einer Rückkehr in die Türkei und befürchte eine Verurteilung, aber insgesamt in seinen Schilderungen sehr oberflächlich und detailarm blieb. Wesentlich gesteigert ist sein in der mündlichen Verhandlung auch auf Nachfragen bestätigter Vortrag, die Polizei habe ihm während seiner Verhaftung schwerpunktmäßig vorgeworfen, er sei in seinem Heimatort … ein PKK-Kämpfer gewesen, der vor der Verhängung des Ausnahmezustands eine Unterwanderung der Stadt vorbereitet habe. Die Polizei habe insofern ein Geständnis erpressen wollen. Außerdem habe die Polizei gewusst, dass er auf verschiedenen Veranstaltungen gewesen sei. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt gab der Kläger demgegenüber noch an, er sei von der Polizei zu seinen Beziehungen zur HDP befragt worden und man habe ihm Fotos und Namen von Personen gezeigt sowie ihn hierzu befragt. Der Vorwurf der Unterwanderung von Nusaybin als PKK-Kämpfer ist gegenüber einer Befragung zu Beziehungen zur HDP ein wesentlich gesteigerter Vortrag. Ebenso neu und gesteigert ist sein Vortrag, sein Vater sei ein verurteilter PKK-Kämpfer und auch dies habe ihm die Polizei vorgeworfen. Widersprüchlich ist sein Vortrag, man habe ihn tagsüber festgenommen, während er bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt noch angab, er sei um vier Uhr morgens festgenommen worden. Wesentlich gesteigert sind wiederum seine Angaben zu seinem politischen Engagement. Während er bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt noch angab, er sei im März 2016 nach … gegangen und an der letzten Veranstaltung der HDP habe er im Februar 2016 in … teilgenommen, trug er insoweit in der mündlichen Verhandlung vor, auch in … habe er noch an Veranstaltungen teilgenommen. Ebenso wesentlich gesteigert sind seine Angaben zu seiner Wehrdienstentziehung. Gab er auf Nachfrage, was nach seinem Fernbleiben zum Musterungstermin dann passiert sei, bei seiner Anhörung lediglich an, er sei ab diesem Zeitpunkt fahnenflüchtig gewesen, steigerte er seinen diesbezüglichen Vortrag in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass nach dem Termin zweimal die Polizei gekommen sei und ihn aufgefordert habe, den Wehrdienst anzutreten. Beim zweiten Mal ca. vier Wochen später habe ihm die Polizei gedroht, wenn man das nächste Mal komme, werde man ihn direkt mitnehmen und zum Militär bringen. Er habe daraufhin seine Adresse geändert. Diese Vorfälle erwähnte der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt mit keinem Wort. Hierzu im Widerspruch stehen auch seine zeitlichen Angaben, nachdem er den Musterungsbescheid bekommen habe, als er 20 Jahre alt geworden sei, also ca. im Mai 2013. Nach … ging der Kläger nach seinen Angaben allerdings erst im März 2016 anlässlich der in … verhängten Ausgangssperre. Der Kläger hatte demgegenüber bisher nicht vorgetragen, schon innerhalb … untergetaucht zu sein. Es ist des Weiteren auch nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Polizei in einer mittelgroßen Stadt wie … den nach seinen Angaben stets politisch sehr aktiven Kläger, der wiederholt im von der Polizei beobachteten HDP-Büro gewesen sein will und angeblich zusammen mit seiner Familie an zahlreichen HDP-Veranstaltungen teilnahm, von Mitte 2013 bis März 2016 nicht aufspürte. Ebenso unglaubhaft ist es, dass ihm die Polizei einerseits androht, beim nächsten Besuch werde man ihn mitnehmen und dem Militär übergeben, anderseits den Kläger aber nach über dreijähriger Musterungsentziehung und einer dreitägigen Inhaftierung dann wieder freilässt, ohne die Wehrpflicht durchzusetzen. Bezeichnend ist auch die Tatsache, dass der Kläger auf Frage nach seinem Anwalt in der Türkei nur vortrug, dieser habe … geheißen, aber weder dessen Familiennamen noch dessen genaue Büroadresse angeben konnte. Auch sonstige Unterlagen, beispielsweise Schreiben oder Rechnungen seines Anwalts, Bestätigungen über die Festnahme, Nachweise über ein Ermittlungsverfahren oder den Musterungsbescheid konnte der Kläger nicht vorlegen. Dabei überzeugt sein Vortrag, er habe alle Dokumente sowie sein Handy auf der Flucht verloren, nicht. Insofern ist es fernliegend, dass der junge Kläger die asylrelevanten Dateien ausschließlich auf seinem Handy abspeichert, aber keinerlei Sicherheitskopien anfertigt – sei es auf einem Computer, einer externen Festplatte, durch die Versendung der Dateien an Vertrauenspersonen wie beispielsweise seine Eltern, durch soziale Netzwerke, eine Cloud oder in sonstiger Weise. Dies gilt umso mehr, als dass der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt angab, er könne die Unterlagen über sein Asylverfahren in Griechenland, die er ebenfalls verloren haben wolle, über Facebook aktivieren. Ebenso hat der Kläger keinerlei Nachweise über etwaige Ermittlungsverfahren – sei es wegen politischer Aktivitäten des Klägers, sei es wegen seiner Wehrdienstentziehung – vorgelegt, obwohl ihm dies durchaus zumutbar gewesen wäre. Insbesondere im Hinblick darauf, dass türkische Asylbewerber nicht nur über das e-devlet bzw. UYAP-System, sondern auch über bevollmächtigte Rechtsanwälte und über bevollmächtigte Verwandte ersten Grades in der Türkei Informationen zu etwaigen gegen sie laufenden Ermittlungsverfahren beschaffen können, erweist sich auch insoweit sein Vortrag, er habe bei einer Rückkehr in die Türkei mit einer Verurteilung zu rechnen, als nicht näher substantiiert und unglaubhaft.
(3) Eine Änderung der Sachlage liegt auch nicht darin, dass Griechenland in den vergangenen Jahren mehrere türkische Militärangehörige, denen die türkischen Behörden eine Beteiligung am Putschversuch vorwerfen, als Asylberechtigte anerkannt hat, da sie in der Türkei kein rechtsstaatliches Strafverfahren zu erwarten hätten.
Die diesbezüglichen Geschehnisse weisen keinerlei Bezug zum Kläger auf. Zum einen ist der Vortrag des Klägers auch in Bezug auf seine angebliche Musterungsentziehung unglaubhaft (s.o.). Zum anderen ist der Kläger selbst bei Wahrunterstellung seines Vortrags allenfalls musterungsflüchtig, aber zu keinem Zeitpunkt Armeeangehöriger und damit fahnenflüchtig gewesen. Erst recht steht er – auch aus Sicht der türkischen Sicherheitsbehörden – in keinem Zusammenhang mit dem Putschversuch in der Türkei. Des Weiteren hat der Kläger von Griechenland anders als die o.g. Soldaten gerade kein Asyl erhalten, weswegen nicht ersichtlich ist, weshalb die türkischen Behörden ihn insoweit für verdächtig halten sollten. Ferner führt allein die Asylantragstellung nach der allgemeinen Auskunftslage nicht zu einer Verfolgung durch die Türkei. Rückkehrerinnen und Rückkehrer werden nach vorliegenden Erkenntnissen keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen. Dem Auswärtigen Amt und türkischen Menschenrechtsorganisationen, zu denen die Deutsche Botschaft engen Kontakt unterhält, ist in den letzten Jahren kein Fall bekannt geworden, in dem ein aus Deutschland in die Türkei zurückgekehrter Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten – dies gilt auch für exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen – gefoltert oder misshandelt worden ist (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Türkei vom 3.8.2018, S. 31, im Folgenden: Lagebericht; a.A. allerdings unter Verweis auf Quellen lediglich zum Risiko von Festnahmen und nicht von Folter VG Freiburg, U.v. 13.6.2018 – A 6 K 4635/17 – juris Rn. 28 ff.). Aufgrund eines Runderlasses des türkischen Innenministeriums dürfen keine Suchvermerke (insbesondere für Wehrdienstflüchtlinge oder zur Fahndung ausgeschriebene Personen) mehr ins Personenstandsregister eingetragen werden; vorhandene Suchvermerke sollen Angaben türkischer Behörden zufolge im Jahr 2005 gelöscht worden sein (vgl. Lagebericht ebenda S. 31).
(4) Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erstmals vorträgt, in Griechenland habe er sich nach seiner Haftentlassung ein gut sichtbares Tattoo auf der linken Halsseite anfertigen lassen, das eine Hand mit gekreuztem Zeige- und Mittelfinger zeigt und bei dem auf Zeige-, Mittel- und Ringfinger der Schriftzug „PKK“ aufgezeichnet ist, so ist auch dies unerheblich.
Zum einen hat der Kläger schon nicht glaubhaft gemacht, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, eine etwaige Verfolgung wegen seines Tattoos schon im griechischen Asylverfahren geltend zu machen. Insoweit ist der Kläger mit diesem Vorbringen nach § 51 Abs. 2 VwVfG präkludiert.
Grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung setzt voraus, dass dem Kläger die Änderung der Sach- und Rechtslage bekannt war oder sich den Umständen nach aufdrängen musste und er sich trotzdem, unter Verletzung jeglicher einem ordentlichen Verfahrensbeteiligten zumutbaren Sorgfaltspflichten, insbesondere unter Verletzung seiner Mitwirkungs- und Wahrheitspflichten, nicht weiter darum sorgte (vgl. Schönenbroicher/Dickten in: BeckOK, Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 AsylG Rn. 27).
Der Kläger gab an, er habe die Tätowierung unmittelbar nach seiner Haftentlassung und nach der ersten ablehnenden Entscheidung anfertigen lassen, später sei dann die zweite ablehnende Entscheidung gekommen, die er aber nicht mehr erhalten habe. Der Kläger versuchte vielmehr nach seiner Haftentlassung (erfolglos), über Mazedonien, Serbien und Albanien nach Deutschland einzureisen. Die griechischen Behörden teilten insoweit mit, sein Asylantrag sei am 8. Mai 2017 abgelehnt worden; seinen Widerspruch vom 15. Mai 2017 habe man am 1. September 2017 zurückgewiesen. Wenn der Kläger das Tattoo bald nach seiner ersten Asylablehnung angefertigt haben will, spricht vieles dafür, dass er das Tattoo vor dem 1. September 2017 anfertigen ließ und damit vor Abschluss seines Asylverfahrens. Jedenfalls aber hat der Kläger Gegenteiliges nicht glaubhaft gemacht. Daher wäre es ihm möglich gewesen und hätte es sich ihm aufgedrängt, das Tattoo als neue Tatsache noch im griechischen Asylverfahren vor dessen Abschluss geltend zu machen, wenn er aus dem Tattoo eine mögliche Verfolgung durch die türkischen Behörden ableiten will. Im griechischen Widerspruchsverfahren ist die Berücksichtigung neuer Tatsachen möglich. Ebenso hätte er gegen die Zurückweisung des Widerspruchs binnen 60 Tagen Klage beim Verwaltungsgericht erheben können (vgl. zum Ganzen http://asylo.gov.gr/en/?page_id=78; https://www.asylumineurope.org/reports/country/greece/asylum-procedure/procedures/regular-procedure, Stand: 13.2.2019). Ein entsprechender Vortrag im Widerspruchsverfahren und die Einleitung eines Klageverfahrens nach dem erfolglosen Widerspruchsverfahren wären dem Kläger bei ordnungsgemäßer Verfahrensführung durch ihn zumutbar gewesen und hätten sich ihm aufgedrängt, wenn er wegen seines Tattoos Verfolgung durch die Türkei befürchtet hätte. Es liegt im Verantwortungsbereich des Klägers, wenn er an seinem Widerspruchsverfahren nicht hinreichend durch Offenbarung relevanter Tatsachen mitwirkt und keine Rechtsmittel gegen den Widerspruchsbescheid ergreift, sondern stattdessen wiederholt versuchte, unerlaubt auf dem Landweg in die Bundesrepublik einzureisen. Dieses Gesamtverhalten stellt grobes Verschulden im Erstverfahren i.S.d. § 51 Abs. 2 VwVfG dar, was seinen Vortrag zu seinem Tattoo präkludiert.
Im Übrigen ist sein in Griechenland angefertigtes Tattoo mit dem Schriftzug „PKK“ von vornherein ungeeignet, zur Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter oder zur Zuerkennung internationalen Schutzes zu führen, da der Kläger diesen Nachfluchtgrund gezielt geschaffen hat, um eine Rückführung in die Türkei zu verhindern und eine Schutzzuerkennung nach § 28 Abs. 1 AsylG daher ausscheidet. Der Kläger hat sich das Tattoo erst in Griechenland anfertigen lassen und begehrt daraus nun ersichtlich die Begründung einer Verfolgungsgefahr. Wer jedoch wie der Kläger nach seiner Ausreise ein Tattoo mit dem Schriftzug einer sowohl in der Türkei als auch in der Europäischen Union als Terrororganisation verbotenen Organisation anfertigt und dadurch eine Verfolgungsgefahr ableiten will, verhält sich grob rechtsmissbräuchlich. Eine Asylanerkennung scheitert daher ersichtlich schon an § 28 Abs. 1 AsylG. Da der Vortrag des Klägers zu seinem bisherigen Engagement für die HDP und zum PKK-Vorwurf unglaubhaft ist (s.o), beruht die Tätowierung auch nicht auf einer bisherigen, schon im Herkunftsland begründeten Überzeugung. Nachdem es sich bei der PKK um eine auch in der Bundesrepublik verbotene Terrororganisation handelt, kommt ersichtlich auch keine Regelausnahme in Betracht. Da eine Asylanerkennung wegen des gezielten Schaffens eines Nachfluchtgrundes daher ersichtlich ausscheidet, kommt eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 VwVfG von vornherein nicht in Betracht.
b) Es liegen auch keine neuen Beweismittel i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vor. Das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG i.V.m. § 580 ZPO ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
Die konkludent nach § 88 VwGO hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Feststellung eines Abschiebungsverbots ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG. Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids ist daher ebenfalls rechtmäßig.
Nach § 31 Abs. 3 AsylG prüft das Bundesamts bei Entscheidungen über unzulässige Asylanträge, ob die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Dabei hat sich das Bundesamt insoweit sachlich mit dem Schutzbegehren zu befassen (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – NVwZ 2017, 1625 – juris Rn. 20).
1. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG liegt nicht vor.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK setzt voraus, dass der Betroffene im Falle einer Rückkehr einer besonderen Ausnahmesituation ausgesetzt wäre. Dies ist insbesondere auch dann der Fall, wenn es dem Betroffenen nicht (mehr) gelingen würde, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, zu befriedigen (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30285 – Asylmagazin 2015, 197).
a) Eine Behandlung nach Art. 3 EMRK allein wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden hat der Kläger nicht zu befürchten. Er gehört zu einer weit verbreiteten Bevölkerungsgruppe in der Türkei; Anhaltspunkte für eine staatliche oder staatlich geduldete Gruppenverfolgung ethnischer Kurden liegen nicht vor (s.o.).
Die Annahme einer Gruppenverfolgung setzt voraus, dass entweder sichere Anhaltspunkte für ein an asylerhebliche Merkmale anknüpfendes staatliches Verfolgungsprogramm oder für eine bestimmte Verfolgungsdichte vorliegen, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne Weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht.
Kurdische Volkszugehörige zählen etwa 13 Mio. bis 15 Mio. Menschen auf dem Gebiet der Türkei und stellen noch vor Kaukasiern und Roma die größte Minderheit in der Bevölkerung der Türkei (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Türkei vom 3.8.2018, S. 15 – im Folgenden: Lagebericht); sie unterliegen demnach aufgrund ihrer Abstammung keinen staatlichen Repressionen, zumal aus den Ausweispapieren in der Regel – sofern keine spezifisch kurdischen Vornamen geführt werden – nicht hervorgeht, ob ein türkischer Staatsbürger kurdischer Abstammung ist (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 15). Der private Gebrauch der in der Türkei gesprochenen kurdischen Sprachen Kurmandschi und des weniger verbreiteten Zaza ist in Wort und Schrift keinen Restriktionen ausgesetzt, der amtliche Gebrauch ist allerdings eingeschränkt. Unterricht in kurdischer Sprache an öffentlichen Schulen war bis 2012 nicht erlaubt und wurde seither stufenweise bei entsprechender Nachfrage erlaubt; Dörfer im Südosten können ihre kurdischen Namen zurückerhalten. Die verfassungsrechtliche Festschreibung von Türkisch als einziger Nationalsprache bleibt jedoch erhalten und erschwert die Inanspruchnahme öffentlicher Dienstleistungen durch Kurden und Angehörige anderer Minderheiten, für die Türkisch nicht Muttersprache ist (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 15; BFA, Länderinformationsblatt Türkei vom 18.10.2018, S. 68). Seit der Verhängung des Notstands aber hat sich die Lage verändert: Zwei Drittel der per Notstandsdekret geschlossenen Medien sind kurdische Zeitungen, Onlineportale, Radio- und Fernsehsender, darunter auch IMC TV und die Tageszeitung „Özgür Gündem“ unter dem Vorwurf, „Sprachrohr der PKK“ zu sein (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 15).
Kurdische Volkszugehörige unterliegen damit in der Türkei zwar einer gewissen Diskriminierung. Es fehlt aber jedenfalls an der für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderlichen kritischen Verfolgungsdichte (vgl. zur Gruppenverfolgung BVerfG, B.v. 23.1.1991 – 2 BvR 902/85, 2 BvR 515/89, 2 BvR 1827/89 – BVerfGE 83, 216 m.w.N.; BVerwG, B.v. 24.2.2015 – 1 B 31/14 – juris). Das Gericht geht aufgrund der vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnismittel davon aus, dass eine Verfolgung kurdischer türkischer Staatsangehöriger jedenfalls nicht die von der Rechtsprechung verlangte Verfolgungsdichte aufweist, die zu einer Gruppenverfolgung und damit der Verfolgung eines jeden Mitglieds führt (im Ergebnis wie hier VG Aachen, U.v. 5.3.2018 – 6 K 3554/17.A – juris Rn. 51 m.w.N.). Unabhängig davon steht Kurden in der Westtürkei trotz der auch dort problematischen Sicherheitslage und der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen eine inländische Fluchtalternative offen (vgl. SächsOVG, U.v. 7.4.2016 – 3 A 557/13.A; BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 9 ZB 14.30399, alle juris). Sie können den Wohnort innerhalb des Landes wechseln und so insbesondere in Ballungsräumen in der Westtürkei eine in der Südosttürkei auf Grund der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen türkischen Sicherheitskräften und PKK etwa höhere Gefährdung verringern. Keine Ausweichmöglichkeiten hingegen bestehen, soweit eine Person Ziel behördlicher oder justizieller Maßnahmen wird, da die türkischen Sicherheitskräfte auf das gesamte Staatsgebiet Zugriff haben (Lagebericht ebenda S. 24). Dies gilt nicht für den nicht ortsgebundenen Kläger (s.o.).
b) Soweit der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt und auch in der mündlichen Verhandlung auf sein Engagement für die HDP und seine dreitägige Verhaftung verwies, ist dieser Vortrag unglaubhaft (s.o.). Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Im Übrigen begründet ein derartiges Engagement für die HDP und die dreitägige Verhaftung selbst bei – wie nicht – Wahrunterstellung keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer landesweiten Verfolgung. Gegen ein landesweites Verfolgungsinteresse spricht maßgeblich, dass es keinen Hinweis darauf gibt, dass es gegen den Kläger je einen Haftbefehl, eine Anklage oder ein Urteil gegeben hätte, obgleich die Sicherheitsbehörden seine Ausreise, wäre dies für sie von Bedeutung, längst bemerkt haben müssten. Ebenso wenig hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass gegen ihn je ein Ermittlungsverfahren geführt worden wäre. Dies zeigt deutlich, dass es gegen den Kläger keine strafrechtlichen Vorwürfe gibt, denn ansonsten hätte es nahegelegen, den Kläger strafrechtlich zu verfolgen, insbesondere wegen Unterstützung oder Mitgliedschaft in der PKK, sofern es diese überhaupt gab. Ebenso ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger im Falle von erheblichen Verdachtsmomenten gegen ihn nach drei Tagen wieder freigelassen worden wäre. Dies spricht für einen lokalen Amtswalterexzess einiger Polizisten in … und gegen eine landesweite Verfolgung. Im Übrigen ist auch ein landesweites Interesse an einer Verfolgung der Kläger nicht ersichtlich. Der Kläger ist kein Mitglied der HDP und hat diese nur geringfügig durch Teilnahme an Versammlungen und die Verteilung von Flyern unterstützt. Dies hebt ihn nicht aus der Masse der HDP-Mitglieder, Unterstützer und Sympathisanten hervor. Erst recht war der Kläger kein Mitglied in herausgehobener oder führender Position wie beispielsweise Abgeordnete, Bürgermeister und sonstige Funktionäre, die einem erhöhten Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Es ist davon auszugehen, dass allein die gelegentliche Unterstützung der HDP durch Teilnahme an Versammlungen u.ä. ohne besonderer Position und Bedeutung der Tätigkeit regelmäßig nicht zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer landesweiten Verfolgung führt. Dies gilt umso mehr, als sein Vater als angeblich verurteiltes PKK-Mitglied weiterhin in der Türkei an seinem Heimatort leben kann. Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung droht dem Kläger auch nicht wegen etwaiger Festnahmen anderer Personen, da es insoweit auf den jeweiligen Einzelfall ankommt.
c) Soweit der Kläger vorträgt, musterungsflüchtig zu sein, so ist auch dieser Vortrag unglaubhaft (s.o.).
Im Übrigen droht ihm auch insoweit keine menschenrechtswidrige Behandlung.
(1) Zwar unterliegt ein Mann grundsätzlich der gesetzlichen Wehrpflicht, die in der Türkei ab dem 20. Lebensjahr beginnt. Der Wehrdienst wird in den Streitkräften oder der Jandarma abgeleistet. Söhne und Brüder gefallener Soldaten können vom Wehrdienst befreit werden; im Ausland lebende Türken können sich gegen ein Entgelt freikaufen, das mit Änderung des Wehrgesetzes im Januar 2016 von 6.500 Euro auf 1.000 Euro gesenkt wurde (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Türkei vom 19.2.2017, S. 18 – im Folgenden: Lagebericht). In der Türkei gibt es kein Recht zur Verweigerung des Wehrdienstes oder einen Anspruch auf Ableistung eines Ersatzdienstes. Seit Änderung von Art. 63 tMilStGB ist bei unentschuldigtem Nichtantritt oder Fernbleiben vom Wehrdienst statt einer Freiheitsstrafe zunächst eine Geldstrafe zu verhängen. Subsidiär bleiben aber Haftstrafen bis zu sechs Monaten möglich. Die Verjährungsfrist richtet sich nach Art. 66e tStGB und beträgt zwischen fünf und acht Jahren, falls die Tat mit Freiheitsstrafe bedroht ist. Im türkischen Recht wird zwischen zwei Arten der Wehrdienstentziehung unterschieden. Sofern der Betreffende – wie der Kläger – bereits nicht zur Musterung erscheint, gilt er als „Musterungsflüchtiger“, was eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Wenn er den Wehrdienst nach erfolgter Musterung und Einberufung nicht antritt, wird er als „Wehrdienstflüchtiger“ bezeichnet, was einen Straftatbestand erfüllt. Beide Vergehen werden mit der Verhängung von Geldstrafen geahndet. Die Höhe der Geldstrafe hängt von der Dauer der Wehrdienstentziehung und vom Umstand ab, ob der Betreffende sich selbst stellt oder gefasst wird. Die Verjährung gemäß Artikel 66e tMilStGB kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Wehrdienstflüchtige (nicht der Musterungsflüchtige) sich stellt oder gefasst wird. Beim Musterungsflüchtigen hingegen werden die Verjährungsvorschriften zu Ordnungswidrigkeiten angewendet (Artikel 20 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, Gesetz Nr. 5326). Demnach beträgt die Verjährungsfrist bei Geldbußen von weniger als 50.000 TL drei Jahre, bei Geldbußen zwischen 50.000 TL und 100.00 TL vier Jahre und bei Geldbußen von 100.000 TL und mehr fünf Jahre (vgl. Lagebericht ebenda S. 20 ff.; vgl. zum Ganzen auch VG Magdeburg, U.v. 10.9.2018 – 7 A 159/16 MD – juris S. 10). Suchvermerke für Wehrdienstflüchtlinge werden seit Ende 2004 nicht mehr im Personenstandsregister eingetragen. Soweit bis zum Jahr 2009 Personen die türkische Staatsangehörigkeit aberkannt wurde, die sich dem Wehrdienst entzogen hatten, können sie mittlerweile unabhängig von ihrem Wohnsitz wieder die Staatsangehörigkeit erhalten; die Regelungen zum Entzug der Staatsangehörigkeit wurden abgeschafft (vgl. Lagebericht ebenda S. 21).
Der Kläger ist ausweislich seiner eigenen Angaben allenfalls ein Musterungsflüchtiger, nicht aber ein Wehrdienstflüchtiger. Er hat daher keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit begangen, die mit einer Geldbuße geahndet wird. Der Kläger hat insoweit noch nicht einmal dargelegt, dass er bisher überhaupt eine Geldbuße erhalten hat. Daher droht ihm im weiteren unmittelbaren Kausalverlauf auch keine Inhaftierung, sondern lediglich eine Geldbuße wegen einer Ordnungswidrigkeit. Eine unverhältnismäßige Strafverfolgung ist insoweit für Musterungsflüchtlige nicht erkennbar. Eine etwaige Strafverfolgung von Wehrdienst- oder Fahnenflüchtigen ist insoweit unbeachtlich, da mangels Musterung und Feststellung der Tauglichkeit weder mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der Kläger überhaupt seinen Wehrdienst wird leisten müssen noch, dass er sich dem entziehen wird, noch, dass er wegen der Entziehung strafrechtlich über eine Geldbuße hinaus geahndet werden wird.
(2) Selbst wenn der Kläger jedoch – wie nicht – den Militärdienst verweigern sollte, liegt in einer etwaigen Strafverfolgung oder Bestrafung des Klägers keine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG, sondern die Sanktionierung kriminellen Unrechts.
Nach § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG ist eine Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt nur dann als Verfolgungshandlung zu qualifizieren, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, sich also als Verbrechen gegen den Frieden, als ein Kriegsverbrechen oder als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen würden. Soweit im vorliegenden Fall eine Strafverfolgung wegen Wehrdienstentziehung möglich ist, droht jedoch keine Beteiligung an Kriegsverbrechen; besondere Umstände, aus denen sich ergibt, dass Strafmaßnahmen nicht nur der Ahndung eines Verstoßes gegen eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht gelten, sind nicht ersichtlich (vgl. EuGH, U.v. 20.11.2013 – C-472/13; BVerwG, U.v. 24.4.1990 – 9 C 4/89 – NVwZ 1990, 876). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellen Sanktionen wegen Wehrdienstentziehung, selbst wenn sie von totalitären Staaten ausgehen, nur dann eine flüchtlingsrechtlich erhebliche Verfolgung dar, wenn sie nicht nur der Ahndung eines Verstoßes gegen eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht dienen, sondern darüber hinaus den Betroffenen auch wegen seiner Religion, seiner politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen Merkmals treffen sollen (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.2017 – 1 B 22/17 – juris Rn. 14 m.w.N.). So wurde die Ausbürgerung eines türkischen Staatsangehörigen, der der Aufforderung zur Ableistung des Wehrdienstes nicht nachgekommen war, als nicht asylerheblich gewertet (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.2017 – 1 B 22/17 – juris Rn. 14 m.w.N.). Eine Anknüpfung etwaiger Sanktionen an ein Verfolgungsmerkmal ist im vorliegenden Fall indes nicht ersichtlich.
Insbesondere gibt es keine belastbaren Erkenntnisse, dass die Heranziehung zum Militärdienst an den gruppenbezogenen Merkmalen i.S.v. § 3b AsylG orientiert ist.
Im Gegenteil können z.B. homosexuelle Wehrpflichtige auf Antrag und nach Begutachtung grundsätzlich als für den Wehrdienst untauglich eingestuft werden; die aktuelle Handhabung ist offen (vgl. Lagebericht ebenda S. 18 f.). Die Heranziehung zum Wehrdienst und die Bestrafung wegen seiner Verweigerung stellen daher keine Verfolgung wegen einer etwaigen Gruppenzugehörigkeit oder aus politischen Gründen dar (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.2018 – 1 VR 12/17 – juris Rn. 86 m.w.N.; auch VG München, B.v. 5.4.2018 – M 1 S 17.46575 – juris Rn. 13 m.w.N.).
Eine etwaige Strafverfolgung oder Bestrafung des Klägers wegen Verweigerung des Militärdienstes – so sie dem Kläger doch drohte – knüpft auch nicht an das Verfolgungsmerkmal der Religion (hier: die Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen des Klägers) nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG an. Die Ablehnung eines Einsatzes in kurdischen Gebieten stellt eine politische und kulturelle persönliche Einstellung dar, die nicht von der Religions- und Gewissensfreiheit geschützt ist. So gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung an, er wolle den Wehrdienst deshalb nicht leisten, weil er befürchte, an den Grenzen zu Syrien und Irak gegen die Kurden eingesetzt zu werden. Einer seiner Cousins sei seit einigen Monaten bei der PKK; er könne doch nicht seinen Cousin töten. Diese Ausführungen zeigen lediglich eine politische Solidarisierung mit kurdischen Belangen, nicht aber eine klare Ablehnung des bewaffneten Kampfes an sich aus religiösen oder ethischen Gründen. Die Ableistung des Wehrdienstes ist dem Kläger daher zumutbar. Es existiert auch keine systematische Diskriminierung der Kurden im Militär über Einzelfälle hinaus (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl v. 18.10.2018, S. 43).
Nach alldem kommt auch eine Verfolgung wegen Wehrdienstverweigerung nicht in Betracht.
d) Soweit der Kläger bzw. dessen Bevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung auf das Tattoo des Klägers hinwiesen, so wird ebenfalls auf die obigen Ausführungen unter I. verwiesen.
Im Übrigen handelt es sich bei dem Tattoo um kein unveränderliches Merkmal. Vielmehr kann der Kläger etwaigen Problemen in der Türkei wegen dieser Tätowierung schon dadurch entgehen, dass er den Schriftzug „PKK“ entfernen lässt oder übertätowiert, so dass der Schriftzug nicht mehr sichtbar ist. Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung angab, das übrige Tattoo weise keine Bezüge zur PKK auf und er habe sich das Motiv einfach so ausgedacht, betrifft der zu entfernende bzw. zu übertätowierende Teil nur einen kleinen Teilbereich des Tattoos. Im Hinblick darauf, dass es sich um den Schriftzug einer in der Europäischen Union wie auch in der Türkei verbotenen Terrororganisation handelt und der Kläger das Tattoo zur Schaffung eines Nachfluchtgrundes anfertigen ließ (s.o.), erscheint eine Entfernung der Tätowierung auch zumutbar.
Darüber hinaus droht dem Kläger auch ohne Entfernung der Tätowierung in der Türkei nicht die Gefahr, einer Nähe zur PKK verdächtigt zu werden. Den türkischen Sicherheitskräften ist zuzutrauen, dass sie die vorliegende Tätowierung nach einer Ausreise aus der Türkei als rein asyltaktische Handlung erkennen und den Kläger nicht als einen tatsächlichen PKK-Kämpfer oder Unterstützer einstufen. Denn es ist insoweit realitätsfremd, dass ein tatsächlicher Kämpfer oder Unterstützer einer Organisation wie der PKK, die als sowohl in der Bundesrepublik als auch in der Türkei verbotene Terrororganisation die Türkei mit Guerilla-Methoden bekämpft und deren Mitglieder und Unterstützer sich in Kurdisch geprägten Gebieten verstecken, tarnen und unter die Zivilbevölkerung mischen, ein deutlich sichtbares Tattoo tragen würde, das sogleich zu seiner Entdeckung und Enttarnung führen würde. Ein derartiges Verhalten wäre für eine seit Jahrzehnten bestehende Terrororganisation derart unprofessionell, dass es auch für die türkischen Behörden offenkundig ist, dass derartige Tattoos ausschließlich aus asyltaktischen Gründen angefertigt werden.
2. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG i.V.m. § 60a Abs. 2c AufenthG liegt nicht vor.
Zum einen hat der Kläger die vorgetragenen psychischen Probleme nicht durch Vorlage eines ärztlichen Attestes glaubhaft gemacht. Für die Feststellung eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbotes bedarf es indes aussagekräftiger, nachvollziehbarer Atteste, die klare Diagnosen stellen und Aufschluss über die konkrete Therapie und mögliche Folgen einer unzureichenden Behandlung geben (BayVGH, B.v. 27.11.2017 – 9 ZB 17.31302 – juris Rn. 4).
Zum anderen sind jedoch psychische Erkrankungen in der Türkei in ausreichendem Maße behandelbar, so dass auch insoweit ein Abschiebungsverbot ausscheidet. Die medizinische Versorgung durch das staatliche Gesundheitssystem hat sich in den letzten Jahren strukturell und qualitativ erheblich verbessert, vor allem in ländlichen Gegenden sowie für die arme, (bislang) nicht krankenversicherte Bevölkerung. Auch wenn Versorgungsdefizite vor allem in ländlichen Provinzen bei der medizinischen Ausstattung und im Hinblick auf die Anzahl von Ärzten bzw. Pflegern bestehen, sind landesweit Behandlungsmöglichkeiten für alle Krankheiten gewährleistet. Landesweit gab es im Jahr 2016 1.510 Krankenhäuser mit einer Kapazität von 217.771 Betten, davon ca. 58% in staatlicher Hand. Die Behandlung bleibt für die bei der staatlichen Krankenversicherung Versicherten mit Ausnahme der „Praxisgebühr“ unentgeltlich. Grundsätzlich können sämtliche Erkrankungen in staatlichen Krankenhäusern angemessen behandelt werden, insbesondere auch chronische Erkrankungen wie Krebs, Niereninsuffizienz (Dialyse), Diabetes, Aids, Drogenabhängigkeit und psychiatrische Erkrankungen. Wartezeiten in den staatlichen Krankenhäusern liegen bei wichtigen Behandlungen/Operationen in der Regel nicht über 48 Stunden. In vielen staatlichen Krankenhäusern ist es jedoch (nach wie vor) üblich, dass Pflegeleistungen nicht durch Krankenhauspersonal, sondern durch Familienangehörige und Freunde übernommen werden. Durch die zahlreichen Entlassungen nach dem gescheiterten Putschversuch, von denen auch der Gesundheitssektor betroffen ist, kommt es nach Medienberichten gelegentlich zu Verzögerungen bei der Bereitstellung medizinischer Dienstleistungen (vgl. Lagebericht ebenda S. 27). Psychiater praktizieren und zwölf psychiatrische Fachkliniken mit einer Bettenkapazität von rund 4.400 standen im Jahr 2011 zur Verfügung, weitere Betten gibt es in besonderen Fachabteilungen einiger Regionalkrankenhäuser. Auch sind therapeutische Zentren für Alkohol- und Drogenabhängige vorhanden (vgl. Lagebericht ebenda S. 27; zur Behandlung psychischer Erkrankungen auch S. 30 f.). Zum 1. Januar 2012 hat die Türkei eine allgemeine, obligatorische Krankenversicherung eingeführt für alle Personen mit Wohnsitz in der Türkei mit Ausnahmen u.a. für Soldaten/Wehrdienstleistende und Häftlinge. Die obligatorische Krankenversicherung erfasst u.a. Leistungen zur Gesundheitsprävention, stationäre und ambulante Behandlungen und Operationen, Laboruntersuchungen, zahnärztliche Heilbehandlungen sowie Medikamente, Heil- und Hilfsmittel. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Behandlungen im Ausland möglich. Nicht der Sozialversicherungspflicht unterfallende türkische Staatsbürger mit einem Einkommen von weniger als einem Drittel des Mindestlohns können von der Beitragspflicht befreit werden. Bei einem Einkommen zwischen einem Drittel und dem doppelten Mindestlohn gelten ermäßigte Beitragssätze. Bis Mitte des Jahres 2014 haben sich rund 12 Mio. Türken einer solchen Einkommensüberprüfung unterzogen, für rund 8 Mio. von ihnen hat der Staat die Zahlung der Beiträge übernommen (vgl. Lagebericht ebenda S. 31). Die für eine gesundheitliche Versorgung mittelloser türkischer Staatsbürger bisher geltenden „Grünen Karten“ (2011: knapp 9 Millionen Inhaber) sind ausgelaufen, ihre Inhaber sollen in die allgemeine Krankenversicherung überwechseln. Für Kinder bis zum Alter von 18 bzw. 25 Jahren, Ehepartner und (Schwieger-)Elternteile ohne eigenes Einkommen besteht die Möglichkeit einer Familienversicherung. Besondere Beitragsregelungen gelten schließlich auch für Bezieher von Alters- und Erwerbsminderungsrenten (vgl. Lagebericht ebenda S. 31).
Etwaige psychische Probleme bis hin zu Suizidalität kann der Kläger daher auch in der Türkei behandeln lassen.
III.
Auch die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheids nach § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Ausreisefrist folgt aus § 36 Abs. 1 AsylG.
IV.
Nachdem sich auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG als rechtmäßig erweist, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.