Aktenzeichen 5 U 3559/19
Leitsatz
Dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhaltskomplex betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache noch keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung. Dies gilt auch dann, wenn es sich zwar um eine Vielzahl von Einzelverfahren handelt, es aber nicht ersichtlich ist, dass deren tatsächliches oder wirtschaftliches Gewicht Allgemeininteressen in besonderem Maße berührt (ebenso BGH BeckRS 2018, 39817). (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
22 O 19328/18 2019-06-12 LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 12.06.2019, Aktenzeichen 22 O 19328/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozents des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.334,36 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über den Widerruf eines von der beklagten Bank gewährten Verbraucherdarlehens zur Finanzierung des Erwerbs eines Kfz.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 26.334,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und für den Fall, dass die Klage des Klägers zugesprochen werden sollte, hilfsweise folgenden Widerklageantrag gestellt:
Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des BMW 118d mit der Fahrgestellnummer …95 zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war und der über den anhand der gefahrenen Kilometer zu ermittelnden Wertersatz nach der Wertverzehrtheorie hinausgeht.
Der Kläger hat beantragt,
die Hilfwiderklage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage durch dem Kläger am 19.06.2019 zugestelltes Endurteil vom 12.06.2019 abgewiesen, weil der Widerruf verfristet gewesen sei. Dagegen wendet er sich mit seiner am 04.07.2019 eingelegten Berufung, die er am 19.08.2019 begründet hat.
Er beantragt,
das Ersturteil abzuändern und nach seinen erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Kläger mit seinem am 04.09.2019 zugestellten Beschluss vom 30.08.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Hierzu hat der Kläger mit Schriftsatz vom 18.09.2019 lediglich eingewandt, dass es in höchstem Maße bedenklich sei, dass ein Rechtsbehelf mit derart vielen ungeklärten und höchstrichterlich und europarechtlich zu klärenden Rechtsfragen entgegen den Vorgaben der Regelung des § 522 Abs. 2 ZPO entschieden werden solle.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Ersturteil, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den bereits zitierten Senatsbeschluss Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 12.06.2019, Aktenzeichen 22 O 19328/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Zur Sache selber hat sich der Kläger hierzu nicht erklärt.
Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Revisionszulassung liegen nicht vor. Der Bundesgerichtshof hat im Termin vom 5.11.2019 über die in der Berufungsbegründung angebrachten Einwände gegen die Widerrufsbelehrung der Beklagten im Hinblick auf die Angabe des Tageszinssatzes, der Belehrung über das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 314 BGB, die Informationen zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung und die Angaben über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung verhandelt und diese verworfen (vgl. Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr.143/19 vom 05.11.2019), so dass die Widerrufsfrist längst abgelaufen ist. Auch hinsichtlich der weiteren Einwendungen wurde die Lösung aufgrund der bestehenden Rechtsprechung gefunden. Aus demselben Grund war eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung möglich, § 522 Abs. 2 Nr. 3, 4 ZPO. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil die Rechtsverfolgung für den Kläger keine existentielle Bedeutung hat und das erstinstanzliche Urteil zutreffend begründet ist (§ 522 Abs. 2 S.1 Nr. 4 ZPO; vgl. dazu Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 1. Juli 2011, BT-Drucks. 17/6406, Seite 9). Soweit der Senat zur Begründung weitere Gesichtspunkte, die die Entscheidung des Ersturteils untermauern, anführt, wird die Entscheidung weder auf eine umfassende neue rechtliche Würdigung gestützt, noch ist es erforderlich die aufgeworfenen Rechtsfragen mündlich zu erörtern. Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhaltskomplex betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung. Dies gilt auch dann, wenn es sich zwar um eine Vielzahl von Einzelverfahren handelt, es aber nicht ersichtlich ist, dass deren tatsächliches oder wirtschaftliches Gewicht Allgemeininteressen in besonderem Maße berührt (BGH, Beschluss vom 21. November 2018 – VII ZR 1/18 -, Rn. 13, juris, m.w.N.). Es liegt auch kein Fall der Divergenz vor. Die Revision ist zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz zuzulassen, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht. Eine solche Abweichung ist nicht ersichtlich (vgl. BGH, Beschluss vom 28.06.2016, II ZR 290/15, Rn. 7, juris m.w.N.).
Die Voraussetzungen für ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 Abs. 3 AEUV liegen nicht vor. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts, noch Zweifel an der Gesetzeskonformität des innerstaatlichen Umsetzungsrechts (vgl. BGH, Urteil vom 03.07.2018 – XI ZR 520/16; BGH, Urteil vom 22.05.2012 – XI ZR 290/11; EuGH, Urteil vom 06.10.1982 – Rs 283/81, NJW 1983, 1257, Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 148 ZPO, Rn. 3b).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.